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Eduard Oswald
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Frage von Manfred B. •

Frage an Eduard Oswald von Manfred B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Oswald,

während Deutschland und die anderen Staaten ein gutes Jahr nach Beginn der Finanzkrise Rekordverschuldungen melden müssen, verkünden die geretteten Banken bereits wieder Milliardengewinne.
Mit denselben Geschäftsmodellen die uns in die Krise gestürzt haben!
Nichts hat sich geändert!
Das Casino läuft wieder auf Hochtouren!
Das vergangene Jahr war mit Sicherheit eines der schönsten für alle Bankmanager, sprich Zocker und Spekulanten. Wann gab es schon jemals so ein todsicheres Geschäftsmodell?
Ohne jede Verantwortung nach Herzenslust zocken, und wenn es schief geht, begleicht der Steuerzahler die Zeche.

Sind Sie und die anderen verantwortlichen Politiker sich im Klaren darüber, dass Sie dieses Mal mitverantwortlich sind für die sich abzeichnende neue Finanzblase?
Warum ergreifen Sie nicht entsprechende Maßnahmen um die Finanzwelt an die Kandare zu nehmen wie großspurig angekündigt?
Warum duckt sich die Politik weg vor den mächtigen Bankenlobbies, die ganz offensichtlich die Regeln bestimmen?

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Burger

Portrait von Eduard Oswald
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Burger,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 09.01.2010.

Durch das staatliche Handeln und der damit verbundenen Erhöhung der Neuverschuldung spürt ein Großteil der Bevölkerung die Auswirkungen der Wirtschaftskrise nicht. In dieser außergewöhnlichen Situation gilt es, den Bürgerinnen und Bürgern nicht das Vertrauen durch Entzug von Kaufkraft und Kürzungen bei öffentlichen und privaten Investitionen oder gar durch eine höhere Belastung der Arbeitskosten zu entziehen.

Die weltweite Finanzkrise hat gezeigt, dass die Selbstregulierungsmaßnahmen des Marktes nicht ausreichen, um eine schwere Krise des internationalen Finanzsystems zu verhindern. Es muss das Ziel sein, zukünftig eine Wiederholung einer Finanzmarktkrise zu verhindern. Ein Mitauslöser der Finanzmarktkrise war zweifellos die auf kurzfristigen Unternehmensgewinn ausgerichteten Vergütungssysteme. Hier wurden durch falsche Anreize unkontrollierbare Risiken eingegangen, durch die ein nachhaltiges Wachstum gefährdet wurde. Deswegen müssen Vergütungen längerfristig ausgerichtet werden und nachhaltig wirken, bei Misserfolgen müssen Manager hierfür auch mit ihren variablen Entlohnungsbestandteilen haften. Mit dem Vorstandsvergütungsgesetz und den Instrumenten der BaFin und des SoFFin, Gehälter zu beschränken, haben wir in Deutschland schon frühzeitig richtige Schritte eingeleitet. Des Weiteren können Hauptversammlungen zu den Managervergütungen ein Votum abgeben. Wichtig ist es jetzt, das Mehr an Durchgriffsrechten und Aktionärsdemokratie auch zu nutzen.

Die G-20 Staaten einigten sich im vergangenen Herbst auf detaillierte Vergütungsstandards, welche in Deutschland zügig und konsequent umgesetzt werden. Es wird aber auch von den Akteuren des Finanzsektors erwartet, dass sie notwendige Voraussetzungen schaffen, um Fehlentwicklungen in Zukunft zu verhindern. Die Selbstverpflichtung der Banken und Versicherungen stellt dabei ein wichtiges Signal der Einsicht dar.
Auf dem Gipfel von Pittsburgh haben sich die Staats- und Regierungschefs aber nicht nur auf eine Beseitigung von Fehlanreizen bei den Vergütungen im Finanzmarktbereich geeinigt. Sie haben auch beschlossen, auf dem nächsten Gipfel eine Diskussion über ein breites Spektrum von Möglichkeiten zu führen, wie der Finanzsektor zu einem angemessenen und wirkungsvollen Beitrag zur Bewältigung der staatlichen Krisenlasten herangezogen werden könnte.
Eigenkapitalzuschläge für systemisch relevante Banken, wie sie G-20 Kommuniqué von Pittsburgh erwähnt werden, sind ein wichtiges Element eines zielführenden Ansatzes. In diesem Bereich sind Maßnahmen jedoch auf internationaler Ebene abzustimmen und Wechselwirkungen zwischen den Instrumenten zu beachten, weswegen die Bundesregierung in engem Kontakt mit anderen Regierungen steht.

Als Konsequenz aus der Finanzkrise möchte die EU-Kommission die europaweite Zusammenarbeit der Finanzaufsicht verstärken. Die neue EU-Bankenaufsicht ist Teil der Reform der Finanzaufsicht in Europa. Neben der Bankenüberwachung sind auch neue EU-Aufsichtsstellen für die Versicherungen und die Börsen vorgesehen. Zudem soll ein Systemrisikorat bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt werden, um die Stabilität des europäischen Finanzsystems als Ganzes zu kontrollieren. Den Finanzmarkt zu stabilisieren ist derzeit eine unserer wichtigsten Aufgaben. Nur ein funktionierendes Bankenwesen sichert jedem Einzelnen seine Ersparnisse, seine Altersvorsorge, seinen Lebensstandard. Zugleich ermöglicht er Kredite, mit denen Unternehmen ihre Existenz sichern und expandieren können. Finanzmarktstabilisierung ist dabei kein Selbstzweck, sondern aktive Solidarität in der sozialen Marktwirtschaft. Dabei sind klare Prinzipien unserer Bilanzbereinigungsmaßnahmen wichtig:

Freiwilligkeit:
Wir setzen nicht auf Zwangsmaßnahmen. Dies ist nicht nur im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, sondern führt auch eher zu den gewünschten Stabilitätseffekten. In Deutschland haben wir Stabilität im Finanzmarkt. Freiwilligkeit führt offenbar zu besseren Ergebnissen als Zwang und entspricht auch der marktwirtschaftlichen Ordnung in unserem Land. Denn Bankenrettung ist kein Spielplatz für Ideologen, Bankenrettung ist verantwortliche Politik.

Eigentümerverantwortung:
Zuerst und in aller vorderster Front sind die Eigentümer der Finanzmarktakteure gefordert. Eigentümer sind die Aktionäre, es sind teilweise die Länder und es sind Sparkassen. Wir können es keinem Steuerzahler des Landes, des Bundes oder einer anderen Gebietskörperschaft zumuten, selbst einzuspringen und somit die Eigentümer zu entlasten. Unser Prinzip ist: erst die Eigentümer und dann die Solidargemeinschaft.

Schutz des Steuerzahlers:
Wir haben insgesamt bis zu 480 Milliarden Euro an Bürgschafts- und Garantievolumen für die Finanzmarktstabilisierung zur Verfügung gestellt. Unser erklärtes politisches Ziel ist es, den Steuerzahler durch diese Bilanzbereinigungsmaßnahmen nicht zusätzlich in Regress zu nehmen.

Subsidiarität:
Der Bund kann auch in der Finanzmarktstabilisierung nicht alles leisten. Subsidiär heißt, ein differenziertes Angebot für die unterschiedlichen Problemlagen innerhalb der Bankenwelt zu bieten, aber innerhalb unserer föderalen Strukturen. Dort, wo die Länder bereit sind, eigene wirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen, sollten wir dies zulassen. Deshalb sind als zusätzliche Option auch Landesabwicklungsanstalten in Trägerschaft der jeweiligen Bundesländer möglich.

Keine Leistung ohne Gegenleistung:
Wer Hilfe vom Staat in Anspruch nehmen will, muss auch die Karten auf den Tisch legen und die Wertpapierrisiken offenlegen. Wir nennen dies "Stresstest". Nur wenn Banken das Auslagerungsangebot annehmen, werden nicht zu veröffentlichende Stresstests im Rahmen der Nachweise der Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle der künftigen Kernbank erforderlich. Dies geschieht ebenso zum Schutz des Steuerzahlers wie die Begrenzung der Managementvergütung während der Hilfeleistung.

Mit freundlichen Grüßen

Eduard Oswald, MdB