Frage an Edelgard Bulmahn von Bernd F. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Bulmahn,
sicher ist Ihnen der offene Brief zahlreicher deutscher Ökonomen bekannt (Aufruf an Bürger/Innen vom 5.7.12 - www.faz.de).
Meine Frau und ich sind strikt gegen den ESM und den Fiskalpakt und sehen unsere Argumente in diesem offenen Brief bestens formuliert.
Auch im Namen meiner Frau erlaube ich mir die Frage an Sie, wie Sie zu ESM/Fiskalpakt stehen. Können Sie die möglichen negativen Folgen der Brüsseler Beschlüsse für die Bürgerinen und Bürger unseres Landes reinen Gewissens vertreten?
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Fischer
Sehr geehrter Herr Fischer,
Sehr geehrte Frau Fischer,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage über dieses Internetportal auf die ich gerne antworte, auch wenn wir vermutlich unterschiedliche Auffassung zu dem Thema haben.
Mir ist der sogenannte Protestaufruf verschiedener deutscher Wirtschaftswissenschaftler bekannt. Ich halte ihn für tendenziös und unsachgemäß und habe dazu bereits auf eine andere Anfrage auf www.abgeordnetenwatch.de ausführlich geantwortet und verweise sie gerne auf meine dortigen Argumente. Im Wesentlichen geht es mir in meiner Kritik darum, dass die Darstellung im Aufruf Fakten ignoriert bzw. sie teilweise verzerrt und keine alternativen Lösungsvorschläge aufgezeigt werden. Das aber wäre aus meiner Sicht Aufgabe der Wissenschaftler.
Dem dauerhaften Stabilitätsmechanismus ESM und auch dem Fiskalpakt habe ich im Deutschen Bundestag zugestimmt, auch wenn ich mir diese Entscheidung nicht wirklich leicht gemacht habe. Um mein Abstimmungsverhalten noch einmal zu erläutern, habe ich die Möglichkeit genutzt, hierzu eine Persönliche Erklärung abzugeben. Sie finden diese Erklärung auf meiner Internetseite www.edelgard-bulmahn.de.
Die Europäische Union lebt von der Solidarität ihrer Mitglieder untereinander, auch Deutschland hat davon in vielen Fällen profitiert. Um die europäische Gemeinschaftswährung weiterhin vor unverantwortlichen Spekulationen an den Finanzmärkten und dem Zusammenbruch neuer Staatshaushalte zu schützen, braucht es jetzt geeignete Maßnahmen. Ich will nicht verschweigen, dass ich bei den vorliegenden Vertragswerken durchaus auch grundlegende verfassungsrechtliche Probleme sehe und diese bei der Implementierung zwingend abgestellt werden müssen. Ich halte dies aber für möglich.
Grundsätzlich ist mir wichtig zu betonen, dass die dringend notwendigen Zukunftsinvestitionen für Wohlstand und Wachstum sowohl in Deutschland als auch in den anderen EU-Mitgliedstaaten nicht durch immer größere Schulden erfolgen dürfen. Vielmehr müssen wir durch eine den Aufgaben angemessene Steuer- und Abgabenpolitik die finanzielle Basis der Staaten verbessern und auf neue Beine stellen. Ohne solche Schritte sind ein gutes Bildungssystem, Schulen und Hochschulen, gute Krankenhäuser oder z.B. eine gut aufgestellte Polizei dauerhaft nicht zu finanzieren. Weitere finanzielle Hilfen an entsprechende Voraussetzungen zu knüpfen, halte ich deshalb für vernünftig und notwendig.
Mit freundlichen Grüßen
Edelgard Bulmahn