Frage an Eduard Oswald von Frank Dr. S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Oswald,
ein Leserbrief erreichte Sie wegen etwaiger Schlupflöcher bei der Abgeltungssteuer. Als Finanzexperte stelle ich bei der Diskussion fest, dass hier die Überlegungen für die Anwendung einer Abgeltungssteuer zu einer sozialpolitischen Diskussion avancieren. Der Spiegelbericht weckt Neidgefühle und war reißerisch und bewusst inhaltlich missverständlich formuliert. Jede fondsgebundene Lebensversicherung, ob für Kleinstsparer oder vermögende Privatkunden, ob aus Deutschland, Luxemburg oder auch aus einem Nicht-EU-Land wie z.B. Liechtenstein wird für deutsche Steuerbürger gleichermaßen besteuert. Welche Finanzinstrumente innerhalb der Police benutzt werden können, ob wertig (professionelle Vermögensverwaltung) oder lediglich auf einer statische Fondsauswahl basierend, sollte nicht der Gesetzgeber entscheiden. Schnell werden somit nämlich für die Verbraucher negative Trends gesetzt, wie die Renaissance der Dachfonds, die sich sicher für viele Anleger als Milchmädchenrechnung erweisen werden. Für den Fiskus übrigens auch, denn wo keine Erträge, da auch keine Ertragsbesteuerung.
Eine Lebensversicherung ist sicherlich kein Steuerschlupfloch, da prinzipiell die Erträge steuerpflichtig sind. Entweder bei Entnahme mit Abgeltungssteuer oder nach 12 Jahren für Steuerpflichtige mit vollendetem 60. Lebensjahr mit hälftiger Differenzbesteuerung, was für Vermögende dann 21 oder 22,5% Steuersatz bedeutet. Nur die nicht Vermögenden profitieren hier durch ihren niedrigen Steuersatz aber das war doch der Sinn, um die Altersversorgung für Langanlegende zu fördern. Diese verantwortungsvolle Entscheidung des Gesetzgebers sollte doch kaum jemande kritisieren wollen. Aber vielleicht entdeckt der Gesetzgeber auch noch seine Galgenfrist für die Befreiung der Kursgewinne bei Fonds (bis 31.12.2008) oder die Abgeltungssteuerstundende Thesaurierung bei Fonds als Steuerschlupfloch. Oder die Bürger fordern es in Leserbriefen. Übertreibt nicht hier die deutsche Gründlichkeit?
Sehr geehrter Herr Dr. Schuster,
für Ihre Zuschrift vom 30. Juli 2008 danke ich Ihnen. Ich nehme an, dass Sie sich auf meine Antwort an Herrn Buchwieser beziehen, in der ich auf mögliche Änderungsbestrebungen bei der Abgeltungsteuer eingegangen bin. Ich bin für Ihre Meinungsäußerung sehr dankbar, zeigt sie doch eine andere Sichtweise zu den im Spiegel-Artikel geschilderten Sachverhalten auf und macht die ganze Spannweite der möglichen Gerechtigkeitsvorstellungen zu diesem Thema deutlich. Aufgabe der politischen Mandatsträger in Bund und Ländern ist es, diese unterschiedlichen und oftmals weit auseinander liegenden Positionen in der politischen Willensbildung zu berücksichtigen und einen mehrheitsfähigen Ausgleich der widerstreitenden Positionen herbeizuführen.
Ein steuerlicher Missbrauch durch Gestaltungen, wie er beispielsweise mit sog. Ewigkeitszertifikaten geplant war, darf nicht Platz greifen. Andererseits müssen aber die bestehenden Regelungen, wie sie von Ihnen in Bezug auf die Besteuerung von Lebensversicherungen beschrieben werden, in der Diskussion über Rechtsänderungen einbezogen werden. Dies war auch der Hintergrund für meinen abschließenden Hinweis, dass von der Änderung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Lebensversicherungen offenbar 94 Millionen Verträge betroffen sind. Allein die hohe Zahl der Betroffenen legt nahe, besonders genau etwaige Veränderungen in der Besteuerungspraxis im Vorhinein zu bedenken.
Mit freundlichen Grüßen
Eduard Oswald, MdB