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Frage von Jürgen S. •

Frage an Edelgard Bulmahn von Jürgen S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Demnächst soll im Bundestag über das von Justizminister Maas vorangetriebene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) abgestimmt werden, das die sogenannte Hasskriminalität im Internet eindämmen soll.

Es gibt in der Digitalwirtschaft und bei Bürgerrechtlern erhebliche Bedenken gegen das NetzDG, Rechtsgutachen bezeichnen es als verfassungs- und europarechtswidrig, die NGO Reporter ohne Grenzen bezeichnete es gar als Steilvorlage für Diktatoren und Autokraten.

Wie werden Sie sich in der Abstimmung über das NetzDG verhalten?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Seeger,

vielen Dank für Ihre Frage auf diesem Portal.
Wir stellen gegenwärtig massive Veränderungen des gesellschaftlichen Diskurses im Netz und insbesondere in den sozialen Netzwerken fest. Unwahrheiten, falsche Behauptungen, Verleumdungen, Hassreden und sonstige verbale Attacken sind in immer größerer Zahl zu finden. Gezielte Falschmeldungen, Propaganda und Hassreden, die nicht effektiv bekämpft und verfolgt werden können, bergen eine große Gefahr für das friedliche Zusammenleben und für die freie, offene und demokratische Gesellschaft. Das Recht auf Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut und schützt den offenen Diskurs in einer lebendigen Demokratie. Aber: Die Meinungsfreiheit endet da, wo das Strafrecht aus guten Gründen Bedrohung, Verleumdung und Verfolgung unter Strafe stellt.

Es ist daher rechtlich notwendig gegen denjenigen vorzugehen, der volksverletzende oder verunglimpfende Inhalte postet. Aber auch die Anbieter der sozialen Netzwerke haben eine Verantwortung, der sie endlich gerecht werden müssen. Das geltende Recht sieht bereits heute vor, dass soziale Netzwerke rechtsverletzende Inhalte ihrer Nutzer löschen müssen, sobald sie davon Kenntnis haben. Da das bisherige Instrumentarium und die zugesagten Selbstverpflichtungen seitens der sozialen Netzwerke jedoch nicht ausreichend greifen und es erhebliche Probleme bei der Durchsetzung des geltenden Rechts gibt, benötigen wir einen erweiterten Ordnungsrahmen für soziale Netzwerke. Um das geltende Recht wirksamer durchsetzen zu können, bedarf es einer Kombination aus rechtlichen Vorgaben, insbesondere hinsichtlich des vorzuhaltenden Beschwerdemanagements, effektiver Strafverfolgung aber auch eines größeren zivilgesellschaftlichen Engagements. Strafverschärfungen sind m.E. nicht erforderlich, das Gesetz schafft daher auch keine neuen Straftatbestände. Es geht nicht um ein Fake-News-Verbot oder um Zensur und auch nicht um Netzsperren. Es geht um die Durchsetzung des geltenden Rechts und um die Verfolgung von Rechtsverletzungen, auch in den sozialen Netzwerken.

Das Kabinett hat den Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungs-Gesetz - NetzDG) beschlossen und in den Bundestag eingebracht. Dort wird es zurzeit beraten. Der Gesetzentwurf zielt darauf, Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten auf den Plattformen sozialer Netzwerke wirksamer zu bekämpfen. Dazu zählen beispielsweise Beleidung, üble Nachrede, Verleumdung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung und Bedrohung. Vorgegeben werden mit dem Gesetzentwurf verbindliche Standards für ein wirksames und transparentes Beschwerdemanagement. So werden die Betreiber sozialer Netzwerke verpflichtet, offensichtlich strafbare Inhalte spätestens 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren, in komplizierten Fällen soll spätestens binnen 7 Tagen entschieden werden. Hierzu müssen sie ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden über strafbare Inhalte anbieten und die Beschwerden unverzüglich zur Kenntnis nehmen sowie auf strafrechtliche Relevanz prüfen. Zum Umgang mit Beschwerden über strafbare Inhalte auf ihren Plattformen müssen soziale Netzwerke künftig öffentlich Bericht erstatten. Schließlich sieht der Entwurf vor, dass Anbieter von sozialen Netzwerken einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten vorhalten müssen. Zuwiderhandlungen gegen diese Verpflichtungen werden mit empfindlichen Bußgeldern geahndet.

Mit dem Gesetz sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, die Rechtsdurchsetzung in den sozialen Netzwerken endlich zu verbessern. Hierzu ist dieser Gesetzvorschlag ein wichtiger Baustein. Wir werden im parlamentarischen Verfahren prüfen, welche Änderungen notwendig sind, etwa zum Schutz vor Overblocking oder auch beim Auskunftsanspruch. Notwendig ist darüber hinaus ein stärkeres zivilgesellschaftliches Engagement, um beispielsweise Betreiber auf entsprechende Inhalte hinzuweisen und Rechtsverletzungen anzuzeigen, da Löschung von strafbaren Inhalten allein keine ausreichende Lösung darstellen. Auch müssen Politik und Gesellschaft immer wieder deutlich machen, dass sie nicht bereit sind, Hassreden und rechtsverletzende Äußerungen einfach hinzunehmen– online wie offline. Wenn in Diskussionen die Würde von Menschen angegriffen oder diese diffamiert werden, muss entschieden widersprochen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Edelgard Bulmahn