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Elisabeth Winkelmeier-Becker
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Frage von Dmitri R. •

Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Dmitri R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Liebe Frau Winkelmeier-Becker,

stimmt es, dass der neue EU-Verfassungsvertrag die Einführung einer Todesstrafe vorsieht?
Und wieso darf ich als Bürger nicht selbst darüber entscheiden? Oder geht es mich nichts an?

Dort heisst es: "Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden. Diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind und in Übereinstimmung mit diesen Bestimmungen angewendet werden." Also ist die Todesstrafe in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr möglich.

Manche Befürworter wenden ein: Die Todesstrafe steht, jedenfalls in Deutschland, in keinem Gesetz. Richtig. Aber wenn die Europäische Union Durchführungsbestimmungen für "Missionen", d.h. Krieg, für Krisenreaktionseinsätze macht, wenn sie z.B. Regelungen für einen solchen Kriegsfall trifft, welche die Todesstrafe ermöglichen, dann kann man nicht mehr sagen, daß dies gegen die Grundrechte der EU-Verfassung verstößt. Denn dies wäre an genau dieser Erklärung zu messen.

Einen Grundrechtsschutz des Lebens im Kriegsfall oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr gibt es also nicht mehr. Weil es europäische Rechtsakte sein werden, sind sie nicht am deutschen Grundgesetz zu messen - Art. 102 GG, die Todesstrafe ist abgeschafft - sondern hieran.

Sie haben mit "ja" gestimmt, dass heisst, Sie nehmen in Kauf, dass auf unsere Kinder geschossen werden darf, wenn sie sich z.B. an Demonstrationen für eine vermeintlich gerechtere Welt beteiligen würden, denn in dem Verfassungsvertrag steht weiterhin dass zwar niemand zum Tode verurteilt oder hingerichtet werden darf, jedoch gilt: "Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels angesehen, wenn - jetzt kommt es - "einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen". Das ist die Situation in Leipzig, oder eine mit Gewalt verbundene Demonstration, die als Aufruhr oder Aufstand angesehen wird.

Liebe Grüsse D. Rogovski

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Rogovski,

der Vertrag von Lissabon sieht keineswegs die Einführung einer Todesstrafe vor.

Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ist im Jahr 1950 abgeschlossen worden, d.h. nicht lange nach dem Ende des 1. Weltkrieges. Vor diesem historischen Hintergrund sind die Formulierungen im Protokoll Nr. 6 zur Konvention zu verstehen, die tatsächlich missverständlich sein können, aber nur, wenn man gerade diesen historischen Hintergrund ausblendet und die Regelungen als vermeintliche Regelung pro Todesstrafe instrumentalisieren möchte.

In der Charta der Grundrechte der EU, die durch den EU-Reformvertrag Rechtsverbindlichkeit erlangt, in Art. 2 das "Recht auf Leben" verankert. In Art. 2 Abs. 2 heißt es ausdrücklich, dass "Niemand zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden darf". Dies ist eine klare und eindeutige Aussage gegen die Todesstrafe.

In Deutschland ist nach Art. 102 GG die Todesstrafe ohnehin abgeschafft und die Ratifikation des Vertrags von Lissabon ändert hieran nichts. Das BVerfG hat u.a. in seiner Maastricht - Entscheidung (zuvor Solange I und II) geurteilt, dass das Europarecht die Grundwerte unserer Verfassung nicht brechen kann und dass das BVerfG die Rechtssprechungshoheit über diesen Schutz behält. Die Abschaffung der Todesstrafe gehört selbstverständlich dazu.

Zudem achtet selbstverständlich auch die EU die "Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten" (siehe u.a. Art. 6 Abs. 3 Vertrag über die EU) worunter ebenfalls die Abschaffung der Todesstrafe unbedingt zu zählen ist.

Mit freundlichen Grüßen

Elisabeth Winkelmeier-Becker

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