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Elisabeth Winkelmeier-Becker
CDU
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Frage von Johanna E. •

Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Johanna E. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Winkelmeier-Becker,

ich bin zwar nicht in ihrem Wahlkreis, ich hoffe aber das hält sie nicht davon ab, einem politisch interessiertem Menschen eine Frage zu beantworten.
In meiner Bekanntschaft kenne ich immer mehr "Homeschooler". Sie leben zusammen mit ihren Kindern in einer Freiheit und Idylle, die man als gesundes Familienleben bezeichnen kann. Vom Schulstoff her befinden sie sich ungefähr 3 - 4 Jahr voraus, obwohl sie im Schnitt nur 2 Stunden täglich lernen (dafür aber täglich und aus eigenem Antrieb). Sie haben dann den ganzen restlichen Tag Zeit sich mit Freunden zu treffen. Oft gehen sie dafür sogar auf Schulhöfe, die ja Dank vieler Initiativen in mehreren Umgebungen immer offener werden. Dort spielen sie zusammen mit den anderen Schulkindern. Alle scheinen sich gegenseitig zu akzeptieren.
Wieso schaffen wir Erwachsenen nicht, was die Kinder schon längst begriffen haben? Ein Mensch definiert sich nicht dadurch, wo er lernt. Einen Menschen darf man nicht verfolgen (oder sogar die ganze Familie), bloß weil er nicht am selben Unterricht teilnimmt.
Für Homeschooler sind Schulen keine Alternative. Dafür haben sie etwas entdeckt, das der Familie zu viel schenkt, eine zu großartige Lebensweise. Alle Bildungsideale haben sie für sich verwirklicht, alle sozialen Kompetenzen erworben. Und wenn sie eine Frage haben, trauen sie sich zu einem Lehrer zu gehen und zu fragen (die gibt es ja auch ausserhalb des Schulunterrichtes).
Meine Frage also, warum sind wir Erwachsenen so weit hinterher, und die Kinder so weit voraus, was Toleranz und Respekt gegenüber Homeschoolern betrifft?. Warum nehmen wir diesen Eltern, die sich so liebevoll um ihre Kinder kümmern, und dafür alle Opfer in Kauf nehmen, die Kinder weg. Warum sagen wir, wir seien besser ? Warum sagen wir: "Unser Weg ist unverzichtbar, und unersetzbar!" ?
Können Sie sich auch, so wie viele andere Politiker keinen Kompromiss vorstellen? Keine Versöhnung? Bleibt das einzige Mittel die Verfolgung? Warum?

Grüße Joh

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Elser,

gemäß Art. 7 Abs. 1 GG steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Die allgemeine Schulpflicht, die das Bundesverfassungsgericht nach ausdrücklicher Abwägung mit den in der Verfassung durch Art. 6 GG geschützten Elternrechte und -pflichten mehrfach bestätigt hat, dient dem legitimen Ziel der Durchsetzung dieses staatlichen Erziehungsauftrags. Der Auftrag richtet sich nicht nur auf die Vermittlung von Wissen und die Erziehung zu einer selbstverantwortlichen Persönlichkeit. Er richtet sich auch auf die Heranbildung verantwortlicher Staatsbürger, die verantwortungsbewusst an den demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft teilhaben. Die Offenheit für ein breites Spektrum von Meinungen und Auffassungen ist konstitutive Voraussetzung einer öffentlichen Schule in einem freiheitlich-demokratischen Gemeinwesen. Auch Sie selber erwähnen es ja als positiv, dass Kinder, die offenbar von ihren Eltern zu Hause unterrichtet werden, was, wie - gerade dargelegt – hier einen Verstoß gegen die allgemeine Schulpflicht darstellt, anschließend auf dem öffentlichen Schulhof den Kontakt zu Gleichaltrigen suchen.

Im Rahmen ihrer gesamterzieherischen Verantwortung steht es Eltern zu, über die jeweilige Situation der Schülerin oder des Schülers sowie über schulische Bildungsgänge und Planungen umfassend informiert zu werden. Aus Art. 6 Abs. 2 GG kann aber weder ein Anspruch auf Mitwirkung noch ein Bestimmungsrecht der Eltern über die Schule oder gar eine Befreiung von der allgemeinen Schulpflicht abgeleitet werden (BVerfGE 59, 360, 380f.). Eltern, die ihre Kinder beispielsweise aus religiös-weltanschaulichen Gründen nicht auf eine öffentliche Schule schicken möchten, bleibt es nach der in Art. 7 Abs. 4 und 5 GG garantierten Privatschulfreiheit ferner unbenommen, ihre Kinder auf einer ihren Auffassungen entsprechenden Ersatzschule in privater Trägerschaft unterrichten zu lassen. Wenn Sie in diesem Zusammenhang von „Wegnahme“ der Kinder oder „Verfolgung“ sprechen, liegt das m. E. ziemlich neben der Sache.

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker

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