Frage an Eduard Oswald von Georg B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Oswald,
ich wende mich an Sie aufgrund Ihrer Funktion als Vorsitzender des Finanzausschusses.
Am 14.07.08 erschien auf Spiegel-online (siehe http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,565726,00.html) ein Bericht, in dem es hiess, dass verschiedene Banken und Versicherungen bei der ab Januar eingeführten Abgeltungssteuer insbesondere für sehr vermögende Menschen zahlreiche Schlupflöcher eröffnet haben.
Ich möchte gerne von Ihnen wissen, wie Sie dazu stehen und warum.
Meines Erachtens sollte die Abgeltungssteuer auch konsequent für vermögende Menschen angewandt werden und diese Lücken gestopft werden. Warum wird das nicht getan? Zum Beispiel könnte man ja auch einen Höchstbetrag für Versicherungen etc. einführen, ich bin aber überzeugt, dass Ihnen bei einigem Überlegen noch intelligentere Möglichkeiten einfallen, wie diesen Abfliessen aus dem Staatsfinanzen verhindert werden kann.
Ich möchte Sie auch gerne fragen, was bzw. warum der SPD-Finanzminister bisher (nichts) gegen diese offenen Lücken machte.
Mit freundlichen Grüssen
Georg Buchwieser, Dipl. Ing.
Sehr geehrter Herr Buchwieser,
für Ihr Schreiben vom 16. Juli 2008 danke ich Ihnen.
Sie sprechen ein Themenfeld an, das mich persönlich, aber auch die Finanzpolitiker aller im Parlament vertretenen Parteien seit geraumer Zeit beschäftigt: Oftmals tauchen schon kurze Zeit, nachdem das Parlament Steuernormen mit einer bestimmten Regelungsabsicht verabschiedet hat, erste Modelle zur Umgehung der Steuer auf. Der Gesetzgeber versucht, gemeinsam mit der Administration auf Bundes- und Länderebene diese Bestrebungen einzudämmen. Ein Beispiel: Als noch während der laufenden Gesetzesberatungen zur Abgeltungsteuer speziell für den Zeitraum bis zu deren Einführung vermehrt Zertifikate mit einer unbegrenzten Laufzeit auf den Markt gebracht wurden, um dadurch langfristig die Veräußerungsgewinnbesteuerung zu umgehen, hat der Finanzausschuss die Problematik aufgegriffen und eine Änderung in den Gesetzentwurf eingefügt, mit der diese Umgehung verhindert wurde. Faktisch unterliegen seither Zertifikate der Abgeltungsteuer, wenn sie nach dem 30. Juni 2009 mit Ertrag veräußert werden. Auf diese Weise ist die steuerliche Behandlung so genannter Ewigkeitszertifikate wieder derjenigen mit marktüblicher Ausstattung angepasst worden. Auch bei dem in der zweiten Jahreshälfte 2008 anstehenden Jahressteuergesetz 2009 wird die Schließung von Steuerschlupflöchern bei der Abgeltungsteuer ein Thema sein. Die im Regierungsentwurf enthaltenen Änderungen des Investmentsteuergesetzes betreffen u.a. bisher nur teilweise besteuerte thesaurierte Gewinne. Um eine Direktanlage nicht zu benachteiligen, sollen auch Einlösungs- und Veräußerungserlöse aus Risikozertifikaten in die Besteuerung einbezogen und von der Abgeltungsteuer erfasst werden, so dass eine einheitliche Besteuerung unabhängig von der Kapitalanlageform umgesetzt werden kann. Weiter ist geplant, in Reaktion auf die Liechtenstein-Affäre die Verlustanrechnung bei Familienstiftungen in einem EU-Staat zu verändern. Ob und auf welche Weise die in der von Ihnen zitierten Presseberichterstattung angesprochene Vermeidung der Abgeltungsteuer über Versicherungsmäntel im Jahressteuergesetz 2009 angegangenen werden kann - immerhin sind offenbar 94 Millionen Lebensversicherungsverträge betroffen - vermag ich aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorherzusagen.
Mit freundlichen Grüßen
Eduard Oswald, MdB