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Edelgard Bulmahn
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Frage von Eberhard H. •

Frage an Edelgard Bulmahn von Eberhard H. bezüglich Finanzen

Wie stehen sie zur Diäten Erhöhung für Abgeordnete im Vergleich zur sogenannten "Rentenerhöhung" ?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Heisig,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 11. November 2007.

In diesen Tagen wird öffentlich über das Einkommen der Abgeordneten diskutiert. Das finde ich gut. Transparenz hat noch niemandem geschadet und wer ein öffentliches Amt wahrnimmt, muss sich Fragen zum Beispiel nach seinem Einkommen gefallen lassen. Gerne antworte ich Ihnen daher und schreibe Ihnen meine Meinung zur Höhe der Abgeordnetenentschädigung, den Diäten.

Abgeordnete haben nach Artikel 48 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz (GG) und der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung ("Diät") und eine entsprechende Altersentschädigung (Ruhegeld), die der Besoldung folgt. Beide wurden zuletzt zum 1. Januar 2003 angehoben.

Die Bundestagsabgeordneten erhalten monatlich ein "Gehalt" von derzeit 7.009 Euro brutto. Diese Abgeordnetenentschädigung ist wie alle Einkommen (Lohne, Gehälter) zu versteuern. Bei der Einführung der Pflegeversicherung in Deutschland wurde vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Feiertag gestrichen. Da die Abgeordneten jeden Tag Abgeordnete sind, konnte man ihnen natürlich keinen Feiertag streichen, deshalb wurde das ausgezahlte "Gehalt" reduziert auf aktuell 6.989,80 Euro. Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, ein dreizehntes Monatsgehalt oder ähnliches bekommen Abgeordnete nicht.

Die Abgeordneten verdienen damit mehr als viele ihrer Wählerinnen und Wähler. Es wäre deshalb auch falsch, wenn sich Abgeordnete darüber beklagten, dass sie zu wenig verdienen. Natürlich sind diese 7.009 Euro weniger als das Monatsgehalt vieler Führungskräfte in der Wirtschaft, den Verbänden, den Gewerkschaften, und dazu muss man gar nicht auf die höchsten Hierarchiestufen schauen. Trotzdem: kein Abgeordneter leidet an Armut.

Niemand macht Politik - oder sollte Politik machen -, weil er oder sie Geld verdienen will. Auch ein gut verdienender Rechtsanwalt, eine Managerin, ein Unternehmer, ein gut bezahlter Wissenschaftler oder eine gut verdienende Künstlerin kann in die Berufspolitik gehen. Das geschieht auch. Sie müssen aber wissen, dass sie ihr früheres Einkommen dabei nicht wieder erreichen, sondern weniger verdienen werden. Das ist bei einem öffentlichen Amt auch zumutbar, soweit zum Beispiel die Abgeordnetenentschädigung nicht zu gering und angemessen ist.

Bei der Höhe der Abgeordnetenentschädigung ist vor allem die Frage zu beantworten, was ist angemessen. Was ist angemessen für einen Wahlkreisabgeordneten oder eine Wahlkreisabgeordnete, die die Interessen von ca. 250.000 Bürgerinnen und Bürgern vertreten? Was ist angemessen für die Abgeordneten, die über die Zukunft unserer Kranken- und Rentenversicherung, über die Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik und darüber entscheiden, welche Steuern wir zahlen sollen.

Der Bundesgesetzgeber hat den verfassungsrechtlichen Vorgaben und den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts bei der Verabschiedung des Abgeordnetengesetzes im Jahre 1977 Rechnung getragen, indem er als Orientierungsgröße für die Entschädigung der Abgeordneten die Bezüge solcher Amtsinhaber, die einer mit den Abgeordneten vergleichbaren Verantwortung und Belastung unterliegen, wählte. Als vergleichbar mit den Abgeordneten, die Wahlkreise mit 200 bis 300 Tausend Wahlberechtigten vertreten, wurden Bürgermeister kleiner Städte und von Gemeinden mit 50 bis 100 Tausend Einwohnern angesehen. Sie erhalten als kommunale Wahlbeamte auf Zeit eine Vergütung der Besoldungsgruppe B6. Allerdings erhalten kommunale Wahlbeamte zusätzlich einen Dienstwagen und eine erheblich höhere Pension nach einer erheblich kürzeren Zeit, so erhalten sie zum Beispiel nach einer Amtszeit 75 Prozent ihrer Bezüge.

Die Bezugshöhe kommunaler Wahlbeamte kleiner Städte wurde bisher nie erreicht. Bei der Verabschiedung des Abgeordnetengesetzes im Jahre 1977 betrug die gesetzlich festgesetzte Entschädigung 91,21 Prozent der Bezüge der Besoldungsgruppe B6. Dieses Verhältnis veränderte sich nicht zuletzt aufgrund wiederholter Nullrunden bis 1994 auf 76,67 Prozent. In den Folgejahren näherte sich die Abgeordnetenentschädigung den Bezugsgrößen zwar an und beträgt seit 1. Januar 2003 monatlich 7.009 Euro. Zu den Monatsbezügen der Besoldungsgruppe B6/R6 in Höhe von rund 7.668 Euro (bei Verheirateten, ohne Kinder) besteht derzeit aber immer noch eine Differenz von 659 Euro; das sind 9,4 Prozent. Werden, wie heute im Gesetz vorgesehen, die Sonderzahlungen anteilig berücksichtigt, ist die Differenz sogar noch etwas größer (ca. 900 Euro monatlich).

Angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung ist auch eine Anhebung der Entschädigung möglich und vertretbar. Zugleich soll der berechtigten öffentlichen Kritik an der heutigen Systematik von Entschädigung und Altersentschädigung Rechnung getragen werden.

Denn neben der Art und Weise, wie die Höhe der Diäten festgelegt wird, werden vor allem die Höhe des Altersversorgungsanspruches und die Steigerungssätze der Altersentschädigung kritisiert. Ebenso wird die Tatsache diskutiert, dass das Modell der Altersversorgung von Abgeordneten weitgehend dem Vorbild der Beamtenversorgung folgt. Im Unterschied zu den Beamten, die meist ein ganzes Berufsleben lang für ihren jeweiligen Dienstherren (Gemeinde, Land, Bundesrepublik Deutschland) tätig sind, gehen Abgeordnete typischerweise vor und nach der Mandatszeit einer Erwerbstätigkeit nach. Anders als den Beamten, die im Alter auf eine Vollversorgung angewiesen sind, stehen ihnen meistens aus dieser Erwerbstätigkeit auch noch andere Versorgungsansprüche zu.

Wir wollen daher die Kritik aufgreifen und folgende Änderungen vornehmen:

Die Absenkung des Altersversorgungsanspruches

Die neuen Versorgungsregelungen sehen eine Abkehr von den bisherigen, sich an der Vollversorgung orientierenden Regelungen der Altersentschädigung vor. Angedacht ist eine Regelung in Richtung einer lückenfüllenden Teilversorgung für die Mitgliedschaft im Parlament ("Baukastensystem"), die nur einen Teil des Berufslebens der Abgeordneten darstellt.

Derzeit erhält ein Abgeordneter nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag für jedes Jahr seiner Mitgliedschaft eine Altersentschädigung in Höhe von 3 Prozent der monatlichen Diät. Das gilt jedoch nur, wenn er mindestens acht Jahre lang Mitglied des Bundestages war. Nach diesen acht Jahren erhält er also 24 Prozent der monatlichen Diät von derzeit 7.009 Euro als Altersversorgung. Zukünftig sollen statt 3 Prozent nur noch 2,5 Prozent pro Jahr der Mitgliedschaft gezahlt werden. Nach acht Jahren im Bundestag erhält ein ehemaliger Abgeordneter dann nicht mehr 24 Prozent der Diät, sondern nur noch 20 Prozent.

Der Steigerungssatz der Altersentschädigung, der bis 1995 noch 4 Prozent der Abgeordneten­entschädigung pro Jahr der Mitgliedschaft im Bundestag betrug, wird also von jetzt 3 Prozent weiter auf 2,5 Prozent herabgesenkt. Der Höchstsatz der Altersentschädigung von nunmehr 67,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung wird künftig erst nach 27 und nicht wie bisher bereits nach 23 Mandatsjahren erreicht. (Den Höchstanspruch erwerben aber nur wenige Abgeordnete, da die meisten Abgeordneten dem Bundestag nur zwei bis drei Legislaturperioden angehören).

Darüber hinaus wird die Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung ("Rente mit 67") mit der stufenweisen Anhebung der Altersgrenze für die Altersentschädigung von dem 65. Lebensjahr auf das 67. Lebensjahr ebenfalls umgesetzt.

Die von uns vorgesehenen neuen Regeln für die Altersversorgung der Abgeordneten entsprechen übrigens dem Vorschlag einer überparteilichen Expertenkommission, der sog. Kissel-Kommission, aus dem Jahre 1993 unter Vorsitz des damaligen Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, Prof. Dr. Otto Rudolf Kissel. Dieser Vorschlag wurde bislang nicht umgesetzt. Das geschieht nun mit dieser Änderung

Über Thema Diäten und Altersvorsorge machen sich zu Recht viele Menschen Gedanken. Ich habe ihnen daher gerne meine Meinung zu den beiden Punkten dargelegt. Meiner Meinung nach ist es ein guter und ausgewogener Vorschlag.

Mit freundlichen Grüßen

Edelgard Bulmahn