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Edelgard Bulmahn
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Frage von Daniel O. •

Frage an Edelgard Bulmahn von Daniel O. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Bulmahn,
der Armutsbericht zeigt, dass gerade für junge Menschen, die sich für Kinder entscheiden, der finanzielle Spielraum gegen null läuft.
Das Ziel, die Geburtenrate zu erhöhen, sollte nach Möglichkeit nicht an finanzielle Überlegungen gekoppelt sein.
Dementsprechend kann ich nicht verstehen, warum eine Diätenerhöhung in sehr kurzer Zeit den Abgeordneten vorliegt, aber über die Erhöhung des Kindergeldes bislang noch immer nicht Klarheit herrscht. Warum ist die Kindergelddebatte an Überlegungen zum Haushalt gekoppelt, Ihre Diätenerhöhung aber selbstverständlich davon losgelöst?
Mit großer Verärgerung haben wir in Ihrem Wahlkreis gesehen, dass sie sehr schnell für eine deutliche Erhöhung Ihrer Diäten gestimmt haben. Leider haben sie Ihre Wähler und zukünftigen Wähler dabei vergessen.
Deshalb meine Frage: Wann wird die Erhöhung des Kindergeldes beschlossene Sache sein (sprich, wann wird für die Kinder auf dem Konto nicht mehr 154 € überwiesen, sondern spürbar mehr) und für welche Kindergeldhöhe wird die SPD kämpfen? Früher war als Familienvater die SPD die Partei, die meine Interessen vertritt. Zurzeit ist da aber eher die CDU die Partei, die meine Interessen in Bezug auf Familie vertritt. Den Vorschlag der CDU, das Kindergeld für das zweite Kind deutlich zu erhöhen kann ich nur befürworten. Ist das auch Ihre Meinung?
Mit freundlichen Grüßen
D. Otto

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Otto,

vielen Dank für Ihre Anfrage bei Abgeordnetenwatch vom 27. Mai 2008. Gerne nehme ich Stellung zu Ihrem Anliegen.

Lassen Sie mich zunächst anmerken, dass es keine Erhöhung der Abgeordnetendiäten entsprechend der Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst geben wird.

Für die SPD ist der Einsatz für Kinder und Familien ein Kernstück ihrer Politik. Daher wurde in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung das Kindergeld von 112 Euro auf aktuell 154 Euro erhöht. Dies ist eine Steigerung von über 37 Prozent. Gleichzeitig haben wir die Kinderfreibeträge bei der Einkommenssteuer konsequent erhöht - von 3.534 Euro im Jahr 1998 auf 5.808 Euro seit dem Jahr 2002.

Für erwerbstätige Eltern, die mit ihrem Einkommen ihren eigenen Lebensunterhalt, nicht aber den ihrer Kinder decken können, haben wir 2005 einen Kinderzuschlag eingeführt. Der Kinderzuschlag in Höhe von bis zu 140 Euro pro Monat und Kind soll verhindern, dass diese Eltern ihr Erwerbseinkommen mit Leistungen der Grundsicherung nach SGB II (ALG II) aufstocken müssen.

Zusätzlich wurde auf SPD-Initiative hin im Koalitionsvertrag vereinbart, den Kinderzuschlag weiter zu entwickeln und das Antragsverfahren zu vereinfachen, um künftig mehr Kinder und Familien aus dem Bezug von ALG II herauszuholen. Der sich derzeit in 1. Lesung im Bundestag befindliche Gesetzentwurf zur Änderung des Bundeskindergeldes sieht einheitlich festgelegte Einkommensgrenzen für Eltern, die Anspruch auf einen Kinderzuschlag haben, vor - 600 Euro für Alleinerziehende und 900 Euro für Paare. Das Gesetz soll zum 1. Oktober dieses Jahres in Kraft treten. Dadurch werden ab 2009 106.000 Familien mit 250.000 Kindern anstatt den bislang 36.000 Familien mit 100.000 Kindern erreicht. Zudem wurde das Antragsverfahren vereinfacht.

Der Armutsbericht stellt fest, dass das Armutsrisiko von Kindern eng gekoppelt ist an die Frage, ob die Eltern berufstätig sind oder nicht. Nur 4% der Kinder sind von Armut betroffen, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Dagegen liegt dieses Armutsrisiko bei 48%, wenn kein Elternteil einer Beschäftigung nachgeht. Berufstätigkeit und Kindererziehung miteinander vereinbaren zu können, ist daher das A und O, um Kinderarmut zu verhindern. Das war ein Grund, warum ich selbst als SPD-Ministerin 2002 das Ganztagsschulprogramm des Bundes mit 4 Mrd. Euro auf den Weg gebracht habe ? und meine Kollegin Renate Schmidt 2004 das Ausbauprogramm für Kinderkrippen mit 1,5 Mrd. Euro. Diesen erfolgreichen familienpolitischen Weg wollen wir auch in Zukunft fortsetzen.

Weitere wichtige Schritte sind die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns sowie der weitere Abbau von Arbeitslosigkeit. Hier haben wir mit der Einführung branchenbezogener Mindestlöhne einen ersten Schritt gemacht, sind aber noch nicht am Ziel. Die Arbeitslosigkeit ist stark gesunken, aber es sind noch zu viele Menschen in sehr schlecht bezahlten oder Leiharbeitsverhältnissen.

Eine weitere Erhöhung des Kindergeldes ist sicher ein sinnvoller Schritt. Allerdings muss er begleitet werden von einem weiteren Ausbau von Kindergärten und Schulen zu Ganztagseinrichtungen. Dies ist im Übrigen auch nötig, um die wichtige Qualitätsverbesserung von Bildung und Erziehung zu erreichen. Das jetzt vorliegende Konzept von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen sieht eine Staffelung des Kindergeldes ab dem dritten Kind vor: 90% aller Familien in Deutschland haben ein oder zwei Kinder; lediglich 10% der Familien haben drei oder mehr Kinder. Uns reicht dieser Vorschlag nicht, weil wir ein Konzept wollen, das allen Kindern in Deutschland zugute kommt, besonders den Kindern aus einkommensschwachen Familien.

All dies muss geleistet werden, während gleichzeitig die Verschuldung der öffentlichen Haushalte eingedämmt und verringert werden muss. Denn auch dies sind wir unseren Kindern schuldig! Die Bundesregierung plant, bis 2011 einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden vorzulegen und so auch auf Dauer Mittel zur gezielten Förderung politischer Zukunftsbereiche wie Bildung und Forschung und damit für Investitionen in unsere Kinder bereitstellen zu können. Dies ist dringend erforderlich, denn alleine im Bildungsbereich müssten jährlich ca. 12 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden, um zu den in den PISA-Studien so erfolgreichen skandinavischen Ländern aufschließen zu können.

Moderne Kinder- und Familienpolitik ist eine gemeinsame Aufgabe von Kommunal-, Landes- und Bundespolitik wie auch von Wirtschaft und Gesellschaft. Ein familienfreundliches Unternehmen mit familienfreundlichen Arbeitszeiten ist immer noch nicht selbstverständlich. Wir wollen eine Gesellschaft, in der Kinder glücklich aufwachsen und eine gute Zukunft haben. Dies ist für uns ein Herzensanliegen.

Mit freundlichen Grüßen
Edelgard Bulmahn