Frage an Eduard Oswald von Horst B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Oswald,
in Sachen Insolvenzfall Phoenix und der damit zusammenhängenden Anlegerentschädigung ist eine von vorneherein nicht tragfähige Lösung in Form des EDW zu einer für viele Finanzdienstleister extremen Belastung geworden. Eine Änderung des Entschädigungssystems
ist dringend notwendig.
Als einzige Bundestagsfraktion hat die FDP sich der Problematik angenommen und einen Antrag an den Bundestag gestellt, der die Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes vorsieht (Drucksache 16/5786).
Ich bitte Sie, diesem Antrag -auch wenn er von einer anderen Fraktion kommt- zuzustimmen. Ich bin langjähriger CSU-Stammwähler, aber erschreckt über die bisher gezeigte Untätigkeit "meiner" Politiker in diesem Fall.
Werden Sie zustimmen?
Mit freundlichen Grüßen
Horst Brandner
Odörfer & Brandner Vermögensmanagement KG
Sehr geehrter Herr Brandner,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Entschädigungsfall Phoenix Kapitaldienst. Ich habe Ihre Ausführungen mit großer Aufmerksamkeit gelesen.
Keine Frage, der Insolvenzfall Phoenix verursacht erhebliche Unruhe im deutschen Finanzmarkt. Der Union ist sehr daran gelegen, eine Lösung zu finden, die den Anlegern eine rasche Entschädigung zusichert. Gleichzeitig müssen die Interessen der Finanzdienstleister berücksichtigt werden – es darf nicht zu einer Gefährdung des Finanzplatzes Deutschland kommen. Daher unterstützen wir das Bundesfinanzministerium, möglichst zügig ein interessengerechtes Resultat zu finden.
Zum Hintergrund darf ich ausführen:
In Deutschland wurde durch das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAG) ein System geschaffen, das Anleger bei Zahlungsunfähigkeit von Finanzunternehmen in gewissem Rahmen schützen soll. Dazu wurden drei Gruppen von Finanzunternehmen gebildet, die jeweils einer eigenen Entschädigungsinstitution zugewiesen sind. Bei den Gruppen handelt es sich um
- Kreditinstitute in Privatrechtsform (insbesondere Banken),
- Kreditinstitute in der Rechtsform des öffentlichen Rechts (z.B. Sparkassen) und
- die sonstigen Institute im Sinne des EAG, zu denen die Wertpapierhandelsunternehmen gehören.
Für die Wertpapierhandelsunternehmen wurde die EdW ins Leben gerufen, die den Anlegern im Insolvenzfall eines Mitgliedunternehmens eine Entschädigung zukommen lassen soll.
Eine solche Situation ist aufgrund der Insolvenz der Phoenix Kapitaldienst GmbH (im Weiteren „Phoenix GmbH“) eingetreten. Den Anlegern der Phoenix GmbH stehen voraussichtlich Entschädigungsansprüche gegen die EdW in Höhe von ca. 180 Millionen Euro zu. Die EdW verfügt aber nur über ein Vermögen von ca. 5 Millionen Euro. Daraus folgt, dass auf die Unternehmen, die der EdW zugewiesen sind, hohe Zahlungsverpflichtungen in Form von Sonderbeiträgen zukommen, damit die Anleger der Phoenix GmbH entschädigt werden können.
Auf Drängen der Union hat das Bundesfinanzministerium erklärt, dass die KfW ein Kredit an den EdW geben soll, der vom Bund rückverbürgt würde. Hierdurch kann die Last der Finanzierung zeitlich getrennt werden.
Zugleich unterstützt die Union das Vorhaben, eine gesetzliche Lücke im Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG) zu schließen. Die geltende Fassung des § 5 Abs. 5 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG) sieht lediglich einen Übergang von Ansprüchen des Berechtigten gegen das Institut für den Fall vor, dass die Entschädigungseinrichtung den Entschädigungsanspruch eines Berechtigten erfüllt. Die durch die Entschädigungseinrichtung im Schadensfall zu leistende Entschädigung dient nämlich nicht der Entlastung eines Schädigers, die Zahlung sollte allein dem geschädigten Anleger zugute kommen. Es ist daher geboten, in dem Umfang, in welchem der Berechtigte durch die Entschädigungseinrichtung entschädigt wurde, etwaige Schadenersatzansprüche des Berechtigten gegen Dritte auf die Entschädigungseinrichtung übergehen zu lassen. Hierbei bedarf es nicht eines übereilten Schrittes, wie von der FDP vorgegeben, sondern einer durchdachten und vernünftigen Lösung in Absprache mit unserem Koalitionspartner und den weiteren Fraktionen im Finanzausschuss. Mit Blick auf den aktuellen Schadensfall der EdW, der durch den Entschädigungsfall der Phoenix Kapitaldienst GmbH ausgelöst wurde, ist nämlich einem in sich abgestimmten, strukturierten Verfahren nach sorgfältiger Aufarbeitung des Gesamtkomplexes der Vorzug für eine Gesetzesänderung zu geben. Der Finanzausschuss hat hierzu bereits mit der Durchführung einer nicht öffentlichen Anhörung am 28. Februar 2007 und der Selbstbefassung am 25. April 2007 einen notwendigen Anfang gemacht.
Angesichts der Strukturen im deutschen Bankenmarkt (3-Säulen-System) ist eine Neuordnung der Einlagensicherungs- und Entschädigungseinrichtungen in Deutschland nicht unproblematisch.
Eingriffe in das aktuelle Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungssystem in Deutschland könnten Folgen für das Vertrauen in den Finanzplatz haben. Die Schaffung eines einheitlichen Sicherungssystems würde nicht zwingend eine Verbesserung darstellen. Sie würde allerdings dazu führen, dass die vorhandenen finanziellen Ressourcen der Sicherungssysteme zusammenfielen. Bei einer Zusammenlegung der Sicherungsfonds könnte das System eine Größe erreichen, die das Management, die Risikokontrolle und das Zusammenführen von Informationen über Krisenlagen immer komplexer und undurchsichtiger lassen würden. Daher kann der Antrag der FDP, der rechtstechnisch jetzt zur Beratung in den Finanzausschuss überwiesen wird, letztendlich nicht meine Zustimmung finden.
Wir sind uns durchaus der Tatsache bewusst, dass bereits heute Finanzdienstleister ihren Sitz ins Ausland verlegen, um sich der Haftung und der Umlage der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen zu entziehen. Daher besteht konkreter Handlungsbedarf, auf den die Union wiederholt aufmerksam gemacht hat. Wir verfolgen die Entwicklung im Phoenix-Fall und die geplanten Maßnahmen des Bundesfinanzministeriums und der EdW sehr genau.
Mit freundlichen Grüßen
Eduard Oswald MdB