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Frage von Birgit W. •

Frage an Eduard Oswald von Birgit W. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Oswald,

der Bund Naturschutz (ebenso wie verschiedene andere Organisationen u.a der DIB) weist mit Datum vom 28.06.2008 darauf hin, dass dass BVL die Wiederzulassung von Clothianidin enthaltenden Beizmitteln für Saatgut plant und damit Schäden für Bienen nicht auszuschließen sind ( http://www.nabu.de/m05/m05_08/08191.html ).

In der Augsburger Allgemeinen Zeitung wurde am 30.5.08 über die Auswirkungen des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg gegen den Imker Karl-Heinz Bablok berichtet, der seine Bienen abwandern muss, da er für die in seinem Honig enthaltenen Rückstände von MON 210 haftet, die seine Bienen im Honig aus einem Genmais-Feld eintragen (sein Bienenhaus steht in der Nähe eines Versuchsfeldes des Freistaates).

Wir selbst halten einige Bienenvölker aus Hobbygründen in unserem Garten im Landkreis Augsburg und produzieren auch einigen Honig. Angesichts der o.g. rechtlichen Rahmenbedingungen stellt sich für uns die Frage, wieviel Aufwand wir künftig betreiben müssen, um dem Hobby ohne nachteilige rechtliche und gesundheitliche Folgewirkungen für Menschen und Bienen nachgehen zu können.

Meine Frage an Sie ist daher, welchen Standpunkt Sie in der politischen Diskussion um die Zulassung von Isektiziden, speziell nun in der Abstimmung um die Wiederzulassung von Beizmitteln mit dem Wirkstoff Clothianidin einnehmen.

Vielen Dank für Ihre Antwort!

Birgit Wimmer

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Frau Wimmer,

danke für Ihre Anfrage vom 13. Juli 2008.

Sie hatten mich nach meinem Standpunkt in der Diskussion um die Zulassung insbesondere von Clothianidin gefragt. Nach den mir vorliegenden Informationen der Bundesregierung (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten ergibt sich folgendes Bild:

Der insoweit zuständige Bundestagsausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hatte sich im Mai/Juni dieses Jahres unter dem Thema "Bienensterben in Südwestdeutschland" mit den Auswirkungen von Clothianidin, einem Neonikotinoid, welches vorwiegend gegen Insekten wirksam sein soll, beschäftigt. Dem Ausschuss ist von Seiten der Bundesregierung mitgeteilt worden, dass Clothianidin nach ersten Untersuchungen der Zulassungs- und Bewertungsbehörden keine Gesundheitsschäden bei Menschen, hier bei den betroffenen Landwirten, auslöst, da die festgestellte Exposition der Landwirte deutlich unter dem gesundheitlich relevanten Grenzwert liege. Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) lägen auch keine Meldungen zu Gesundheitsschäden im Zusammenhang mit der Ausbringung von gebeiztem Maissaatgut vor. Auch beim Bundesinstitut für Risikobewertung, dort der Zentralen Erfassungsstelle für Vergiftungen, liegen keine anderen Erkenntnisse vor.

Bezogen auf das festgestellte Bienensterben in Südwestdeutschland, insbesondere in der Oberrheinebene und vereinzelt auch in Bayern, liegen seitens der Bundesregierung im Ergebnis der Aufklärungsbemühungen folgende Angaben vor: Im Jahr 2008 wurden bisher insgesamt 124 Bienenproben, 77 Pflanzenproben sowie 26 sonstige Proben (Wabenstücke, etc.) aus dem gesamten Bundesgebiet an die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen am Julius-Kühn-Institut in Braunschweig eingeschickt. Zu den während der Maisaussaat aufgetretenen Schadensfällen wurden seit dem 30. April bis 3. Juni 2008 bei 54 Einsendungen Schäden an ca. 1 500 Bienenvölkern gemeldet. 85 Bienenproben, 48 Pflanzenproben und 23 sonstige Proben wurden aus den Schadensgebieten zur Analyse eingeschickt. 68 dieser Bienen-, 14 der Pflanzen- und 3 der sonstigen Proben stammen aus der Rheinebene aus Baden-Württemberg, 14 Bienen-, 18 Pflanzen- und 2 sonstige Proben aus der Region Passau in Bayern. Diese Einsendungen stammen jeweils aus Gebieten, in denen eine Saatgutbehandlung zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers durchgeführt wurde. Aus anderen Regionen Deutschlands sind bisher 3 Bienen-, 2 Pflanzen- und 1 sonstige Probe eingeschickt worden, bei denen der Einsender als Schadensursache „Maisaussaat“ vermutet. Nach den chemischen Analysen von 66 Bienenproben und 31 Pflanzenproben durch das Julius-Kühn-Institut in Berlin-Dahlem wurde in 65 Fällen (Bienenproben) und in 27 Fällen (Pflanzenproben) der Wirkstoff Clothianidin nachgewiesen. Wenngleich die Werte für die Bienen stark schwanken, lagen sie doch mehrheitlich in einer Größenordnung, die zum Tod der Bienen führte. Auch die Pflanzenproben zeigten für Bienen kritische Werte. Der ursächliche Zusammenhang zum Wirkstoff Clothianidin ist somit eindeutig nachgewiesen. Nach weiteren Untersuchungen des JKI verdichten sich die Hinweise, dass besonders schlecht gebeiztes Saatgut (Staubanteil in Maissaatgutpackungen) ursächlich für die entstandenen Probleme ist.

Am 15. Mai 2008 hatte das BVL das sofortige Ruhen der Zulassung für das Saatgutbehandlungsmittel Poncho pro (Wirkstoff: Clothianidin) sowie aus Vorsorgegründen für weitere Mittel angeordnet. Hintergrund war, dass es Abdrift des Wirkstoffs Clothianidin von Maissaatgut bei der Aussaat mit pneumatischen Sägeräten auf Blütenpflanzen gab und es in der Folge zu erheblichen Bienenverlusten insbesondere in der Oberrheinebene und vereinzelt auch bei uns in Bayern kam. Das Ruhen der Zulassung erstreckte sich nicht nur auf Mittel zur Behandlung von Maissaatgut, sondern auch auf solche zur Behandlung von Rapssamen. Nachdem bei der Rapsaussaat nicht mit vergleichbaren Auswirkungen wie im Falle des Maisanbaues zu rechnen sei, wurde vom BVL am 25. Juni 2008 die Zulassung für die entsprechenden Mittel mit Auflagen wieder in Kraft gesetzt; darunter ist auch das Mittel Elado mit dem Wirkstoff Clothianidin (siehe Pressemitteilung des BVL unter www.bvl.bund.de). Laut BVL war es am 15. Juli 2008 zu einer Informationsveranstaltung gekommen, an der neben den Behörden auch Vertreter des Deutschen Imkerbundes, des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes, der Bieneninstitute der Länder sowie weitere Verbände teilgenommen haben. Von den Teilnehmern sei die Begründung für die Entscheidung des BVL, das Ruhen der Zulassungen für Rapsbehandlungsmittel aufzuheben, nachvollzogen und akzeptiert worden. Es sei des Weiteren vereinbart worden, zukünftig die Zusammenarbeit zwischen den Imkern und der landwirtschaftlichen Praxis zu intensivieren bzw. die Kommunikation auszubauen (vgl. hierzu die Pressemitteilung des Deutschen Imkerbundes vom 16. Juli 2008: „Die Aufhebung des Ruhens der Zulassungen für Rapsbehandlungsmittel wurde von den Vertretern der Imkerschaft zwar akzeptiert …“).

Nach wie vor (siehe PM des BVL vom 16. 7. 2008 unter www.bvl.bund.de) ruht die Zulassung für die Maisbeizmittel. Dies auch deshalb, da die Frage nicht gelöst ist, mit welchen (Management-)Maßnahmen die erforderliche Sicherheit bei der Behandlung und Aussaat von Maissaatgut erreicht werden kann. Aus meiner Sicht, die mit der des Bayerischen Staatsministeriums übereinstimmt, dürften die bestehenden Restriktionen erst dann gelockert werden, wenn die Saatguthersteller den Nachweis einer abriebfesten Beizung erbracht haben. Zudem müssen die pneumatisch arbeitenden Maissägeräte technisch so überarbeitet werden, dass künftig eine Abdrift von Beizmitteln auf Blütenpflanzen ausgeschlossen ist.

Im Übrigen begrüße ich die vom BVL signalisierte Offenheit und Bereitschaft zu weiteren Nachforschungen, steht dies doch im Einklang auch mit den Grundsätzen meiner Partei in der Abwägung von Chancen und Risiken bei der grünen Gentechnik. Für mich gilt im Hinblick auf das notwendige Risikomanagement: Das Risiko irreversibler Entwicklungen bestimmt die ethischen Grenzen für Forschung und Anwendung sowie die notwendigen Beschränkungen durch die Rechtsetzung. Wir wissen immer noch zu wenig über Chancen und Risiken, weshalb wir offene Fragen durch weitere Forschung noch zuverlässiger klären müssen (Grundsatzprogramm „Chancen für Alle!“ der Christlich-Sozialen Union in Bayern).

Mit freundlichen Grüßen

Eduard Oswald, MdB