Frage an Eduard Oswald von Jürgen G. bezüglich Finanzen
Setzen Sie sich für die Beendigung der Diskriminierung der Lebenspartner im Erbschaftssteuerecht ein?
Die Situation der Lebenspartner wird sich aufgrund der Erbschaftssteuerreform noch verschlechtern. Eingetragene Lebenspartnerschaften werden bei der Erbschaftsteuer wie Fremde behandelt. Sie fallen in die Steuerklasse III und unterliegen somit dem höchsten Steuersatz. Ihr allgemeiner Freibetrag beläuft sich nicht auf 307.000 € wie der für Ehegatten, sondern nur auf 5.200 €! Sie erhalten auch keinen zusätzlichen Versorgungsfreibetrag, während Ehegatten ein solcher in Höhe von 256.000 € zusteht. Im Todesfall wird so gemeinsam geschaffenes und erarbeitetes Vermögen durch die Steuer zerschlagen.
Bisher werden Eigentumswohnungen und Eigenheime nur mit 50 bis 60 % ihres Verkehrswertes bei der Erbschaftsteuer berücksichtigt. In Zukunft müssen sie aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem vollen Verkehrswert angesetzt werden. Das hat eine Erhöhung der Erbschaftsteuer für Immobilien um 40 bis 50% zu Folge. Zum Ausgleich soll der allgemeine Freibetrag für Eheleute auf 400.000 oder sogar 500.000 € erhöht werden, damit das Familienheim weiterhin steuerfrei auf den überlebenden Ehegatten übertragen werden kann. Damit es dadurch nicht zu Steuerausfällen kommt, sollen gleichzeitig die Erbschaftsteuersätze erhöht werden.
Die Lebenspartnerschaft entspricht zivilrechtlich völlig der Ehe. Lebenspartner haben dieselben Unterhaltsverpflichtungen wie Ehegatten. Das entlastet den Staat bei den Sozialleistungen. Wenn Lebenspartner sterben, hat der Nachlass wie bei Ehegatten Unterhaltsersatzfunktionen. Der Staat darf zwar aufgrund Art. 6 Abs. 1 GG Ehen besser behandeln als andere Lebensgemeinschaften. Aber wenn der Staat anderen Lebensgemeinschaften dieselben Unterhaltsverpflichtungen auferlegt wie Ehegatten, muss er das beim erbschaftssteuerlichen Zugriff auf den Nachlass angemessen berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Graf
Sehr geehrter Herr Graf,
vielen Dank für Ihre interessante und bedeutende Fragestellung. Gerne lasse ich Ihnen meine Einschätzung des Sachverhalts und des Umgangs mit einer weitergehenden Angleichung der Rechte und Pflichten von Lebenspartnerschaften und Ehen zukommen.
Bereits Ende Juni dieses Jahres hat der Deutsche Bundestag eine Debatte zum Gesetzentwurf der FDP "Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuer", zum Gesetzentwurf von Bündnis 90/Grüne "Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz" sowie zum Antrag der Linken "Vielfalt der Lebensweisen anerkennen und rechtliche Gleichbehandlung homosexueller Paare sicherstellen" geführt. In dieser Debatte ging es um die Frage einer weiteren Annäherung der Rechte der eingetragenen Partnerschaften an die der Ehe. Hier hat die Union klargestellt, dass sie die Familie als wichtigste Form des Zusammenlebens ansieht. Die Privilegierung der Ehe gegenüber der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft folgt aus den Vorgaben unseres Grundgesetzes, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen (Art. 6 Abs. 1 GG). Der sachliche Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die "auf Dauer angelegte, in der rechtlich vorgesehenen Form geschlossene, grundsätzlich unauflösliche Lebensgemeinschaft von Mann und Frau." Das deutsche Steuerrecht sieht hiervon ausgehend ebenso wie das Beamtenrecht oder das Adoptionrecht keine besondere Begünstigung der Lebenspartnerschaft vor. Daher ist auch bei der Erbschaft- und Schenkungssteuer die Lebenspartnerschaft im Gegensatz zur Ehe nicht privilegiert. Die Ehe ist also eine besondere Institution und darf den Lebenspartnerschaften nicht komplett gleichgesetzt werden. In Ihrem letzten Absatz bestätigen Sie diese Einschätzung ja auch.
Ausgangspunkt für die Debatte im Bundestag Ende Juni dieses Jahres war das Gesetz aus dem Jahre 2001, das die eingetragenen Gemeinschaften ermöglicht hat. Gemeinsam mit der FDP lehnte die CDU/CSU Bundestagsfraktion das Gesetz damals ab. Auch wenn die Union weitere gesetzliche Annäherungen in den vergangenen Jahren immer wieder abgelehnt hat, so haben wir in der Debatte immer deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Gesetze und gerichtlichen Entscheidungen hierzu für uns selbstverständlich bindend sind und von uns toleriert werden. Ob wir weiter gehen und in weiteren Rechtsgebieten eine Angleichung vornehmen wollen, ist nach meinem Verständnis weniger eine rechtliche Frage, sondern vielmehr eine politische. In den Koalitionsverhandlungen ist über dieses Thema auch diskutiert worden. Nichtsdestotrotz findet sich aber keine Regelung hierzu im Koalitionsvertrag, da sich SPD und CDU/CSU nicht einig geworden sind, welche weiteren Schritte gegangen werden könnten.
Meines Wissens gibt es für Deutschland keine verbindlichen Zahlen über eingetragene Lebenspartnerschaften. Aber wir können nach übereinstimmender Einschätzung von einer Größenordnung von etwa 10 000 eingetragenen Lebenspartnerschaften ausgehen. Fraglich ist nun, ob wir für diesen relativ geringen Anteil, die durch die gleichgeschlechtliche Partnerschaft Pflichten eingehen, weitere Privilegien öffnen wollen und ob dies von der gesamten Gesellschaft angenommen würde. Sollte in der folgenden Diskussion zur Reform der Erbschaftsteuer eine Öffnung für Lebenspartnerschaften vorgenommen werden, wäre dies der erste Schritt im Steuerrecht. Bevor wir diesen gehen, müssen wir wissen, ob wir in Deutschland gesellschaftspolitisch schon so weit sind, oder ob wir damit die gesamte Bevölkerung in Deutschland nicht überfordern. Weitere Diskussionen hierzu werden wir im Deutschen Bundestag sicher im Herbst im Rahmen der Erbschaftsteuerreform führen.
Mit freundlichen Grüßen
Eduard Oswald, MdB