Frage an Eduard Oswald von Ulrich P. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Oswald,
ich habe Ihre Antwort auf meine Fragen vom 7.06.09 erhalten. Leider muss ich feststellen, dass Sie nicht einmal im Ansatz auf diese Fragen eingegangen sind. Daher darf ich diese nochmals wiederholen: Warum wird das schuldhafte Verhalten der Verursacher des Finanz-skandals nicht aufgearbeitet?
Halten Sie es für ausgeschlossen, dass nach der Bundestagswahl die Rechnung für die neuen Schulden dem Steuerzahler präsentiert werden?
Ist es nicht zynisch, wenn Politiker vor der Wahl Steuererleichterungen versprechen, obwohl alle Fachleute Steuererhöhungen für uner- lässlich halten?
Warum Schuldengrenze erst am 2020, wenn die Mehrzahl der Abgeordneten, welche dieses Gesetz beschließen, nicht mehr in der Verantwortung sind? Ist es seriös, alle dringende Probleme auf den Sanktnimmerleins- tag zu verschieben? Woher kommt es, dass seit 40 Jahren jeder Finanzminister die Senkung der Staatsschulden ankündigt und die Staatschulden von Jahr zu Jahr weiter wachsen? Die Mitsprache des Staates bei Banken und Firmen ist dies mit der freien Marktwirtschaft vereinbar? Sie schreiben, "durch das höhere verfügbare Einkommen der Bürger wird nach meiner Einschätzung die Nachfrage angekurbelt und damit zusätzliches Wachstum hervorgerufen". Diese Aussage wird die Gewerkschaft bei den nächsten Tarifverhandlungen freuen. Ist damit zu rechnen, dass Sie Lohnforderungen der Gewerkschaften unterstützen (um die Kaufkraft anzukurbeln) oder berufen Sie sich dann auf den globalen Markt, welche höhe Lohnkosten die Wettbewerbsfähigkeit einschränken? Vielen Dank, wenn Sie auf meine Fragen eingehen und diese klipp und klar beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Parth
Sehr geehrter Herr Parth,
für Ihre weitere Zuschrift vom 15. Juni 2009 danke ich Ihnen. Allerdings teile ich Ihre Meinung nicht , ich sei in meiner Antwort auf Ihre Fragestellungen unzureichend eingegangen. Ich möchte aber die Gelegenheit wahrnehmen und einige Feststellungen noch einmal vertiefen.
Es ist keineswegs zynisch, von Steuererleichterungen zur Überwindung der augenblicklichen Krise zu sprechen. Ich bin ganz entschieden der Auffassung und hatte in meiner Antwort auch deutlich gemacht, dass es überzeugende Argumente gibt, gerade zur Bekämpfung der Krise weitere Steuersenkungen vorzunehmen. Nach meiner Vorstellung sollen die verfügbaren Einkommen der Bürger durch die Minderung der kalten Einkommensteuerprogression erhöht werden. Hierauf hat der Staat unmittelbaren Einfluss, anders als auf die Höhe etwaiger Tarifsteigerungen, die zwischen den Tarifparteien ausgehandelt werden. Die Tarifautonomie soll nicht angetastet werden. In diesem Punkt bitte ich, nicht missverstanden zu werden.
Was die öffentlichen Haushalte und die Übergangsfrist für die Schuldenbremse angeht, so betone ich noch einmal, dass die Schuldenbremse - bezogen auf den Bundeshaushalt - bereits im Jahre 2016 und nicht erst 2020 einsetzt. Das ist keine Vertagung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern eine Übergangsfrist, die angesichts der augenblicklich nicht zu vermeidenden Ausdehnung der Staatsschulden erforderlich ist. Gesetze müssen sich an dem orientieren, was machbar ist und sollten nur das verlangen, was realistisch auch erfüllbar ist. Grenzen, die nicht eingehalten werden können, sollten - und so verstehe ich auch seriöse Politik - nicht den Weg in das Gesetz finden. Deshalb ist das Jahr 2016 in meinen Augen auch richtig gewählt. Wir werden dann voraussichtlich eine wirtschaftliche Situation haben, die den weiteren Aufbau öffentlicher Schulden entbehrlich macht und können uns dem Abbau der Kredite zuwenden. Sie haben sicherlich nicht unrecht, wenn Sie die Höhe des Schuldenstandes des Staates beanstanden und an den über lange Zeit zugelassenen Schuldenaufwuchs erinnern. Der wissenschaftliche Hintergrund dieser Defizitfinanzierung sollte aber nicht ausgeblendet werden. Danach kann sich der Staat verschulden, um staatliche Nachfrage auszulösen und der Rezession entgegenzuwirken. Nicht zuletzt, weil es in den anschließenden Aufschwungphasen nicht gelungen ist, die Defizite wieder auszugleichen, kommen wir jetzt zur Einführung der Schuldenbremse.
Was die Bankenkrise betrifft, weise ich auf die juristischen Konsequenzen hin, die nach den Regeln unseres Rechtsstaates gegen die Verantwortlichen eingeleitet werden. Die Münchener Staatsanwaltschaft hat beispielsweise gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden der Hypo Real Estate wegen Veruntreuung von Bankvermögen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Auf parlamentarischer Ebene hat der Deutsche Bundestag einen Untersuchungsausschuss zur Klärung der Vorgänge um die Bank eingerichtet. In der Gesamtschau muss aber auch daran erinnert werden, dass die Krise vom amerikanischen Immobilienmarkt ausgegangen ist. Daher setzt sich im internationalen Kontext die Bundesregierung für die Verschärfung der Regulierungsregeln ein, um Barrieren gegen die Wiederholung einer solchen Finanzkrise aufzurichten.
Mit freundlichen Grüßen
Eduard Oswald, MdB