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Edelgard Bulmahn
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Frage von Rüdiger K. •

Frage an Edelgard Bulmahn von Rüdiger K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Bulmahn,

ich bin heute auf einen Artikel der Verlagsgruppe Heise gestoßen, in dem Behauptet wird, sie hätten Kenntnis im Vorfeld der Abstimmung über das Zugangserschwerungsgesetzes gehabt, dass die überwältigende Mehrheit der Server, die sogenanntes kinderpornografisches Material bereithalten in Deutschland bzw. in den USA stationiert sind.
Eines der Hauptargumente für dieses Gesetz war ja dass die Server auf denen darartige Dinge gehostet werden nicht zu löschen seien weil in diesen Ländern eine Verfolgung der Täter bzw. eine Löschung dieser Seiten nicht möglich sei. Ganz offensichtlich ist jedoch der Großteil dieser Server in Ländern bei denen eine Löschung UND Verfolgung der Täter aufgrund rechtlicher Möglichkeiten sehr wohl machbar ist bzw. war.

Hierzu meine Fragen:
Haben Sie diesen BKA Bericht bekommen/gelesen ?
Wäre es nicht Ihre Pflicht als Bundestagsabgeordnete gewesen Ihrer Fraktion mitzuteilen dass einer der Hauptgründe für dieses Gesetz, welches nun noch nicht einmal der Bundespräsident unterschreiben will, obsolet war ?
Oder haben Sie dies Ihrer Fraktion mitgeteilt und Ihre Fraktion hat gegen besseres Wissens ein Gesetz verabschiedet, welches die Grundrechte der Bürger unnötig einschränkt ?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Krafek,

vielen Dank für Ihre Anfrage in diesem Internetportal.

Kinder müssen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung geschützt werden. Für einen noch wirksameren Schutz sind aber eine Gesamtstrategie und eine verbesserte Prävention notwendig, die alle rechtsstaatlichen Mittel ausschöpfen. In diesem Rahmen ist auch der Kampf gegen Kinderpornografie in den neuen Medien und im Internet wichtig. Der SPD-Bundestagsfraktion war es wichtig, Scheinlösungen, die die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornographie nicht eindämmen, zu verhindern. Dabei war Ziel der SPD nicht die Einführung einer Sperrinfrastruktur, sondern deren Kontrolle und Begrenzung. Wir wollten verhindern, dass die von der damaligen Familienministerin vorgeschlagenen Provider-Verträge Sperrungen ohne hinreichenden Grundrechtsschutz veranlasst hätten, ohne dass die kriminellen Produzenten von kinderpornografischen Inhalten erfasst worden wären.

Auf Bestreben der SPD-Arbeitsgruppe hat der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, dessen Vorsitzende ich in der vergangenen Legislaturperiode war, eine öffentliche Anhörung durchgeführt. In dieser wurden sowohl Fragen des Schutzes von Kindern und Jugendlichen wie auch datenschutzrechtliche Aspekte erörtert. Es wurde auch auf die Erkenntnisse des BKA verwiesen, die auf Arbeiten der dänischen Polizei beruhten.

Unter anderem vor diesem Hintergrund hat die SPD-Bundestagsfraktion im Gesetzgebungsverfahren wesentliche Verbesserungen durchgesetzt. Sie erreichte es eine gesetzliche Grundlage durch ein Spezialgesetz zu schaffen. Dadurch haben wir dafür Sorge getragen, dass die Internetsperren ausschließlich auf Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten beschränkt sind. Eine Ausweitung auf andere Bereiche ist auf der Basis dieses Gesetzes nicht möglich und es wird sie mit Beteiligung der SPD auch nicht geben.

Wir haben weiterhin durchgesetzt, dass die Löschung kinderpornographischer Bilder und Inhalte, Vorrang hat vor der Sperrung, datenschutzrechtliche Regelungen eingehalten werden müssen und es eine unabhängig Kontrolle der Filterliste, die das Bundeskriminalamt (BKA) erstellen soll, geben wird. Ebenso wurden praktische Anregungen aus der Netz-Community aufgenommen.

Inzwischen hat sich die Ausgangslage verändert:

1. Die abgeschlossenen Verträge zwischen BKA und den Internetprovidern liegen faktisch auf Eis. Ohne sie gibt es keinen Schutzbedarf mehr. Die SPD fordert deshalb die Aufhebung der Verträge, um so schnell wie möglich Klarheit für alle Beteiligten zu schaffen. Wir wollen verhindern, dass die aufgrund der Verträge bereits aufgebaute Infrastruktur für andere Zwecke genutzt werden kann.

2. Im Moment haben wir einen rechtlichen und politischen Schwebezustand, der nicht hinnehmbar ist. Die schwarz-gelbe Koalition hat sich darauf verständigt, die Löschung solcher Seiten anzustreben und ein Jahr lang nicht auf Grundlage des Zugangserschwerungsgesetzes zu sperren, bevor weitere Schritte offen geprüft werden sollen. Ein Gesetz darf aber nicht auf Zuruf ignoriert werden. Der rechtstaatlich saubere Weg kann einzig und allein in der Aufhebung des Gesetzes liegen.

Mit freundlichen Grüßen
Edelgard Bulmahn