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Frage von Wilfried M. •

Frage an Edgar Franke von Wilfried M. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Dr. Franke,

den praktizierenden Facharzt -und Kommunalpolitiker- Dr. med. Döllein (CSU) erinnerten die - unter Beteiligung auch von Verantwortlichen der Bertelsmann- Stiftung über das Land gebrachten - Veränderungen im Gesundheitswesen schon 2007 an das Vorgehen des Scientology- Systems: "Ich muss gestehen, dass mich der extrem apodiktische Anspruch und die verlockenden Heilsbotschaften leider an die Ideen von Scientology erinnert haben, jedoch habe ich bei allen Recherchen keine Verbindung entdecken können und behaupte dies auch nicht. Letztendlich ist dies aber wohl auch der Grund, warum auf zahlreichen Internetseiten von der "Mohn-Sekte" gesprochen wird und gerade wir Deutschen müssen immer hellhörig werden, wenn jemand für sich allein den Anspruch proklamiert, zu wissen, was eine bessere Welt ist. Eine Frage, die sich mir ständig stellt, ist, wie verfassungskonform ein Lobbyismus ist, bei dessen Nichtbeachtung unsere Volksvertreter fürchten müssen, über die Vernichtung in den Medien ihren Job zu verlieren. Wenn ein Beruf, wie der des Politikers so stark von der öffentlichen Meinung abhängt und diese Meinungsbildung in den Händen zweier netter Damen liegt, wie viel ist dann eigentlich unsere Demokratie noch wert?" (Link 1).

Mich interessiert zunächst, was Sie Jahre später zu der Hypothese sagen, die Veränderungen paßten tatsächlich zum Scientology- Kapitalismus, also einem neuen Faschismus lt. Dr. KELTSCH (2), Autor von "Was ist Scientology?..." (3).

Gibt es innerhalb Ihrer Partei gar keinen offenen Diskurs über dieses totalitäre "Werte"-/ Gesellschaftsmodell, für das weltweit auch eine Art Privatstasi (nämlich das "OSA", 4) agiert ?

Mit frdl. kolleg. Gruß
Dipl. med. W.
Facharzt (Anatomie, Psychiatrie, Psychotherapie)a.D.

1) http://www.nachdenkseiten.de/?p=2965
2) http://www.ingo-heinemann.de/Muelltonnen.htm#Keltsch
3) http://www.wilfriedmeissner.de/pdf/was_ist_so_dtsch.pdf
4) http://www.wilfriedmeissner.de/pdf/Geheimdienst-LfV-HH.pdf

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Meißner,

ich verstehe Ihre Fragen wie folgt:

Erste Frage: Passen die Veränderungen im Gesundheitswesen zum Scientololgy-Kapitalismus?

Zweite Frage: Gibt es in der SPD keinen offenen Diskurs über das „Geschäftsmodell“ von Scientology?

Ich will die zweite Frage vorweg nehmen. In der SPD ist es unzulässig, dass die Mitglieder gleichzeitig bei der Scientology-Organisation Mitglied sind. Das können Sie beispielsweise bei Ihrer „Quelle“ Ingo Heinemann nachlesen (siehe http://www.ingo-heinemann.de/Unvereinbarkeit.htm ). Desweiteren hat sich die SPD sehr wohl immer wieder mit Scientology auseinander gesetzt. Der damalige Sektenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Jörn Thießen, hat sich 2008 intensiv damit auseinander gesetzt und informiert (siehe zum Beispiel: http://www.spd-net-sh.de/thiessen/images/user_pages/scientology.pdf ). Die Parteigliederungen der SPD gerade auf Landesebene weisen immer wieder auf die Vorgehensweise und Aktivitäten hin und bekämpfen Scientology.

Zu Ihrer ersten Frage muss ich gleich klarstellen, dass ich das so überhaupt nicht sehe. Sicherlich gibt es zum Teil erhebliche Einflüsse auf die Gesundheitspolitik durch Lobbyisten - dieser Aspekt erscheint mir der Kern Ihrer Frage zu sein. Und sicherlich gehört die Bertelsmann Stiftung zu den einflussreichsten eher neoliberalen Denkfabriken im Land, auch im Gesundheitswesen. Und auch ich sehe es eher kritisch, da sich das vom Staat zu vertretende Gemeinwohlinteresse mit den aus Lobbykreisen vorgetragenen Vorschlägen nur selten deckt.

Doch gerade die Parlamentarier tragen selbst die Verantwortung dafür, sich nicht zum Spielball fremder Interessen machen zu lassen. Man muss sich dennoch alle Positionen anhören, um sich nicht nur einzelne Meinungen zu Eigen zu machen. Hierzu bedienen wir uns im Gesundheitsausschuss öffentlicher Anhörungen.

Es sind vor allem die finanzstarken Interessengruppen, die über leistungsfähige Apparate verfügen, mit denen es der einzelne Parlamentarier kaum aufnehmen kann. Es besteht dann die Gefahr, dass Patientinnen und Patienten das Nachsehen haben, wenn man kritiklos Einzelinteressen übernimmt. Entscheidend ist jedoch, dass wir unsere Gesundheitspolitik am Wohl der Patientinnen und Patienten ausrichten.

Die Gesundheitspolitik ist für mich von besonderer Wichtigkeit. Sie muss sich an der höheren Lebenserwartung der Menschen und dem medizinisch-technischen Fortschritt orientieren. Als Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag setze ich mich für die solidarische Absicherung der allgemeinen Lebensrisiken ein. Dazu gehört ein breites Angebot an Haus- und Fachärzten und eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung gerade in den ländlichen Regionen. Herrn Döllein muss ich widersprechen. Der Hausarztmangel auf dem Land ist nicht das Ergebnis von Einsparbemühungen. Hier sind strukturelle Probleme zu beheben, an denen wir längst arbeiten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Edgar Franke, MdB

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