Frage an Edgar Franke von Peter L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Franke,
mit Erstaunen las ich von einem geplanten MwSt-Aufschlag für bestimmte Lebensmittel, der angeblich im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung erhoben werden soll. Dazu habe ich einige Fragen:
1. Wäre es nicht erheblich verbraucherfreundlicher, statt einer Steuererhöhung endlich die Nährstoffampel einzuführen, damit der Verbraucher eine bessere Übersicht bekommt?
2. Warum ist es immer noch nicht vorgeschrieben, wirklich JEDEN Alkoholgehalt in Lebensmitteln zwingend zu deklarieren, was gesundheitspolitisch sehr wirksam wäre.
3. Soll diese Steuer auch für Grundnahrungsmittel wie Zucker gelten? Der hat sicherlich einen enorm hohen Kaloriengehalt, wird aber im Haushalt i. d. R. eher sparsam verwendet. Warum Produkte des täglichen Bedarfs künstlich verteuern, anstatt endlich eine übersichtliche Verbraucheraufklärung betreiben?
4. Wie würde die fällige Preiserhöhung sich auf die Höhe von Sozialleistungen auswirken? Diese Grundnahrungsmittel, die davon betroffen wären, machen einen großen Teil des monatl. Bedarfs aus. Je niedriger das Einkommen, desto höher die Kosten für Grundnahrungsmittel.
5. Wie sieht es im Gegenzug mit einer Reduzierung der Steuer für "gesunde" Lebensmittel aus? Das wäre ein Ansatz, der für Finanzpolitiker wahrscheinlich nicht so gerne gesehen wird, aber sicherlich mehr Akzeptanz finden würde. Man kann nicht nur durch höhere Steuern sanktionieren, man kann auch durch niedrige Steuern Anreize schaffen.
6. Soll das der Anfang einer Abschaffung des reduzierten Steuersatzes sein? Es wurde oft davon gesprochen, die MwSt zu vereinfachen, stattdessen wäre das ein dritter Steuersatz - noch dazu wäre es sehr kompliziert, die dazu gehörigen Artikel festzulegen. Oder wollen Sie allen Ernstes auch z.B. Bananen hiermit besteuern, die nach der vorgeschlagenen Definition so behandelt werden müssten?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Lassen
Sehr geehrter Herr Lassen,
gern nehme ich Stellung.
Sie schrieben: „Mit Erstaunen las ich von einem geplanten MwSt-Aufschlag für bestimmte Lebensmittel, der angeblich im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung erhoben werden soll.“
Das Thema ist nicht neu. Meine Vorschläge sind durchaus im Interesse der Bevölkerung. Nicht nur von Diabetes- und Ernährungsverbänden werden ähnliche Vorschläge gemacht, sondern auch in vielen europäischen Ländern werden solche diskutiert und auch tatsächlich umgesetzt. Die „Soda-Tax“ in den USA oder die Kalorienabgabe in Mexiko sind Beispiele dafür. Meine Ausführungen wurden in den Medien plakativ auf eine Steuer reduziert und meine gesamtkonzeptionellen Ausführungen nicht berücksichtigt.
Entscheidend ist: Der ungesunden Ernährung kommt als Risikofaktor eine große gesundheitspolitische und ökonomische Bedeutung zu. Vor dem Hintergrund der weitreichenden Folgen der Fehlernährung für das deutsche Gesundheitssystem, ist die Frage nach geeigneten Maßnahmen ein aktuelles und drängendes Diskussionsthema.
Nun zu Ihren Fragen.
Frage: Wäre es nicht erheblich verbraucherfreundlicher, statt einer Steuererhöhung endlich die Nährstoffampel einzuführen, damit der Verbraucher eine bessere Übersicht bekommt?
Antwort: Eine Gesundheitsabgabe, wie ich sie bezeichnen möchte, muss immer Teil eines Gesamtkonzepts für gesunde Ernährung sein. Wir brauchen eine effektive Strategie gegen das Ansteigen der Volkskrankheiten Adipositas, Diabetes und Herzkreislauferkrankungen, nachdem der bloße Appell an die individuelle Verhaltensänderung weitgehend gescheitert ist.
Daher verbinde ich mit einer Gesundheitsabgabe, dass Anreize entstehen, mehr gesündere Lebensmittel anzubieten und dass mehr Geld für Prävention, d. h. für Krankheitsvorbeugung und Gesundheitsförderung ausgegeben werden kann. Gleichzeitig möchte ich durch eine Mehrwertsteuersenkung besonders gesunde Lebensmittel steuerlich entlasten und damit billiger machen. Generell muss das Ernährungsbewusstsein geschärft werden.
Folgende Maßnahmen kommen in Betracht und sollten diskutiert werden:
1. Besteuerung genau bezeichneter besonders kalorienreicher, ballaststoffarmer Produkte, z. B. Fast-Food, Chips etc.
2. Besteuerung von Softdrinks (die sog. „Soda-Tax“), d. h. auf Getränke, die einen besonders hohen Zuckeranteil haben.
3. Verbesserte Nährwertkennzeichnung (das sog. „Ampelsystem“).
4. Werbeverbot für besonders übergewichtsfördernde Produkte am Tag, da Kinder den Verführungen schutzlos ausgeliefert sind.
Sie sehen, auch die „Ampelkennzeichnung“ ist Bestandteil meiner Konzeption. Es gilt nicht „entweder-oder“ sondern ein „als wohl wie auch“.
Frage: Warum ist es immer noch nicht vorgeschrieben, wirklich JEDEN Alkoholgehalt in Lebensmitteln zwingend zu deklarieren, was gesundheitspolitisch sehr wirksam wäre.
Antwort: Sie sprechen versteckte Alkohole in Lebensmitteln an. Untersuchungen zeigen, das Lebensmittel versteckte Alkoholgehalte haben, die vornehmlich zur Konservierung eingesetzt werden. Zumeist zwar nur geringe Alkoholgehalte, die für die allgemeine Bevölkerung wenig bedenklich sind. Trotzdem sind diese Lebensmittel dennoch nicht völlig alkoholfrei und sollten auch, da haben Sie sicherlich Recht, auch gekennzeichnet werden
Frage: Soll diese Steuer auch für Grundnahrungsmittel wie Zucker gelten? Der hat sicherlich einen enorm hohen Kaloriengehalt, wird aber im Haushalt i. d. R. eher sparsam verwendet. Warum Produkte des täglichen Bedarfs künstlich verteuern, anstatt endlich eine übersichtliche Verbraucheraufklärung betreiben?
Antwort: Eine Gesundheitsabgabe auf bestimmte besonders fetthaltige bzw. zuckerreiche Produkte könnte das Ernährungsbewusstsein vieler, gerade auch junger Menschen, schärfen und die Industrie dazu bewegen, bestimmte Produkte kalorien- oder zuckerärmer anzubieten. Grundnahrungsmittel wie Käse, Reis, Nudeln oder etwa Wurst sollten allerdings grundsätzlich von einer solchen Steuer ausgenommen bleiben.
Es geht nicht um eine künstliche Verteuerung der Produkte des täglichen Bedarfs. Eine Gesundheitsabgabe auf bestimmte besonders fetthaltige bzw. zuckerreiche Produkte könnte das Ernährungsbewusstsein vieler, gerade auch junger Menschen, schärfen und die Industrie dazu bewegen, bestimmte Produkte kalorien- oder zuckerärmer anzubieten. Grundnahrungsmittel wie Käse, Reis, Nudeln oder etwa Wurst sollten allerdings grundsätzlich von einer solchen Abgabe ausgenommen bleiben, erst recht natürlich Produkte, die viele ungesättigte Fettsäuren beinhalten.
Eine Zuckersteuer gab es im Übrigen in Deutschland bis in die 90er Jahre und zum Beispiel heute noch in vielen nordischen Ländern wie in Finnland. Ich würde aber eine Abgabe ausschließlich auf extrem zuckerreiche Softgetränke beschränken wollen.
Frage: Wie würde die fällige Preiserhöhung sich auf die Höhe von Sozialleistungen auswirken? Diese Grundnahrungsmittel, die davon betroffen wären, machen einen großen Teil des monatlichen Bedarfs aus. Je niedriger das Einkommen, desto höher die Kosten für Grundnahrungsmittel.
Antwort: Relativ gesehen stimmt die Aussage. Es sollte aber meines Erachtens möglich sein, bei gesünderer Ernährung nicht mehr aufwenden zu müssen, als bisher.
Im Übrigen: Gesundheitsexperten schätzen die jährlichen Kosten infolge der zusätzlichen Gesundheitsaufwendungen aufgrund falscher Ernährung auf rund 17 Milliarden Euro. Das belastet und verteuert das Gesundheitssystem und betrifft damit uns alle.
Frage: Wie sieht es im Gegenzug mit einer Reduzierung der Steuer für "gesunde" Lebensmittel aus? Das wäre ein Ansatz, der für Finanzpolitiker wahrscheinlich nicht so gerne gesehen wird, aber sicherlich mehr Akzeptanz finden würde. Man kann nicht nur durch höhere Steuern sanktionieren, man kann auch durch niedrige Steuern Anreize schaffen.
Antwort: Sehen Sie? Genau das ist ein wesentlicher Bestandteil meines Konzeptes. Ich bin Gesundheitspolitiker, nicht Finanzpolitiker.
Frage: Soll das der Anfang einer Abschaffung des reduzierten Steuersatzes sein? Es wurde oft davon gesprochen, die MwSt zu vereinfachen, stattdessen wäre das ein dritter Steuersatz - noch dazu wäre es sehr kompliziert, die dazu gehörigen Artikel festzulegen. Oder wollen Sie allen Ernstes auch z.B. Bananen hiermit besteuern, die nach der vorgeschlagenen Definition so behandelt werden müssten?
Antwort: Das Mehrwertsteuer ist unübersichtlich und ungerecht zu dem. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz wird nicht abgeschafft. Wir können aber einen Beitrag dazu leisten, das Mehrwertsteuersystem insgesamt gerechter und familienfreundlicher zu gestalten. Es ist nicht einzusehen, dass Fertiggerichte mit dem ermäßigten Satz, Mineralwasser und Babywindeln jedoch mit dem vollen Steuersatz besteuert werden.
Insofern sind meine Ausführungen vor allen Dingen auch ein Beitrag dazu, das Mehrwertsteuersystem gerechter zu gestalten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Edgar Franke