Frage an Eduard Oswald von Matthias P. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Oswald,
ich habe jeden Tag mit Kunden zu tun, die als selbstständige Unternehmer ihren Betrieb erweitern wollen, dafür aber in den letzten Monaten keine Kredite von Ihren Kreditinstituten bekommen.
Die Menschen wollen Arbeitsplätze schaffen, aber die Kreditwirtschaft gewährt ihnen nicht die Mittel hierfür.
Warum wird die Refinanzierung der Banken nicht an den Nachweis gekoppelt, dass die Gelder in Kredite für Investitionen der kleinen und mittleren Gewerbebetriebe geflossen sind.
Oder warum bietet man solche Mittel nicht über die KFW an?
Ich hätte zur Zeit bestimmt 10 Kunden, die mehr als 3 Mio. Euro in neue Gebäude und Werkhallen invesitieren würden, um ihre momentanen Arbeitsbedingungen zu verbessern und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Aber die Banken verhindern dieses und treiben damit die Abwärtsspirale voran.
Wie sehen Sie dieses Problem und wie sollte es gelöst werden?
Mit freundlichem Gruß
Matthias Pfaff
Sehr geehrter Herr Pfaff,
haben Sie besten Dank für Ihre Fragen zur aktuellen Lage des deutschen Kreditmarktes.
Für mich ist die ausreichende Versorgung der Unternehmen in Deutschland mit Krediten einer der wesentlichen Punkte, um die bestehende wirtschaftliche Talsohle schnell und nachhaltig zu durchschreiten und damit einen stabilen Wachstumspfad einschlagen zu können. Eine restriktivere Kreditvergabe darf nicht dazu führen, dass wichtige Investitionen aufgeschoben oder überhaupt nicht in Angriff genommen werden. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat sich auf seiner gestrigen Ausschusssitzung eingehend mit der Frage einer möglichen Kreditklemme in Deutschland beschäftigt. Dazu wurde u.a. auch der Vorstandsvorsitzende der KfW, Herr Dr. Schröder, angehört und ausführlich befragt.
Deutschland nimmt hinsichtlich der Kreditvergabe an Unternehmen eine Sonderstellung ein, neben den Geschäftsbanken übernehmen einen Großteil der Kreditvergabe öffentlich-rechtliche Kreditanstalten (Sparkassen und Genossenschaftsbanken). Sparkassen etwa haben im zweiten Quartal dieses Jahres ihr kurzfristiges Kreditvolumen konstant gehalten und stellen ca. 22 Prozent der insgesamt an Unternehmen in Deutschland vergebenen Kredite bereit.
Anders verhält sich die Situation bei den privaten Geschäftsbanken. Diese haben im zweiten Quartal dieses Jahres ihre kurzfristigen Kreditvolumina um 2 Prozent auf 13,4 Prozent vermindert. Der Grund für diese Senkung der ausgereichten Darlehen ist zum einen in der gesunkenen Wirtschaftsleistung, zum anderen aber in der geringen und geschwächten Eigenkapitalausstattung der Geschäftsbanken zu sehen. Daher verzichten diese auf möglicherweise risikoreichere Finanzierungen von Unternehmen. Banken stellen in Krisenzeiten typischerweise erhöhte Anforderungen an Darlehensnehmer, zuletzt war dies 2004 der Fall. Sofern sie Darlehen ausreichen, sind die verlangten Sicherheiten gestiegen und die Konditionen haben sich z.T. erheblich verschlechtert.
Die Bundeskanzlerin hat daher die Kreditversorgung der Wirtschaft zur Chefsache gemacht. Ich verweise in dem Zusammenhang zunächst auf ihre Ansprache in der vergangenen Woche, in der die Bundeskanzlerin die Geschäftsbanken nochmals eindrücklich auf ihre volkswirtschaftliche Verantwortung hingewiesen hat. Gestern lud die Bundeskanzlerin zu einem Konjunkturgipfel ein, der sich vorrangig mit der ausreichenden Kreditversorgung der deutschen Wirtschaft befasste. Auch hat die Bundesregierung gestern zusätzlich einen Kreditmediator eingesetzt, der als Ansprechpartner für Unternehmen bereit stehen und darlehensspezifische Vermittlungen zwischen Hausbanken und Unternehmen führen wird.
Gegenwärtig prüft die Bundesregierung zusammen mit den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten und den großen privaten Geschäftsbanken die Auflegung eines zusätzlichen Fonds, der es Banken ermöglicht, Kredite zu finanzieren, die sie selbst nicht in diesem Umfang stemmen können. Weiterhin setzen vor allen Dingen die Sparkassen darauf, Unternehmen mit so genannten Nachrangdarlehen auszustatten, die die Eigenkapitalbasis der Unternehmen stärken, dadurch die Kreditaufnahme erleichtert und die Darlehenskonditionen für die Kreditnehmer verbessern.
In der Vergangenheit hat die Bundesregierung zudem bereits gehandelt, um die erforderliche Kreditversorgung sicherstellen zu können. So stellt der Deutschlandfonds 40 Milliarden Euro für Unternehmen bereit, von denen erst 15 Milliarden Euro abgerufen worden sind. Hier können weitere Mittel schnell und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden.
Eine weitere Erleichterung der Kreditversorgung könnte dadurch sichergestellt werden, dass Globaldarlehen mit einer Risikoentlastung an Hausbanken ausgereicht werden, die durch Neukreditausweise belegt werden müssen. Durch die Nachweispflicht würde sichergestellt werden, dass die Hausbanken die Darlehen auch tatsächlich an Unternehmen ausreichen. Ein anderes diskutiertes Mittel zur Gewährleistung der Kreditversorgung besteht darin, den Geschäftsbanken Portfolio-Garantien auf ihre vergebenen Darlehen zu geben. Dann träfen diese nicht die durch Eigenkapital zu sichernden Ausfallrisiken.
Zusammenfassend darf ich Ihnen versichern, dass die Regierungskoalition alles in ihrer Macht stehende unternehmen wird, um eine ausreichende Kreditversorgung insbesondere auch der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland sicherzustellen. Das Parlament, und hier insbesondere der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie wird diese Politik begleiten und dieser Thematik in seinen Beratungen auch weiterhin einen überragenden Stellenwert einräumen.
Mit freundlichen Grüßen
Eduard Oswald, MdB