Frage an Edmund Geisen von Hermann J. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Dr. Geisen,
wie wollen Sie und Ihre Partei im Falle einer Regierungsbeteiligung nach der nächsten Bundestagswahl den Wettbewerbsnachteil der deutschen Landwirtschaft gegenüber den EU-Nachbarstaaten (z.B. Agrardieselbesteuerung) reduzieren?
Ein weiteres Problem ist die zunehmende und ausufernde Bürokratisierung.
Was wollen Sie dagegen konkret unternehmen?
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Jaax
Sehr geehrter Herr Jaax,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu zwei Themen, die mir und meiner Partei, der FDP, besonders am Herzen liegen.
1) Senkung der Besteuerung von Agrardiesel
Die FDP-Bundestagsfraktion kämpft schon seit Jahren als einzige Fraktion für ein gleiches Besteuerungsniveau von Agrardiesel in der EU. Ihre Bundestagsanträge wurden jedoch regelmäßig von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
Wir halten eine Kostenentlastung der heimischen Landwirtschaft angesichts der aktuellen Wirtschaftslage für mehr als überfällig und können nicht verstehen, wieso und mit welchen fadenscheinigen Argumenten sich die Große Koalition dagegen sperrt. Was in vielen Branchen wie der Schiff- und Luftfahrt mit dem Hinweis auf Wettbewerbsfähigkeit selbstverständlich ist - Steuerbegünstigungen oder sogar Steuerbefreiungen -, wird den Landwirten wegen angeblicher „Bevorteilung“ seit Jahren verweigert. Durch die mit Abstand höchste Besteuerung in der EU haben die Bauern hierzulande einen Wettbewerbsnachteil von durchschnittlich 40 bis 50 Euro pro Hektar gegenüber ihren europäischen Kollegen. Stattdessen wird versucht, mit öffentlichkeitswirksamen Appellen und "Runden Tischen" die katastrophale Lage z.B. der Milchbauern in den Griff zu bekommen. Purer Aktionismus - ein solcher "Milchgipfel" ist schon letztes Jahr gescheitert.
Wir werden in der nächsten Sitzungswoche erneut einen Antrag einbringen, in dem wir sowohl die Abschaffung des sog. Selbstbehalts bei der Agrardieselbesteuerung als auch die Kappung der Obergrenze von 10.000 l fordern sowie die Senkung der Ökosteuer und gleichzeitig auf eine Angleichung auf EU-Ebene drängen. Den Antrag finden Sie auf meiner Internetseite www.edmund-geisen.de.
2) Bürokratieabbau
Für Bürokratieabbau setzt sich die FDP-Bundestagsfraktion schon seit Jahren ein - nicht nur im Agrarbereich. Wir machen uns für strukturelle und nicht nur kosmetische Änderungen stark: wie z.B. für die Befristung von Gesetzen und Verordnungen, für ein alljährliches Rechtsbereinigungsgesetz und die Ersetzung unnötiger Behördengänge durch Möglichkeiten elektronischer Antragstellungen.Gerade erst hat die FDP-Bundestagsfraktion einen umfassenden Antrag zum Bürokratieabbau eingebracht (Drucksache 16/12470 vom 25.03.2009), in dem alle Maßnahmen noch einmal beschrieben werden.
Im Agrarbereich setzen wir uns darüber hinaus für eine strikte 1:1-Umsetzung von Europarecht ein und für die Eindämmung der Cross Compliance Auflagen - hier ist die Bundesregierung häufig über das vorgegebene Ziel hinausgeschossen. Jüngstes Beispiel: die Verabschiedung des Direktzahlungen-Verpflichtungen-Gesetzes im Agrarausschuss des Deutschen Bundestages. Mit diesem Gesetz wird die Einführung des sogenannten Erosionsgefährdungskatasters auf den 30.06.2010 verschoben. Die FDP lehnt dies grundsätzlich ab. Denn damit wird wieder einmal mit einem nationalen Alleingang über europäisches Recht hinausgegangen. Kein anderer europäischer Mitgliedstaat hat zur Umsetzung des Anhang 4 im Rahmen von Cross Compliance ein flurstückgenaues Erosionskataster geschaffen. Für die Landwirtschaft wird die Agrarpolitik der Bundesregierung immer mehr zu einem bürokratischen Mühlstein. Von einer 1:1-Umsetzung europäischen Rechts kann keine Rede mehr sein. Das Erosionsschutzkataster, der Tierschutz-TÜV und die schlagspezifische Aufzeichnung von Pflanzenschutzmitteln sind schwarz-rote Bürokratiemonster, die die deutschen Bauern teuer zu stehen kommen und deren Wettbewerbsfähigkeit schwächen. Das Gegenteil wäre in der jetzigen Wirtschaftskrise notwendig.
Grundsätzlich gilt für die FDP, dass gelernte Fachleute wie die deutschen Landwirte nicht ständig am Gängelband gesetzlicher Detailregelungen geführt werden müssen. Sie kennen ihre Materie selbst am besten und handeln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis. Aufgabe des Staates ist es, vernünftige und dem Allgemeinwohl verpflichtende Rahmenbedingungen festzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
Edmund Geisen