Frage an Eduard Oswald von Dr. Jens J. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Oswald,
haben Sie in der Partei und im Ausschuss einmal in Betracht gezogen, die Erbschaftssteuer ganz abzuschaffen und stattdessen die Grunderwerbsteuer auf alle Erwerbsfälle anzuwenden, also auch auf die Schenkung und die Erbschaft und auch dann, wenn Kinder erben.?
Dies würde zu einer breiten Besteuerung führen, die aber bei Steuersätzen zwischen 3,5 und 4,5% sehr moderat ausfiele. Das Steueraufkommen würde vermutlich gegenüber heute sogar steigen, Schlupflöcher wären geschlossen, die Ergebnisse gerechter - und dennoch würde ein Großteil der Erben steuerfrei bleiben, weil gar kein Grundvermögen vererbt oder verschenkt würde. Der Verwaltungsaufwand würde dramatisch sinken.
Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten des bestehenden Systems der beiden Steuerarten würden abgeschafft. Zum Beispiel:
Warum zahlt derjenige keine Grunderwerbsteuer, der vom vermögenden Vater kauft, während derjenige, der einen nicht vermögenden Vater ohne Haus hat, beim Kauf auf dem freien Markt die Steuer zahlen muss?
Warum muss derjenige, der sich sein Haus selbst erarbeitet und das Finanzierungsdarlehen über 20 Jahre abbezahlt, die Grunderwerbsteuer zahlen, während derjenige, der ein Haus erbt oder von den Eltern geschenkt bekommt, gar keine Steuer zahlen soll?
Warum nehmen wir demjenigen, der etwa seinem besten Freund € 90.000 schenken will, zusätzlich € 30.000 an Schenkungssteuer ab (nach den geplanten Neuregelungen)? Diese Steuer zahlt ja nicht der Empfänger, sondern der Schenker? Die trifft nicht etwa nur die vermögenden Erblasser/Schenker, sondern jeden.
Alle diese Probleme ließen sich leicht lösen:
Schenkungssteuer weg, Grunderwerbsteuer für alle (außer Ehegatten und Lebenspartner).
Diese Alternative habe ich bisher in der öffentlichen Diskussion nicht vernommen. Sie trifft aber bei allen auf Zustimmung, die ich im Rahmen meiner notariellen Tätigkeit dazu befragt habe. Wäre das nicht eine Lösung, der alle Parteien zustimmen könnten?
Ihr
Dr. Jens Jeep, Notar in Hamburg
Sehr geehrter Herr Dr. Jeep,
für Ihren interessanten erbschaftsteuerlichen Vorschlag danke ich Ihnen.
Der Deutsche Bundestag hat die Reform der Erbschaftsteuer am vergangenen Donnerstag beschlossen. Dabei ist in den Ausschussberatungen die Ersetzung der Erbschaftsteuer durch die Grundsteuer nicht angesprochen worden.
Ich sehe Ihren Vorschlag - wenn Sie diese persönliche Einschätzung erlauben - auch nicht als unproblematisch an, würde doch der jetzt im Erbschaftsteuerrecht vorgesehene weitgehende Schutz des Familiengebrauchsvermögens - insbesondere des Familienheims - hierdurch nicht mehr gewährleistet. Vor diesem Hintergrund kann meines Erachtens auch nicht der Erwerbs- mit dem Erbfall verglichen werden, zumal eine Belastung mit Grunderwerbsteuer irgendwann einmal jedenfalls beim Grundstückserwerb durch den Erblasser stattgefunden hat.
Mit freundlichen Grüßen
Eduard Oswald, MdB