Frage an Eduard Oswald von Benjamin W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Oswald,
heute konnte man der Onlinesparte der FAZ entnehmen, dass der Aktienmarkt aus den Verfehlungen, die zur Finanzkrise gefuehrt haben offenbar keinen Deut gelernt hat. Denn anstatt den Handel mit Kreditrisiken deutlich zu reduzieren, wird weiterhin eifrig mit diesen Papieren gehandelt.
Daher stellt sich mir die Frage, wie die Bundesregierung Banken , die Kredithilfen auf Kosten des Steuerzahlers beantragen, behandeln wird, die heute immer noch fleissig Gelder in diesem Markt deponieren?
Werden diese durch Entzug der Gelder bestraft? Oder kommen sie wieder einmal auf Kosten der Buerger ungeschoren davon?
Mit freundlichen Gruessen
B.Wasmer
Sehr geehrter Herr Wasmer,
vielen Dank für Ihre Frage, die auf den Grundwiderspruch am Kapitalmarkt eingeht: Wieviel Regulierung brauchen wir, bedarf es Verbote, dürfen wir den freien Markt des Kapitalmarktes als Ader unserer Volkswirtschaft einschränken?
Zunächst einmal beobachte ich ein deutlich vorsichtigeres Agieren der Bankenwelt als vor Beginn der Krise vor mehr als einem Jahr. Den Aktienhandel an sich sollte man m.E. auch nicht beschneiden. Zum Thema Leerverkäufte werden wir uns in den Gremien noch näher zu beschäftigen haben.
Die Übertragung von Kreditportfolien als betriebs- und volkswirtschaftliches Instrument stelle ich grundsätzlich nicht in Frage. Verbriefungen haben anders als in der Öffentlichkeit zum Teil vereinfacht dargestellt, an sich nicht zur Finanzmarktkrise beigetragen. Vielmehr haben eine leichtfertige Kreditvergabe in den USA, ungenau bewertete Bündelungen von Krediten in Verbriefungen und die falsche Beurteilung der Risiken die Schieflage im Finanzdienstleistungssektor mit zum Teil erheblichen Verwerfungen verursacht. Eine unnötige Erschwernis des Forderungsverkaufs an sich hätte letztlich negative Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und die Verbraucher. Denn die Eigenkapitalentlastung der Banken würde erschwert, was zu einer Verknappung und Verteilung des Kreditangebots führen könnte. Um ein nachhaltiges und langfristiges Denken auf dem Kapitalmarkt schlage ich einen verpflichtenden Selbstbehalt vor. Ich halte diesen Weg für grundsätzlich als ein geeignetes Mittel an, um bei den Risiko abgebenden Banken Anreize zu schaffen, die zur Refinanzierung und Risikominderung verbrieften Forderungen weiterhin angemessen zu beurteilen und zu überwachen. Jedoch kann diese Maßnahme unter Umständen mit erheblichen unerwünschten Nebeneffekten verbunden sein. Ein Selbstbehalt reduziert die Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken in Europa. Eine Verknappung der Refinanzierungsquellen kann zu einer Reduzierung des Kreditangebots an Unternehmen und Privatpersonen führen. Um grundsätzlich positive Verbriefungen nicht vollkommen unattraktiv zu gestalten, sollte ein angemessener Selbstbehalt von max. 10 Prozent angestrebt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Eduard Oswald MdB