Frage an Eckhardt Rehberg von Stefan S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Rehberg,
stehen Sie ebenso wie Frau Dr. Merkel zum Bau des geplanten Kohlekraftwerkes in Lubmin, von dem der zukünftige Betreiber (ein dänischer Staatskonzern) nachweislich zugibt, dass es negative Auswirkungen auf die Umwelt in der Region haben wird?
Haben Sie keine Bedenken, wenn das Kühlwasser in den Bodden eingeleitet wird und damit zur Eutrophierung und dem damit verbundenen Tod von einer Vielzahl von Lebewesen kommt, wie es Experten der Universität Greifswald schildern?
Wie erklären Sie, dass Deutschland an vorderster Front im Umweltschutz stehen will, wenn es weitere der absoluten "Klimakiller" Kohlekraftwerke (geplant sind ja zwischen 16 und 24) zulässt?
Mit freundlichen Grüße,
Stefan Streich
Sehr geehrte Herr Streich,
recht herzlichen Dank für ihre Frage. Lassen Sie mich folgendes ausführen.
Die Regierungsparteien haben sich vorgenommen, den ehemaligen Energiestandort Lubmin aufgrund der vorhandenen Infrastruktur wieder zu einem modernen internationalen Energieknotenpunkt auszubauen. Während der Bauzeit des Kraftwerks werden über 4 Jahre hinweg allein 1.000 Arbeitskräfte beschäftigt sein. Danach werden neben 140 direkten Arbeitsplätzen während der Betriebszeit weiterhin zwischen 200 Mitarbeiter bei externen Firmen für Kraftwerkswartung und Reparaturen benötigt.
Der Ausstieg aus der Kernenergie sowie der Ersatz veralteter konventioneller Kraftwerkstechnik muss meines Erachtens mit in die Betrachtung gezogen werden, Das heißt eine langfristige und stabile Energieversorgung. Zu einer modernen Wirtschaftsstruktur gehört daher auch eine vorausschauende Energiepolitik. Um den künftigen Strombedarf decken zu können, muss auch in absehbarer Zeit am deutschen Strommix festgehalten werden, wozu auch Kohlekraftwerke zählen.
Allein der Ersatz aller veralteten Steinkohlekraftwerke spart auf Grund der Wirkungsgradverbesserung über 25% Kohlendioxid und Kohle ein. Das führt zu einer bundesweiten CO2-Reduzierung von 25 Millionen Tonnen und trägt mit dazu bei, das jüngst im EU-Ministerrat vereinbarte Reduktionsziel von 20% gegenüber 1990 zu erreichen. Erfolgt der Bau von Kohlekraftwerken an Hafenstandorten wie Lubmin, entfallen zusätzlich die
energieintensiven Kohletransporte ins Hinterland.
Spätestens in 10 bis 15 Jahren sollen moderne Kraftwerke in der Lage sein, CO2 abzuscheiden und zu speichern. Das Kraftwerk in Lubmin verfügt deshalb über eine entsprechende Freifläche, die für die Nachrüstung von CO2-reduzierenden Maßnahmen vorgesehen ist. Schon heute betreibt DONG ENERGY eine Versuchsanlage zur CO2-Abtrennung im Rahmen eines EU-Forschungsprojektes im dänischen Kraftwerk Esbjerg.
Wenn Deutschland das europäische CO2-Reduktionsziel erreichen will, ohne Wettbewerbsfähigkeit und Energieversorgungssicherheit aufs Spiel zu setzen, können wir nicht gleichzeitig aus der Atomkraft aussteigen und sämtliche Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke zu ersetzen. Der Ersatz aller bestehenden Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke würde z.B. zur Überlastung des Energieträgers Erdgas sowie zu politisch riskanter Importabhängigkeit und zu nicht vertretbaren Preisrisiken führen.
Hinsichtlich der umwelttechnischen Rahmenbedingungen wird das zuständige Ministerium die Einhaltung der Immissionsschutzbedingungen um zu setzen haben. Dabei werden die maßgeblichen Regelwerke, nämlich die Großfeuerungsanlagen-verordnung sowie die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft und zum Schutz gegen Lärm sowie die von Ihnen erwähnt Eutrophierung zugrunde gelegt.
Insoweit sollten wir die arbeitsmarkt- und industriepolitischen Chancen von derartigen finanzintensiven Großprojekten nutzen. Die Schaffung von dauerhaften Arbeitspolätzen und die Möglichkeit von Wertschöpfung in unserem Land sollten bei der Abwägung solcher Investitionen nie aus dem Auge verloren gehen. Dies haben sowohl der Ministerpräsident des Landes, Harald Ringstorff, wie auch der stellvertretende Ministerpräsident Jürgen Seidel in ihren Stellungnahmen betont.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhardt Rehberg