Frage an Edelgard Bulmahn von Herbert G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Bulmahn,
viele gesellschaftliche Fragen sind sehr wichtig. Grundlage unseres gesellschaftlichen Lebens ist das Grundgesetz, ein System zur Ausbalancierung gesellschaftlicher Notwendigkeiten. Deshalb, aus aktuellem Anlass, meine Fragen hierzu: Es ist aufgrund der Berichterstattung, die auch Aussagen offizieller amerikanischer und deutscher Quellen veröffentlicht hat, davon auszugehen, das der Internetverkehr in großem Maßstab kontrolliert wird.
1) Halten Sie eine Grundgesetzverletzung des Art. 10 und ggf. Art. 5 (wie frei ist man wenn man weiß das ständig beobachtet wird) für wahrscheinlich?
2) Wenn ja, welche Maßnahmen möchten Sie als mögliches Mitglied im neuen Bundestag hierzu anstoßen? Ich denke vor allem an die Aufnahme Edward Snowdens in ein deutsches Zeugenschutzprogramm und die Verbesserung der Kontrollfunktion des Parlamentarischen Kontrollgremiums der Geheimdienste z.B. in der Form das eine eigene, technisch versierte Kontrollverwaltungseinrichtung technische und inhaltliche Kontrollen bei den Geheimdiensten vornimmt. Oder sehen Sie eine mögliche Grundgesetzverletzung, möchten aber nichts unternehmen?
3) Wenn Sie keine Grundgesetzverletzung vermuten: Worauf stützen Sie sich dabei? Bitte geben Sie keine der nichtssagenden Verlautbarungen z.B. von Herrn Pofalla an. Solche Verlautbarungen haben sich mehrfach als nicht korrekt bzw. haltbar erwiesen.
4) Wie erklären Sie sich das trotz umfangreichen Ausspionierens der Gesellschaft das völlige Versagen des Auffindens der NSU-Terroristen? Sollten die Geheimdienste hier nicht hingeguckt haben? Weil die NSU bis vor kurzem trotz der Serienmorde noch nicht das Label "Terroristen" bekommen hatte?
Wenn es Ihre beschränkte Zeit nicht erlaubt auf alle Fragen sinnvoll einzugehen, so bitte ich um Antwort auf Frage 1+2 (bzw. 3, je nach Ihrer Einschätzung).
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Grams
Sehr geehrter Herr Grams,
vielen Dank für ihre Anfrage auf dieser Plattform. Unten stehend finden sie die Antworten auf ihre Fragen.
1) Halten Sie eine Grundgesetzverletzung des Art. 10 und ggf. Art. 5 (wie frei ist man wenn man weiß das ständig beobachtet wird) für wahrscheinlich?
Die derzeit stattfindende Globalüberwachung durch die USA ist inakzeptabel. eine permanente Online-Durchsuchung für alle und für immer widerspricht dem Grundverständnis der SPD. Wir wollen Sicherheit mit Augenmaß, keinen Spitzelstaat. Deswegen müssen staatliche Eingriffe verhältnismäßig, auf Einzelfälle beschränkt sowie mit rechtsstaatlichen Sicherungen versehen sein. "PRISM" ist das Gegenteil von alldem. Die Bundesregierung darf sich hier keinen schlanken Fuß machen, sie muss den Schutz unserer Bürgerrechte auch gegenüber anderen Staaten einfordern, auch gegenüber Freunden und Verbündeten, wenn dies nötig ist.
2) Wenn ja, welche Maßnahmen möchten Sie als mögliches Mitglied im neuen Bundestag hierzu anstoßen? Ich denke vor allem an die Aufnahme Edward Snowdens in ein deutsches Zeugenschutzprogramm und die Verbesserung der Kontrollfunktion des Parlamentarischen Kontrollgremiums der Geheimdienste z.B. in der Form das eine eigene, technisch versierte Kontrollverwaltungseinrichtung technische und inhaltliche Kontrollen bei den Geheimdiensten vornimmt. Oder sehen Sie eine mögliche Grundgesetzverletzung, möchten aber nichts unternehmen?
Ja, nach dem bisherigen Kenntnisstand wurden Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern verletzt.
Wichtig ist es jetzt, die Bundesregierung in die Pflicht für den Schutz der Grundrechte der Bundesbürger zu nehmen. Die Bundesregierung ist zwar auf nachrichtendienstliche Kooperation mit den USA zwingend angewiesen. So wurden durch Hinweise aus den USA auch bereits Terroranschläge in Deutschland vereitelt (z.B. Sauerlandgruppe). Dennoch gilt: Der Zweck heiligt nicht alle Mittel.
4) Wie erklären Sie sich das trotz umfangreichen Ausspionierens der Gesellschaft das völlige Versagen des Auffindens der NSU-Terroristen? Sollten die Geheimdienste hier nicht hingeguckt haben? Weil die NSU bis vor kurzem trotz der Serienmorde noch nicht das Label "Terroristen" bekommen hatte?
Die von der rechtsextremistischen Terrorgruppe „NSU” begangenen zehn Morde an türkisch- bzw. griechisch-stämmigen Bürgern und an einer Polizistin sowie die verübten Sprengstoffanschläge waren ein feiger Angriff auf rechtschaffende Mitbürger und zugleich ein Angriff auf unsere Demokratie. Die Arbeit der Untersuchungsausschüsse im Bund und in mehreren Ländern haben eine Vielzahl an Fehlern und Versäumnissen auf allen Ebenen (Polizei, Verfassungsschutz und Justiz) offenbart, die mit dazu beigetragen haben, dass die Terrorzelle nicht frühzeitig gestoppt werden konnte.
Wir wollen eine rückhaltlose Aufklärung der Vorgänge, institutionelle Reformen und die konsequente Aufdeckung jeder Form von Rechtsextremismus. Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass die mit großem Engagement durch den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages entwickelten Folgerungen und Vorschläge in der nächsten Wahlperiode wirkungsvoll umgesetzt werden.
Wir wollen einen Verfassungsschutz, der unsere Verfassung schützt. Mit institutionellen Reformen werden wir den Verfassungsschutz besser aufstellen für den Schutz unserer Demokratie und dazu unter anderem ein transparentes Verfassungsschutzgesetz, das klare Regeln im Umgang mit V-Leuten enthält, einführen. Wir werden die Zusammenarbeit von Bund und Ländern beim Verfassungsschutz, der Polizei und den Staatsanwaltschaften verbessern – und, wo notwendig, neue Kompetenzen schaffen, ohne in bestehende Länderkompetenzen einzugreifen. Und wir werden unsere Sicherheitsbehörden noch stärker und stetig sensibilisieren für die Gefahren, die unserer Demokratie von Rechts drohen.
Mit freundlichen Grüßen
Edelgard Bulmahn