Frage an Edmond Jäger von Hartmut Frank M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Jäger,
zur Zeit spart das Land Baden-Württemberg bei der Bildung.
Viele nicht verbeamtete Lehrer müssen während der Sommerferien Hartz IV beantragen oder anderwo Jobs annehmen.
Andererseits bekommen nun die pensionierten Beamten in den meisten Bundesländern und des Bundes Erhöhungen,- von denen andere nur träumen können.
Die rot-grüne Regierung hat seinerseits veranlasst, dass die Renten schrittweise auf 43% gesenkt werden.
Beamte bekommen aber 71,75% ihres letzten Gehalts an Pensionen. In der Sendung "Presseclub" sah man deutlich, wie viele Privilegien Beamte haben. Sehen Sie keinen Gerechtigkeitskonflikt, wenn Beamte weiterhin 71,75% ihres letzten Gehalts bekommen?
Warum werden Beamte nach Lebensalter und Dienstzugehörigkeit bezahlt, selbst dann, wenn sie krak sind und andere kranke Menschen drängt man in das Hartz IV-System?
Ich denke, dass es ein großes Privileg ist, wenn man Beamten einen unbefristeten Job anbietet. Alle anderen Argumente die immer wieder zum Zwecke der Rechtfertigung dieser Bevorzugungen angeführt werden, halte ich für widerlegbar und interessengebunden. Die Bezüge vieler Politiker sind doch an die der Beamten gebunden, oder nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Frank Mueller
Sehr geehrter Herr Müller,
das einfachste zuerst: die Diäten von Abgeordneten sind nicht an die Beamtengehälter gebunden. Die Parlamente beschließen getrennt darüber.
Zum Bezug von Hartz IV während der Sommerferien oder Arbeitslosigkeit zwischen zwei Befristungen: da ich selbst Lehrer bin, kenne ich das aus dem Freundeskreis und der Familie. Es ist in der Tat ungerecht, dass die Sommerferien nach der geleisteten Arbeit eines Jahres nicht bezahlt werden. Damit nutzen die Länder, so auch Baden-Württemberg, junge Lehrer schamlos aus. Ich habe zusammen mit meinen Kolleginnen von der Jungen GEW auch den Protest dagegen mitorganisiert.
Tatsächlich wurde bei den Beamten, so zum Beispiel bei den Lehrern in den letzten Jahren gekürzt. Die Arbeitszeit der Lehrer wurde schon von der schwarz-gelben Landesregierung von 23 auf 25 Deputatsstunden an Gymnasien und 27 an den anderen Schulformen erhöht. Das soll einer Arbeitszeit von 42 Stunden entsprechen, ist in Wirklichkeit aber durch immer neue Zusatzaufgaben viel mehr.
Die Grün-Rote Landesregierung hat die Stunden gekürzt, die Lehrer erstattet bekommen, wenn sie zusätzliche Arbeit in der Schule übernehmen.
Die Beiträge des Landes zur Krankenversicherung wurden deutlich gesenkt.
Junge Lehrer erhalten 8 Prozent weniger Gehalt als ihre älteren Kollegen.
Die Landesregierungen weigern sich auch weiterhin einen Tarifvertrag für angestellte Lehrer zu unterschreiben. Im Dezember und im Frühjahr hat die GEW für einen Tarifvertrag und eine Gehaltserhöhung nach Jahren des Stillstands gestreikt und demonstriert. Viele beamtete Lehrer, so auch ich, haben die Streikenden unterstützt. Es gibt keinen Streit zwischen den angestellten und den beamteten Lehrern. Wir halten gegen einen Arbeitgeber zusammen, der den Staatshaushalt auf Kosten der Beschäftigten sanieren will, nachdem ihn die Bankenkrise aus der Bahn geworfen hat. Ich finde es sehr wichtig, nicht die Beschäftigten gegen einander auszuspielen.
Das Rentenniveau von 43 Prozent ist natürlich zu niedrig. Das hängt mit der verkehrten Privatisierungspolitik zusammen. Mit Milliarden Euro Steuergeld wird die private Rente gefördert, die auf dem Finanzmarkt gefährdet ist und von den meisten nicht wahrgenommen wird. Die Rente müsste aus Sicht der LINKEN dahingehend geändert werden, dass das Steuergeld in die Unterstützung der gesetzlichen Rente fließt und nicht in die Riesterrente. Langfristig müssen alle Einkommensarten in die gesetzliche Rente einfließen. Auch Selbstständige und Beamte sollten in Zukunft in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlen. Insofern bin ich dafür, dass Beamte und Angestellte in Zukunft in der gesetzlichen Rentenversicherung zusammen versichert sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Edmond Jäger