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Edelgard Bulmahn
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Frage von Andre N. •

Frage an Edelgard Bulmahn von Andre N. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrte Frau Bulmahn

jeden Tag bin ich in einer anderen Schule unterwegs. Quer durch alle Schulformen, quer durch alle Bundesländer. Was ich dort sehe finde ich sehr erschreckend. Ich sehe Schulen deren baulicher Zustand so schlecht ist, dass man Angst haben muss sie ohne Helm zu betreten, sehe Schulmöbel die schon alt waren als ich noch zur Schule ging und am schlimmsten, ich treffe Lehrer und Schüler die am aufgeben sind, sehe allerorten geplatzte Träume. Ich finde es beschämend für uns alle, die wir durch Sie vertreten werden, welchen Stellenwert "Schule" in unserer Gesellschaft tatsächlich hat. Wie viel geredet und wie wenig letztlich getan wird, wie immer die anderen schuld sind und und und.
In einer Ihrer Antworten hier finde ich dieses Zitat "Die genannten Maßnahmen müssen gleichzeitig durch eine bessere Bildung, Ausbildung und Weiterbildung begleitet werden, damit Menschen nach Möglichkeit gar nicht erst arbeitslos werden."
Liebe Frau Bulmahn, das ist ja richtig was Sie dort schreiben - aber wann ändern Sie etwas, wann beginnen Sie damit die bestehende 2 Klassenbildung nicht mehr zu leugnen und dieses Problem endlich nachhaltig zu ändern.
Ich bin vor 6 Monaten Vater geworden und der Gedanke das mein Sohn durch dieses Schulsystem muss stimmt mich nicht wirklich froh und glücklich.
Meine Frage, lautet nun: Was werden Sie tun um mich "froh und Glücklich" zu machen. Und viel wichtiger, was werden Sie tun um den vielen tausend Schülern in den Haupt- und Realschulen ihre Zukunft wieder zu geben?

Bitte entschuldigen Sie wenn ich etwas heftig klang aber es macht mich einfach nur wütend wenn ich "schöne Worte" lese und die Realität sehe. Ich hoffe das dieses Schreiben tatsächlich bei Ihnen ankommt und freue mich auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen aus Hannover

André Nolte

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Nolte,

sie haben mit Ihrer Einschätzung durchaus Recht, das deutsche Schulsystem ist in einem hohen Maße sozial ungerecht. In keinem vergleichbaren Land entscheidet die soziale Herkunft so sehr über den schulischen Erfolg wie in Deutschland. Dies bestätigen internationale Vergleichsstudien immer wieder und stellen dabei die geringen Bildungschancen von Kindern aus Migrantenfamilien heraus. Die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft bedeutet für immer mehr junge Menschen nur noch geringe Chancen zu haben, durch eigene Arbeit ein auskömmliches Leben bestreiten zu können.
In den vergangen Jahren sind mit der Vereinbarung und Entwicklung von Bildungsstandards und dem Ganztagsschulprogramm, die ich noch als Bildungsministerin durchgesetzt habe sowie dem nunmehr in Angriff genommenen Ausbau der frühkindlichen Bildung und der in einigen Ländern offener geführten Debatte um die Ausgestaltung der Strukturen des Schulsystems wesentliche Schritte eingeleitet worden. Sie reichen aber bei weitem nicht aus.

Die zentrale Antwort auf diese Missstände ist aus meiner Sicht die stärkere Förderung und Unterstützung unserer Kinder. Das bedeutet vor allem, dass wir in unserem Schulsystem, in den Kindergärten und Tagesstätten der frühen und individuellen Förderung Priorität geben müssen. Sie ist das A und O für eine erfolgreiche Bildung. Dazu gehört die Gemeinschaftsschule ebenso wie eine verbesserte Ausbildung unserer Lehrerinnen und Lehrer. Am dringendsten ist die frühe und vor allem systematische Förderung der sogenannten Risikoschüler. Diese Gruppe umfasst rund 200.000 Jugendliche. Die frühe und individuelle Förderung ist wichtig und sie darf nicht nach der Grundschule aufhören. Der gebührenfreie Besuch eines Kindergartens ist genauso notwendig wie der Wegfall der Studiengebühren, damit jedes Kind sein Recht auf Bildung auch wahrnehmen kann.

Wenn wir im Bildungsbereich entschieden umsteuern wollen, dann wird uns dies sehr viel Geld kosten. Wenn wir bei den Bildungsausgaben zu den so erfolgreichen skandinavischen Ländern aufschließen wollen, dann müssen wir jährlich ca. 18 Milliarden Euro mehr ausgeben. Dieses Geld muss uns die Zukunft unserer Kinder und die unseres Landes wert sein. Gerade auch in wirtschaftlich schwachen Zeiten ist es wichtig, in die Zukunftsaufgabe Bildung zu investieren. Bund und Länder müssen hier gemeinsam Wege finden dies zu realisieren.

Mein politisches Ziel ist es, dass jedes Kind ab drei Jahren einen Ganztageskindergarten besuchen kann, der personell gut ausgestattet ist. Es braucht darüber hinaus flächendeckend Ganztagsschulen, damit Kinder gemeinsam lernen und individuell gefördert werden können ohne mit zehn Jahren aussortiert zu werden. Unser Bildungssystem muss insgesamt durchlässiger werden und darf für Migranten- und Arbeiterkinder nicht mehr nach oben abgeschottet sein. Es muss selbstverständlich sein, dass Kinder aus ärmeren Familien und Migrantenfamilien besonders unterstützt werden.

Die SPD wird sich in Bund und Ländern dafür einsetzen dass dies gelingt und Ihr Sohn einen erfolgreichen Bildungsweg antreten kann.

Mit freundlichen Grüßen
Edelgard Bulmahn, MdB