Frage an Eduard Oswald von Jörg W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Oswald,
ein Staatshaftungsgesetz mit dem Ziel, zu verhindern, dass zahlreiche Bürger Tag für Tag entschädigungslos Justizunrecht hinnehmen müssen, würde nicht gehen, weil die Kassen leer sind (vgl. Dr. Egon Schneider- Justizspiegel, http://www.justizirrtum.info/schneider.htm ). Warum wird den Bürgern nicht, aber den Banken und Firmen mit staatlichen Geldern geholfen, obwohl dem Staat doch nur beim Justizunrecht eine Schuld trifft?
Mit freundlichem Gruß
J. Wende
Sehr geehrter Herr Wende,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 24. Juni 2009. Gern beantworte ich Ihre Frage.
Zum Staatshaftungsgesetz lässt sich sagen, dass es ein solches zwar Anfang der 80er Jahre gab, dieses jedoch durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Oktober 1982 außer Kraft gesetzt wurde. Mit der Verfassungsreform von 1994 ist zwar eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Staatshaftung geschaffen worden. Bis heute ist es allerdings nicht zu einer erneuten Gesetzgebungsinitiative gekommen (vgl. zuletzt die Antwort der Bundesregierung zur Neuordnung des Staatshaftungsrechts, Bundestags-Drucksache 15/3952).
Die Gründe dafür, warum es bisher keine erneute Initiative für die Verabschiedung eines Staatshaftungsgesetzes gegeben hat, werden vielfältig sein. Ich habe jedoch Zweifel daran, dass dies auf einen etwaigen Mehrbedarf an staatlichen Entschädigungsleistungen zurückzuführen ist. Auch hierzu möchte ich Sie auf die Drucksache 15/3952, Seite 3, Antwort zu Frage 12, hinweisen, wonach das Münchner Institut Infratest Burke Rechtsforschung im Rahmen einer vom Bundesministerium der Justiz in Auftrag gegebenen rechtstatsächlichen Studie eine Prognose der Mehrkosten erarbeitet hat, die sich bei verschuldensunabhängiger Staatshaftung ergäben. Der im Ergebnis ausgewiesene hochgerechnete Betrag – damals noch auf DM-Basis – lag zwar im dreistelligen Millionenbereich für das Jahr 1995 (hochgerechnet für das Jahr 2000 etwa eine Mrd. DM), lässt aber meines Erachtens nicht die Aussage zu, dass die Verabschiedung eines Staatshaftungsgesetzes mit Blick auf zu hohe Kosten unterbleibe.
Unabhängig davon lässt sich meines Erachtens ein Staatshaftungsgesetz mit dem, was im Moment an staatlichen Unterstützungsmaßnahmen in Richtung Banken, Unternehmen und Bürgern umgesetzt wird, nicht wirklich vergleichen, wie Sie selbst schon richtig feststellen. Die Programme zur Stützung unserer Volkswirtschaft und die Maßnahmen zur Stützung der Kreditinstitute sind darauf gerichtet, schlimmere Schäden, wie sie im Zuge der weltweiten Finanzkrise eingetreten sind, in Deutschland zu verhindern bzw. die negativen Folgen dieser Krise auch auf die Realwirtschaft abzumildern. Hierbei bleiben die Bürgerinnen und Bürger keineswegs außen vor, wie Sie z. B. dem jüngst verabschiedeten Bürgerentlastungsgesetz entnehmen können, mit dem ab dem kommenden Jahr eine im Umfang von etwa 10 Mrd. Euro pro Jahr ermöglicht wird.
Mit freundlichen Grüßen
Eduard Oswald, MdB