Frage an Elisabeth Scharfenberg von Reiner P. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Scharfenberg,
auf der Verbändeanhörung am 21.11.2012 zur Novellierung der 26.Bundesimmissionsschutzverordnung, in der auch die Mobilfunk-Grenzwerte geregelt sind, nahmen als Umweltverbände der BUND und Diagnose-Funk e.V. teil. Beide Verbände hatten umfangreiche Stellungnahmen eingereicht, in denen sie die gesundheitsschädliche Wirkung der Mobilfunkstrahlung nachwiesen. Eine Anpassung der Grenzwerte an den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis ist dringend geboten.
Leider stellten die Verbände fest, dass die Behördenvertreter kein Interesse zeigten, sich den Argumenten der Verbraucherschutzverbände zu stellen.
Dies ist besonders bedauerlich, da bereits der Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und regionale Angelegenheiten und des ständigen Ausschuss des Europarates im Mai 2011 empfohlen hatte, das die Mitgliedsstaaten:„alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen (sollten), um die Exposition elektromagnetischer Felder zu reduzieren".Ebenso hatte die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO ebenfalls im Mai 2011 die Handystrahlung in die Kategorie -möglicherweise krebserregend- aufgenommen.
Wie stehen Sie zu der Novellierung der 26.Bundesimmissionsschutzverordnung und wie setzen Sie sich zur Verringerung der Elektrosmogbelastung der Bevölkerung ein?
Es wäre wünschenswert, wenn Sie sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten dafür einsetzen könnten, das im Zuge der Novellierung der 26.BImSchV die Grenzwerte für die erlaubten hochfrequenten Belastungen deutlich verringert werden würden. Im weiteren Verlauf der Novellierung fällt den Abgeordneten der Landesparlamente und des Bundestages eine große Verantwortung für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zu. Ich bitten Sie deshalb, die Stellungnahmen von Diagnose-Funk e.V. und der anderen Umweltverbände in Ihren Beratungen mit zu diskutieren ( http://www.diagnose-funk.org/themen/grenzwert/verbaendeanhoerung-zur-novellierung-der-26bischv.php ).
Mit freundlichen Grüßen
Wohn- und Geschäftsberatung
Reiner Padligur
Sehr geehrter Herr Padligur,
für Ihre wichtige Frage möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Die Herabsetzung der allgemeinen Strahlenbelastung gehört seit langem zur Programmatik von Bündnis 90/Die Grünen. Denn, wie die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation festgestellt hat, gibt es Hinweise auf eine krebserregende Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf den Menschen. Daher ist es seit langem unser Ziel Strahlenwerte soweit wie möglich zu minimieren. Gemeint sind die allgemeine Absenkung von Grenzwerten und ein besserer Schutz von Kindern, Jugendlichen und Elektrosensiblen, sowie eine kabelgebundene Grundversorgung und das überwiegende Verlegen von Stromleitung in der Erde, um nur einige Punkte zu nennen.
Derzeit findet eine Novellierung der "Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung" (BImSchV) statt. Ein erster Entwurf zu den geplanten Veränderungen der Verordnung wurden veröffentlicht und die beteiligten Kreise um Stellungnahme gebeten. Im November 2012 fand hierzu eine Verbändeanhörung statt. Der Entwurf wird nun mit Änderung zur Ressortabstimmung weitergeleitet. Anschließend folgt die Kabinettsbefassung. Sie ist für Februar 2013 geplant. Erst dann wird der Entwurf dem Bundestag zugeleitet. Der Bundestag hat dann drei Sitzungswochen Zeit, sich mit der Verordnung zu befassen und ggf. Änderungen zu beschließen.
Auf Antrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN wurde auf der Sitzung des Umweltausschusses vom 30.01.2013 eine Anhörung zur 26. BImSchV beschlossen. Die Beschlussfassung im Umweltausschuss soll am 13.03.2013 und in derselben Woche auch im Plenum des Deutschen Bundestages erfolgen. Da es sich um ein Gesetz handelt, dass zustimmungspflichtig durch den Bundesrat ist, wird die Bundestagsfassung anschließend dem Bundesrat zugeleitet.
Die Novellierung soll die EU-Ratsempfehlung vom 12.06.1999 (1999/519/EG) umsetzen, unter Berücksichtigung der Empfehlung der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICNIRP) vom Dezember 2010, sowie den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission (SSK). Der Schwerpunkt liegt auf dem niederfrequenten Bereich. Im Zentrum stehen die strahlungstechnischen Herausforderungen beim Ausbau der Stromnetze. Daneben werden auch kleinere Änderungen im Bereich der hochfrequenten Strahlung vorgeschlagen.
Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN wird sich nach Zuleitung des Entwurfes in den zuständigen Gremien mit der Verordnung befassen.
Der erste Eindruck des Entwurfes gibt aber schon viel Anlass für Kritik. So sehen wir die Grenzwerterhöhung im Bereich der niederfrequenten Strahlung von 100µT auf 200µT bei 25-50 Hertz sehr kritisch. Hier wird ein einmal erreichter Umweltstandard fahrlässig aufgegeben. Dies dürfte ziemlich einmalig im Bereich des Immissionsschutzes in Deutschland sein. Zu kritisieren ist weiterhin, die Aussparung der Altanlagen beim Überspannungsverbot und die fehlenden Abstandregelungen für Stromleitungen. Der hochfrequente Strahlungsbereich ist fast vollständig ausgeklammert. Es wird zwar die Beschränkung des Anwendungsbereiches auf gewerbliche Anlagen aufgehoben, das heißt auch behördlicher Digitalfunk und private Anlagen werden nun in der Verordnung geregelt, doch die aus unserer Sicht dringend notwendige Absenkung der Grenzwerte oder eine Minderungspflicht, zumindest wie nun neu für Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen vorgesehen ist (neu im §4) fehlen vollständig.
Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN hat in ihrem Positionspapier vorsorgeorientierte und kindergerechte Grenzwerte gefordert. Diese Versprechen war auch im Wahlprogramm 2009 von Bündnis 90/DIE GRÜNEN für diese Wahlperiode festgehalten. Dies wird auch unsere Leitlinie bei der Behandlung der 26. BImSchV im Bundestag sein.
Weitere Informationen können Sie unserem Positionspapier entnehmen: www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/Beschluss_Mobilfunk_file287255.pdf
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage habe zufriedenstellend beantworten können.
Mit freundlichen Grüßen,
Elisabeth Scharfenberg MdB