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Frage von Benjamin G. •

Frage an Eduard Oswald von Benjamin G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Eduard Oswald,
als Kunde von Sojaprodukten frage ich mich jedes Mal beim Einkauf von Sojamilch, warum diese mit 19% Mehrwertsteuer besteuert wird, obwohl sie eigentlich meiner Ansicht nach unter die Lebensmittel zählen müsste (und somit 7% MwSt hätte), da:
1. Menschen mit Laktoseintoleranz Sojamilch als wertvollen Kuhmilchersatz konsumieren müssen
2. Menschen mit veganer Ernährungsweise meistens Sojamilch stattdessen trinken.

Übrigens die meisten anderen Sojaprodukte liegen bei dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz.

Liegt durch diese nicht nachvollziehbare Steuergesetzgebung nicht eine Wettbewerbsverzerrung vor und darüber hinaus eine Diskriminierung und somit eine Benachteiligung von Menschen mit Laktoseintoleranz und/oder veganer Ernährungsweise? Könnte Mensch da nicht sogar gerichtlich vorgehen?

Warum gibt es diese Regelung? (ein Ergebnis der Milchlobby?)

Ich würde mich freuen, wenn Sie als Abgeordneter sich bemühen könnten, an dieser Stelle die Mehrwertsteuergesetzgebung zu modernisieren. (nicht nur in diesem Bereich)

Liebe Grüße!
Benjamin Göhler

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Göhler,

herzlichen Dank für Ihren Beitrag, mit dem Sie ein wichtiges Problem ansprechen, dem wir immer noch nicht nachgekommen sind. Wir stehen hier in der Schuld des Wählers. Lassen Sie mich das kurz ausführen.

Grundsätzlich werden in Deutschland 19 Prozent Mehrwert erhoben. Damit liegt Deutschland im unteren Mittelfeld: Einzelne Staaten erheben lediglich 15, 16 oder 18 Prozent. In der überwiegenden Zahl der EU-Staaten liegt der Mehrwertsteuersatz aber zwischen 20 und 25 Prozent. Grundnahrungsmittel und Personennahverkehr, Bücher und Zeitschriften sowie ein bunter Strauß vieler weiterer Produkte wird, wie von Ihnen angesprochen, in Deutschland zudem ermäßigt mit nur 7 Prozent besteuert. Das hat zum Teil sehr berechtigte Ursachen und bringt positive Auswirkungen mit sich. Mitunter ist es aber auch lediglich im Laufe der 40 Jahren, in denen die Mehrwertsteuer nun bereits in Deutschland erhoben wird, entstanden.

Gerne biete ich Ihnen – neben der von Ihnen genannten Widersprüchlichkeit – weitere Beispiele an: Pralinen, Gänseleber und andere Köstlichkeiten, die sicherlich im Alltag keinen Platz auf unserem Esstisch finden, werden lediglich mit sieben Prozent besteuert, während für Mineralwasser, wovon uns jeder Arzt zwei bis drei Liter am Tag verordnet, der volle Mehrwertsteuersatz zu entrichten ist. Auf Futter für Haustiere sind sieben Prozent zu entrichten, Essen für Babys ist jedoch mit 19 Prozent belastet.

An anderer Stelle wird die Höhe der Mehrwertsteuer letztlich am Verarbeitungszustand fest gemacht: Äpfel isst man ermäßigt besteuert, wurden die Früchte jedoch vorher durch die Presse geschickt, muss der Fruchtsaft voll versteuert erworben werden. Gleiches gilt für Kaffee: Das Pulver wird mit lediglich sieben Prozent versteuert, hat jemand daraus bereits einen Kaffee gekocht, ist der volle Satz zu entrichten. Und dann ist da noch der Hamburger, den Sie nebenbei im Gehen essen: Sieben Prozent. Bleiben Sie aber im Restaurant, muss die Kasse das erfassen, damit der volle Steuersatz ans Finanzamt abgeführt werden kann. Das ist für den Verbraucher mitunter nicht sichtbar, weil der Hamburger – ganz gleich, wo er gegessen wird – den gleichen Preis kostet. Interessant wird es aber bei der Steuererklärung des Imbissbesitzers.

Als Vorsitzender des Finanzausschusses teile ich daher Ihre Ansicht, dass hier Handlungsbedarf besteht. Das geht aber nur, wenn man das System im Gesamtzusammenhang reformiert. Deshalb setze ich mich seit geraumer Zeit für eine Überarbeitung des Katalogs der ermäßigt besteuerten Waren und Dienstleistungen ein. Das Bundesfinanzministerium hat dem Finanzausschuss hierzu einen umfassenden Bericht über die Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes vorgelegt. Darin werden Dinge wie die Auswirkung einzelner Steuersatz-Ermäßigungen auf das Steueraufkommen genauso gewürdigt wie die Bedeutung von EU-Recht. Hierzu haben bereits erste Gespräche auf Ebene der Fachpolitiker aller Fraktionen stattgefunden. Mit diesem Prozess werden wir noch in dieser Legislaturperiode so weit voranschreiten, dass wir nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 mit der grundsätzlichen Überarbeitung der Mehrwertbesteuerung in Deutschland beginnen können.

Leicht wird es aber nicht werden, hier zu handfesten Ergebnissen zu kommen: Es handelt sich zum einen um ziemlich große Posten im Staatshaushalt. Und da die daraus resultierenden Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt werden, haben auch alle Ebenen der deutschen Politik mitzureden. Zum anderen sind die Interessen der betroffenen Branchen sehr vielfältig und die wirtschaftlichen Auswirkungen immens. Da wird es im politischen Dialog nicht immer einfach sein, das Ziel der Bereinigung und Vereinfachung des Katalogs von Waren und Dienstleistungen, die mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belegt werden, gegen Einzelinteressen durchzusetzen. Aber: Wir gehen es in der nächsten Legislaturperiode an und werden sehen, wer wirklich eine Bereinigung und Vereinfachung will und wer dann doch lieber beim Bestehenden bleiben möchte.

Mit freundlichen Grüßen

Eduard Oswald, MdB