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Frage von Michael G. •

Frage an Edgar Wunder von Michael G. bezüglich Verbraucherschutz

Im Sternartikel „Das entmündigte Volk“ vom 31.07. wird beschrieben: „Nur noch fünf Prozent der Deutschen glauben, dass sie Politik durch Wahlen maßgeblich mitbestimmen können.“ 1) Was könnte man tun, um die Menschen wieder mehr für die Politik zu interessieren? Wären direkte Volksentscheide für sie eine Ergänzung zu unserem deutschen Demokratieprinzip?

Am 8. September 2009 soll im Bundestag ein Gesetz verabschiedet werden, das den Lissabonner Vertrag rechtsverbindlich macht. Der Vertrag hat Folgen, welche die im Grundgesetz verankerten Grundwerte Demokratie und Freiheit nach Meinung vieler Experten einschränken oder gefährden und überträgt wichtige Kompetenzen auf die EU-Ebene.

So soll zum Beispiel über militärische Einsätze in Zukunft auf EU-Ebene entschieden werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil bestätigt, dass über einen Militäreinsatz im Bundestag entschieden werden muss. Allerdings wird mit der Ausnahmeregelung bei „Gefahr im Verzug“ dennoch eine Möglichkeit geschaffen, ohne Legitimierung des Bundestags die Bundeswehr einzusetzen.
2) Welche Stellung beziehen sie hierzu? Wie stehen Sie zu einem Einsatz der Bundeswehr im Inland?

Desweiteren wird oft vom Herkunftslandprinzip gesprochen, welches europaweit zumindest zunächst im Dienstleistungssektor in allen Staaten der EU eine Vermischung unterschiedlicher Rechtsformen und Bezahlung nach Herkunftsland zulassen könnte.
3) Haben Sie diesbezüglich Bedenken ob in Deutschland eine Schwächung der Gewerkschaften erfolgen würde und ob ökologische sowie Lebensmittelstandards wie sie in Deutschland bestehen weiterhin eingehalten werden?

Die Diskussion in den Medien über solch gravierende Themen zeigt, dass der Lissabonner Vertrag weitreichende Konsequenzen für die Bürger der EU hat.
4) Sehen sie weitere kritische Punkte im Vertrag und denken sie, dass dieser Vertrag positive Veränderungen in Deutschland hervorrufen könnte?

Danke für Ihre Antworten! Viele Grüße,
Thomas Strobel & Michael Graf

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Graf, sehr geehrter Herr Strobel,

nur mehr tatsächliche politische Mitentscheidungsmöglichkeiten - auch und insbesondere zwischen den Wahlen!! - sind ein effektives Mittel, um wieder mehr Menschen für Demokratie begeistern zu können. Insofern erachte ich die Einführung von fair geregelten Volksentscheiden auf allen politischen Ebenen - sowie auch anderen direktdemokratischen Instrumenten wie z.B. Bürgerhaushalte - für unerläßlich. Sonst setzt sich die aktuell zu beobachtende Entwicklung zur "Postdemokratie" fort, also zu einem Regime, das nur noch vordergründig "demokratisch" ist, in dem aber tatsächlich eingespielte Oligarchien und nicht mehr die Bevölkerung das Sagen hat.

Zum Lissabon-Vertrag: In der Tat beinhaltet dieser Vertragsentwurf die Gefahr einer immer weiteren Militarisierung europäischer Politik, bei gleichzeitiger Verschlechterung sozialer Standards. Deshalb hat DIE LINKE den Vertragsentwurf auch abgelehnt. Ausführlichere Informationen finden Sie dazu hier:
http://die-linke.de/wahlen/positionen/themen_az/io/lissabonvertrag/

Die Linke ist grundsätzlich für europäische Integration und deren weitere Vertiefung. Sie lehnt den Lissabon-Vertrag also nicht aus "nationalistischen" Gründen ab. Ich bin vielmehr überzeugt, dass dieser Vertrag eine weitergehendere europäische Integration ernsthaft gefährdet, indem er schwerwiegende Demokratie-Defizite der EU zementiert und die Bevölkerung dadurch nur noch weiter vor den Kopf stößt. Eine umfassende kritische Erörterung des Lissabon-Vertrags, die übrigens unabhängig von meiner Partei entstanden ist, finden Sie hier: http://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdfarchiv/bund/buch-europa-nicht-ohne-uns.pdf Dies empfehle ich allen zur Lektüre, die sich ein fundiertes Urteil zum Lissabon-Vertrag bilden möchten.

Beste Grüße

Edgar Wunder