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Eduard Oswald
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Frage von Josef R. •

Frage an Eduard Oswald von Josef R. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Herr Oswald,
ich habe auch eine Frage zur Abgeltungssteuer.
Wenn ich 2009 für 10.000 € Aktien kaufe und sie nach 5 Jahren für 10.500 € verkaufe, mache ich einen "Scheingewinn" von 500 €.
Von diesen 500 € will der Staat 125 € (Soli und KiSt nicht mitgerechnet) reale Abgeltungssteuern.
In 5 Jahren ist die Inflation beispielsweise 5%. Dann ist die Kaufkraft der 10.500 € nicht höher als vor 5 Jahren die Kaufkraft der 10.000 €.
Wieso will der Staat nun Geld von mir?
Welchen Gewinn soll ich denn gemacht haben?
Müsste nicht eine Gewinnermittlung der Versteuerung vorausgehen. Also Kursgewinn minus Inflation ist gleich zu versteuernder Gewinn?
Ist die jetzt gewählte Form nicht tatsächlich eine "Enteignungssteuer"?
Ist das nicht verfassungswidrig?
Und warum soll ich eigentlich noch Aktien kaufen?
Und nebenbei bemerkt. Nur damit die ganz Reichen nicht mit Kontenabfragen belästigt werden, sollen die vielen "kleinen" Kapitalisten geschröpft werden. Mittelstand ade !!
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Viele Grüße
J.Rebmann

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Rebmann,

vielen Dank für Ihre Frage und Hinweise. Lassen Sie mich bitte erst einmal ganz allgemein den Hintergrund der Einführung der Abgeltungssteuer schildern. Die gegenwärtige Besteuerung von Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgewinnen ist außerordentlich schwierig, aufwändig und nicht immer gerecht. Auch wirkt der noch unter der rot-grünen Bundesregierung eingeführte Kontenabruf auf viele Anleger abschreckend - sie legen ihr Kapital eher im Ausland an als in Deutschland. Dies gilt für alle Anlegergruppen, unabhängig, ob sie mehr oder minder vermögend sind. Solche und andere Probleme haben die Koalitionspartner veranlasst, im Koalitionsvertrag eine Neuordnung der Besteuerung von Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgewinnen zu vereinbaren und dies nun im Rahmen der inzwischen beschlossenen Unternehmensteuerreform umzusetzen. Nach dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ist daher die Einführung einer Abgeltungssteuer zum 1. Januar 2009 beabsichtigt. Mit der Abgeltungssteuer werden meiner festen Überzeugung nach attraktive ertragsteuerliche Rahmenbedingungen geboten. Für die Bürger wird die Besteuerung von Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgewinnen transparenter und einfacher. Insgesamt führt die Abgeltungssteuer zu einer steuerlichen Entlastung von 870 Mio. Euro.

Zwar werden bei einer bloßen Betrachtung der Ebene der Anteilseigner diese durch den Wegfall des Halbeinkünfteverfahrens und die Nichtanwendung des Teileinkünfteverfahrens stärker belastet. Eine isolierte Bewertung der Belastung auf der Anteilseignerebene ist jedoch ohne Berücksichtigung der Entlastung auf Unternehmensebene nicht sachgerecht. So profitiert der Anteilseigner auch von den Entlastungen auf Unternehmensebene, zum einen durch höhere Ausschüttungen und zum anderen durch einen Substanzgewinn auf Unternehmensebene mit der Folge entsprechender Kursgewinne. Im Übrigen ist wirtschaftlich entscheidend die Gesamtbelastung auf Unternehmens- und Anteilseignerebene. Auch bei niedrigeren persönlichen Steuersätzen kommt es zu einer fast durchgehend geringeren steuerlichen Gesamtbelastung, so dass eine teilweise Steuerfreistellung nicht mehr angezeigt ist. Die Gesamtbelastung (unter Berücksichtigung der Vorbelastung auf Unternehmensebene) der Dividenden sinkt von maximal 53,21 Prozent im Jahr 2007 auf 48,33 Prozent im Jahr 2009.

Zudem wird in § 20 Abs. 2 EStG nunmehr geregelt, dass zukünftig auch die Wertzuwächse, die dem Steuerpflichtigen durch die Veräußerung der Kapitalanlagen – unabhängig von der Haltedauer dieser Anlagen im Privatvermögen – oder nach dem Abschluss eines Kapitalüberlassungsvertrages zufließen, der Einkommensteuer bzw. der Abgeltungsteuer unterworfen werden. Die Frage der Veräußerungsgewinnbesteuerung und der möglichen Auswirkungen auf die private Altersvorsorge wurde im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens intensiv geprüft und war auch Gegenstand der öffentlichen Sachverständigenanhörung. Überlegungen, insoweit Ausnahmeregelungen für langfristige Sparanlagen einzuführen, sind dabei nicht nur auf Vorbehalte bei unserem Koalitionspartner gestoßen. Auch sprechen fachliche Gründe gegen solche steuerliche Ausnahmeregelungen.

Wegen der einheitlichen Besteuerung können Anlageentscheidungen in Zukunft weitestgehend frei von steuerlichen Erwägungen getroffen werden, so dass steuerbedingte Wettbewerbsverzerrungen gerade im Rahmen langfristiger Anlageentscheidungen nicht mehr berücksichtigt werden müssen. Ein erheblicher Teil der angestrebten Besteuerungsgerechtigkeit und auch des Vereinfachungseffektes der Abgeltungssteuer ginge verloren, würden nicht sämtliche privaten Veräußerungsgewinne mit einbezogen. Eine von den Banken abzuführende, anonyme Abgeltungssteuer kann grundsätzlich nicht nach dem Zweck der Anlage unterscheiden. Auch hat der Gesetzgeber gerade für die Altersvorsorge spezielle Lösungen wie etwa die Riester-Rente oder die Rürup-Rente zur Verfügung gestellt. Hiervon ist die Besteuerung der Veräußerungsgewinne und der Kapitalerträge, die nicht immer nur der Vorsorge dienen, zu trennen. Bitte bedenken Sie in diesem Zusammenhang auch, dass die Neuregelung für Veräußerungsgewinne nur Anwendung auf nach dem 31. Dezember 2008 erworbene Kapitalanlagen findet. Außerdem ist zu sehen, dass durch die Einbeziehung privater Veräußerungsgewinne künftig auch entsprechende Veräußerungsverluste steuermindernd geltend gemacht werden können.

Also, von einer "Enteignungssteuer" kann ganz und gar nicht gesprochen werden!

Mit freundlichen Grüßen

Eduard Oswald, MdB