Frage an Edelgard Bulmahn von Petra B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Bulmahn,
ich bin geschiedene Polizeibeamtin (Pensionsbeginn mit 62 Jahren) mit zwei Kindern. Ich erhalte meinen berechneten Versorgungsausgleich (ca. 550 Euro) von der Rentenversicherung, jedoch erst mit Erreichen der Rentenaltersgrenze, in meinem Fall mit 66 Jahren (externe Teilung).
Da meine Pensionsansprüche durch Kindererziehung und dadurch verbundene Beurlaubung/Teilzeit nur ca. 57 % ausmachen, bin ich auf das Geld aus dem Versorgungsausgleich ab Pensionsbeginn angewiesen. Das Land Niedersachsen zahlt keinen Ausgleich, und in sog. "Frührente" mit Abzügen kann ich nicht gehen, da ich die erforderlichen Jahre nicht in die Rentenkasse eingezahlt habe (habe ja nie eingezahlt, da ich seit 37 Jahren Polizeibeamtin bin).
Neben den Polizeibeamten sind davon auch Bundeswehr, Feuerwehr... betroffen, für die ebenfalls eine besondere Pensionsaltersgrenze zum Tragen kommt.
Wie positioniert sich die neue Landesregierung zu dieser sozialen Ungerechtigkeit? Ich bitte im Namen aller Betroffenen um Herbeiführung einer gerechten Lösung. Es kann doch nicht sein, dass dieses Geld mehrere Jahre lang niemand erhält und das Land sich daran bereichert! Lässt sich dieses Vorgehen mit dem Grundgesetz vereinbaren? Schließlich ist die Berechtigung auf Versorgungsausgleich auf geleistete Kindererziehung zurückzuführen!
Eine Ausgleichszahlung, bis die Rentenversicherung zahlt, wäre eine Lösung.
Die gibt es aber leider nicht.
In Erwartung auf eine zeitnahe Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Petra Block
Sehr geehrte Frau Block,
vielen Dank für Ihr Anfrage auf diesem Portal. Bitte entschuldigen Sie die späte Antwort.
Da Sie nach der Position der Landesregierung bzgl. eines Versorgungsausgleichs für geschiedene Polizeibeamtinnen und –beamte gefragt haben, habe ich mich mit Ihrer Frage an die Niedersächsische Landesregierung gewandt und folgende Antwort erhalten:
Die Länder haben nach der Strukturreform des Versorgungsausgleichs im Jahr 2009 die interne Teilung im Beamtenversorgungsrecht nicht eingeführt, so dass der Ausgleich beamtenrechtlicher Versorgungsanwartschaften bei Ehescheidung nach § 16 Abs. 1 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz – VersAusglG) vom 03.04.2099 (BGBl I S. 700) erfolgt, zuletzt geändert durch Art. 25 des Gesetzes vom 08.12. 2010 (BGBl I S. 1768) im Wege der externen Teilung über die gesetzliche Rentenversicherung. Für den ausgleichsberechtigten Ehegatten wird zu Lasten der beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft des ausgleichpflichtigen Ehegatten eine Rentenanwartschaft begründet. Der Versorgungsdienstherr des ausgleichspflichtigen Ehegatten muss der Rentenversicherung die aus dem im Versorgungsausgleich begründeten Anrecht erbrachten Leistungen erstatten. Er kürzt im Gegenzug nach § 69 des Niedersächsischen Beamtenversorgungsgesetztes die Versorgungsbezüge des ausgleichspflichtigen Ehegatten um den Monatsbetrag der begründeten Anwartschaften. Damit sind die Ehegatten im Ergebnis so gestellt, als wären die Anrechte dauerhaft übertragen worden.
Nach dem vorstehend beschriebenen Verfahren erlangt der ausgleichsberechtigte Ehegatte einen eigenständigen Anspruch im System der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine Rente wird gewährt, wenn die rentenrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, üblicherweise mit Erreichen der rentenrechtlichen Altersgrenze. In der Regel ergibt sich hieraus kein Problem bezüglich des Leistungsbeginns, da die beamtenrechtliche Regelaltersgrenze in Niedersachsen der rentenrechtlichen Altersgrenze entspricht.
Bei Beamtinnen und Beamten, für die eine besondere (frühere) Altersgrenze gilt, kommt es zu der Besonderheit, dass sie bereits mit Vollendung des 60. (Justizvollzugs- und Feuerwehreinsatzbeamte) bzw. 62. Lebensjahr (Polizeivollzugsbeamte) in den Ruhestand treten und Versorgungsbezüge aus ihrem Beamtenverhältnis beziehen. Zu diesem Zeitpunkt stehen ihnen wegen ihres zu geringen Alters aber noch keine Leistungen aus den im Versorgungsausgleich begründeten Rentenansprüchen zu. Betroffen sind jedoch nicht nur Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamte, sondern auch Beamtinnen und Beamte, die wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden. Diese erhalten in der Regel ebenfalls nicht sofort eine Rente, weil sie die für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen (mindestens 36 Monate mit Pflichtbeiträgen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung) nicht erfüllen.
Dem Wunsch vieler Betroffener, der eigene Dienstherr möge bis zur Realisierung des Rentenanspruchs die Versorgung aus dem eigenen Beamtenverhältnis aufstocken, kann aus folgenden Gründen nicht uneingeschränkt gefolgt werden:
· Die Beamtenversorgung ist Teil der lebenslangen amtsangemessenen Alimentation der Beamtinnen und Beamten durch den Dienstherrn. Die Höhe der Versorgung bestimmt sich unter Beachtung des Leistungsprinzips aus dem letzten erreichten Amt und Dauer der ruhegehaltfähigen Dienstzeit. Außerdienstliche Faktoren haben keinen Einfluss auf die Höhe der Versorgung. eine Ehescheidung ist eindeutig der privaten Lebensführung der Beamtinnen und Beamten zuzurechnen. Sie kann deshalb nicht zu einer höheren Versorgung führen.
· Ursächlich für die Problemlage, in der sich die betroffenen Beamtinnen und Beamten befinden, ist die Tatsache, dass die gesetzliche Rentenversicherung die aus dem Versorgungsausgleich resultierenden Ansprüche noch nicht erbringt. Naheliegender als eine Aufstockung der beamtenrechtlichen Versorgung wäre deshalb eine Änderung der rentenrechtlichen Bestimmungen.
· Probleme, die sich aus den Folgen einer Ehescheidung ergeben, sind vorrangig familienrechtlich zu lösen. So dürfte im Regelfall ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 des Bürgerlichens Gesetzbuchs (BGB) gegen den geschiedenen Ehegatten bestehen, da der durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen wird. Mit den zivilrechtlichen Unterhaltsregelungen korrespondieren die §§ 33, 34 VersAusglG, die bestimmen, dass bei Vorliegen einer Unterhaltsverpflichtung die Kürzung der Versorgung des ausgleichspflichtigen Ehegatten bis zur Höhe des Unterhaltsanspruchs ausgesetzt wird, um eine Doppelbelastung des ausgleichspflichtigen Ehegatten zu vermeiden. Diese Regelung ist folgerichtig, denn eventuell entstehende Versorgungslücken, die ihre Ursachen in der ehelichen Lebensführung haben, werden so auf Kosten der ausgleichspflichtigen Person bzw. deren Versorgungsträger geschlossen. Eine Aufstockung der Beamtenversorgung der ausgleichsberechtigten Person hingegen würde zu einer Mehrbelastung der Landeshaushalte führen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass zwar oftmals in den hier in Rede stehenden Situationen beide Ehepartner Landesbeamte sind oder waren; mindestens ebenso wahrscheinlich ist es jedoch, dass die ausgleichspflichtige Person in einem Beamtenverhältnis zu einem anderen kommunalen, staatlichen oder kirchlichen Dienstherren steht oder aber Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung war. In diesen Fällen besteht erst recht keine Veranlassung für das Land als Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person, scheidungsbedingte Einkommensausfälle auszugleichen.
Es besteht durchaus das Verständnis dafür, dass es betroffenen Beamtinnen und Beamten schwer fällt, sich – oftmals nach der Scheidung – in Unterhalsfragen an ihren geschiedenen Ehepartner zu wenden. Wie die vorstehenden Ausführungen hoffentlich nachvollziehbar darlegen, kann eine Aufstockung des beamtenrechtlichen Ruhegehalts der ausgleichsberechtigten Person jedoch keine geeignetes Mittel sein, die beschriebenen Probleme zu lösen.
Mit freundlichen Grüßen
Edelgard Bulmahn