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Edelgard Bulmahn
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Frage von Sven Z. •

Frage an Edelgard Bulmahn von Sven Z. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Bulmahn,

wie stehen Sie als Abgeordneter meines Wahlkreises zu dem von Hans-Werner Sinn und 171 weiteren angesehenen Oekonomen verfassten Protestauruf zur angestrebten "Bankenunion" bzgl. der damit verbundenen Haftungsrisiken fuer die Steuerzahler in den soliden Euro-Staaten.

Viele Gruesse,
Sven Zimmermann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Zimmermann,

den von insgesamt 172 Wirtschaftswissenschaftlern in der vergangenen Woche in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichten sogenannten Protestaufruf halte ich für sehr tendenziös und auch wissenschaftlich für nicht sachgerecht. Natürlich ist es Aufgabe von Wissenschaft politische Entscheidungen zu begleiten, kritisch zu hinterfragen und Alternativen aufzuzeigen. Genau dies aber geschieht hier nicht. Vielmehr werden Angst und Verunsicherung geschürt und Fakten verzerrt dargestellt.

Die Europäische Union lebt von der Solidarität ihrer Mitglieder untereinander, auch Deutschland hat in vielen Fällen davon profitiert. Die Bankenkrise 2008/2009, die teilweise daraus resultierende Staatsschuldenkrise, die unzureichend mit Eigenkapital ausgestatteten Banken und die offensichtliche weltweite Spekulation gegen den Euro sind die wesentlichen Ursachen für die Krise in der wir uns derzeit befinden. Das führt zu Sorgen und Ängsten der Bevölkerung und auch der Parlamentarier. Um die europäische Gemeinschaftswährung weiterhin vor unverantwortlichen Spekulationen an den Finanzmärkten und dem Zusammenbruch neuer Staatshaushalte zu schützen, braucht es geeignete Maßnahmen. Ich hätte mir gewünscht, wenn hochangesehene Ökonomen die bisher getroffen Entscheidungen nicht nur kritisieren sondern gleichzeitig auch alternative Lösungsmöglichkeiten aufzeigen würden. Genau diese sind aber in dem sogenannten Protestaufruf nicht zu finden. Ich bedauere dies sehr. Das gerade aktuell veröffentlichte Sondergutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine fundierte, wissenschaftlich begründete und politisch kluge Beratung aussehen kann. Darin wird u.a. ein Schuldentilgungspakt vorgestellt, der die Möglichkeit beinhalten würde die Hilfen an konkrete Konditionen zu binden. Gleichzeitig wird vorgeschlagen, Mittel für spanische Banken nur bei Einhaltung klarer Kriterien zur Rekapitalisierung und Restrukturierung der betroffenen Banken einzusetzen.

Auf dem EU-Gipfel vor einigen Tagen ist zwar beschlossen worden, dass über den dauerhaften Stabilitätsmechanismus ESM die Möglichkeit bestehen würde, Banken direkt zu rekapitalisieren, also finanziell zu unterstützen. Dies wäre aber erst denkbar, wenn eine wirksame einheitliche Aufsicht für alle europäischen Banken geschaffen worden ist. Außerdem wäre auch eine erneute Beschlussfassung auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene notwendig. Nach den deutschen Beschlüssen zum ESM ist eine direkte Gewährung von Finanzhilfen an Banken ausgeschlossen. Das dies in dem Protestaufruf mit keinem Wort erwähnt wird wie darin Fakten verzerrt werden.

Was wir in Europa brauchen sind spürbare Schritte zur Regulierung der Finanzmärkte, die die schwarz-gelbe Bundesregierung bisher nicht bereit war zu gehen. Dazu zählt u.a. eine europaweite Bankenabgabe für Großbanken, nationale Einlagensicherungen der Mitgliedstaaten, ein europäisches Verfahren zur geordneten Bankeninsolvenz und die Trennung von Investmentbanking und Geschäftsbanken in den Bilanzen der Finanzinstitute.

Wie unterschiedlich wissenschaftliche Auffassungen sein können, sehen Sie auch in der Tatsache, dass ebenfalls führende deutsche Wirtschaftswissenschaftler nur einen Tag später im Handelsblatt eine Antwort auf den Protestaufruf veröffentlicht haben. Daran zeigen Sie auf, dass es in den USA durchaus gelungen ist Banken mit geringem Eigenkapital die notwendige finanzielle Unterstützung zu gewähren, ohne ihre Aktionäre und Gläubiger zulasten der Allgemeinheit aus der Verantwortung zu entlassen. Dies sind konkrete Vorschläge die ich von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erwarte und die ich dann auch gerne in die politische Entscheidungsfindung einbeziehen. Kritik ohne weiterführende Ideen führt dagegen aus meiner Sicht an der Sache vorbei.

Zu den Abstimmungen des Deutschen Bundestages zum dauerhaften Stabilitätsmechanismus ESM und zum Fiskalpakt habe ich im übrigen eine persönliche Erklärung abgegeben, die Sie auf meiner Internetseite www.edelgard-bulmahn.de nachlesen können.

Mit freundlichen Grüßen
Edelgard Bulmahn