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Frage von Günter W. •

Frage an Eduard Oswald von Günter W. bezüglich Kultur

Ich würde gerne erfahren, warum Sie bei dieser Abstimmung mit JA gestimmt haben und damit (fremdes) Religionsrecht vor unser deutsches Grundgesetz stellen.
Würden Sie ggf. bei der Forderung nach Beschneidung (Genitalverstümmelung) von Mädchen aus religiösen Gründen ebenfalls mit JA stimmen und wenn NEIN, mit welcher Begründung?

Ich habe den Verdacht, dass diese Abstimmung, wie viele andere auch, durch Rücksichtnahme /Einflussnahme, Lobbyisteneinfluß, evtl. Gewinn-/ Verlustrechnung von Wählerstimmen, zustande gekommen ist.
Und natürlich wollen Sie nicht derjenige sein, gegen welchen sich der Aufschrei mächtiger Interessen (Religions-) verbände richtet.

Einer Mehrheit der Bevölkerungsmeinung (ohne Migrationshintergrund) entspricht Ihre Entscheidung mit Sicherheit nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Günter Wein

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Wein,

vielen Dank für Ihre Frage vom 13. Dezember 2012 zur Zulässigkeit der Beschneidung von minderjährigen Jungen.

Die Debatte über die Beschneidung von Jungen wurde sehr ausführlich und der Sache angemessen im Deutschen Bundestag geführt. Dabei galt es, das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit, das Recht der Eltern auf Erziehung und die freie Religionsausübung abzuwiegen. Dies wurde notwendig, da durch das Urteil des Landgerichts Köln zu erheblichen Unsicherheiten bei jüdischen und muslimischen Gläubigen in Deutschland geführt hat.

Ihren Vergleich mit der Genitalverstümmelung von Mädchen kann ich in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehen. Das von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz macht zugleich deutlich, dass die Beschneidung von Jungen gerade nicht mit der bei jungen Mädchen vorgenommenen Genitalverstümmelung gleichzusetzen ist:

/"Die Verstümmelung weiblicher Genitalien, die vor allem im westlichen, östlichen und nordöstlichen Afrika sowie einigen Ländern Asiens und des Nahen Ostens praktiziert wird, unterscheidet sich grundlegend von der männlichen Beschneidung."/

Weiter heißt es:

/"Die Verstümmelung weiblicher Genitalien gilt international und in Deutschland als schwerwiegende Verletzung von Grund- und Menschenrechten. Die 4. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen erklärte 1995 die Verstümmelung weiblicher Geschlechtsorgane zu einer Menschenrechtsverletzung."
/

/"In Deutschland wird die Genitalverstümmelung als gefährliche (§ 224 StGB), ggf. auch als schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) qualifiziert. Eine rechtfertigende Einwilligung der Sorgeberechtigten kommt in keinem Fall in Betracht. Wird die Genitalverstümmelung auf Veranlassung der Sorgeberechtigten vorgenommen, beteiligen sich diese vielmehr als Gehilfen oder Anstifter an der gefährlichen oder schweren Körperverletzung und machen sich tateinheitlich regelmäßig der Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 StGB strafbar."/

Das nun verabschiedete Gesetz hat nun für alle Beteiligten Rechtssicherheit geschaffen und stellt sicher, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich rechtlich zulässig ist.

Diese Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht. Im Mittelpunkt meiner Überlegungen stand und steht dabei stets das Wohl des Kindes. Dessen Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und die Grundrechte der Eltern auf Kindeserziehung und Religionsausübungsfreiheit sind im Sinne des Kindeswohls angemessen auszugleichen. Ich bin mir bewusst, dass die Beschneidung von Jungen ist als Eingriff in die körperliche Integrität irreversibel und auch keine Bagatelle ist.

Dennoch sind es die Eltern, die -- in den Grenzen unserer Rechtsordnung -- den Inhalt des Kindeswohls festlegen. Sie dürfen sich dabei auch von religiösen Motiven leiten lassen, unter der Voraussetzung, dass die Behandlung bzw. der Eingriff nach allgemeinen Maßstäben medizinisch vertretbar ist. Das Recht von Eltern, ihre Kinder religiös zu erziehen, ist grundgesetzlich geschützt. Und die Beschneidung von Jungen ist, gerade auch mit Blick auf die Situation über Deutschland hinaus, medizinisch vertretbar, wenn sie fachgerecht und ohne unnötige Schmerzen für das Kind durchgeführt wird. Muslimisches und jüdisches Leben muss in Deutschland auch weiterhin möglich sein. Das Gesetz legalisiert auch keineswegs etwas Neues, sondern er stellt klar, was vor dem Urteil des Kölner Landgerichtes unumstritten war, nämlich dass die Einwilligung der Eltern in die Beschneidung ihres Sohnes verfassungsrechtlich zulässig ist. Ich halte es nicht für angemessen wenn Eltern (und Ärzte), die eine Beschneidung durchführen, der pauschale Vorwurf gemacht wird, sie wollten hierdurch das Kindeswohl beeinträchtigen.

Mit freundlichen Grüßen

Eduard Oswald, MdB