Frage an Eckhardt Rehberg von Petra F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Zusammenfassung der Anfrage
zu folgenden Fragen bitte ich um Ihre Stellungnahme:
1. Befürworten Sie einen gesetzlichen Zwang zur Impfung mit Masern-(Mumps-/Röteln-) Impfstoff? Wäre ein solcher Impfzwang nach Ihrer Auffassung bei einem einzigen vom statistischen Bundesamt dokumentierten Todesfall im gesamten Bundesgebiet verhältnismäßig?
2. Wie bewerten Sie den fehlenden Wirksamkeitsnachweis der Masernimpfung (es ist lediglich in einigen Fällen der Antikörpertiter feststellbar, eine sichere Immunität nicht)? Es treten bis heute bei Epidemien stets Erkrankungen bei zweifach geimpften Personen auf.
3. Setzen Sie sich für den Gesundheitsschutz aller Kinder ein, indem es aktiv geimpfte Kinder befristet vom Kindergartenbesuch ausschließt? Maserngeimpfte Kinder sind nachweislich Ausscheider des vermehrungsfähigen Impfvirus.
Sehr geehrte Frau F., gerne antworte ich auf Ihre Fragen:
1.) Ja, Masern gehören zu den ansteckendsten Viruserkrankungen überhaupt und werden durch Tröpfcheninfektion (Niesen, Sprechen) übertragen. Für Masern-, Mumps-, Röteln- sowie Varizelleninfektionen und deren Komplikationen steht keine spezifische Therapie zur Verfügung. Daher kommt der Schutzimpfung überragende Bedeutung zu. Bis einschließlich zur 29. Kalenderwoche 2019 wurden 457 Masernfälle gemeldet. Zum Vergleich: 2018 waren es im ganzen Jahr 543 Fälle, 2017 929. Weltweit wurden bis Ende Juli wurden in 182 Ländern fast 365.000 Masernfälle registriert. Das sind fast drei Mal so viele wie im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres und mehr als im Gesamtjahr 2018. Besonders Hessen, Berlin und Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg sind von Masernfällen betroffen. Sieben andere Bundesländer wiesen allerdings auch weniger als 10 Fälle im gesamten Jahr 2017 auf.
Für 759 der 929 Erkrankten lagen Angaben zu Komplikationen vor. Der Anteil der übermittelten hospitalisierten Masernfälle lag bei 41% (meistens allgemeiner schlechter Gesundheitszustand, besonders häufig werden Kinder zwischen 1 und 4 Jahren und Erwachsene im Alter von 20 bis 39 Jahren hospitalisiert.), doch 3 Patienten haben eine Enzephalitis/Meningitis (Hirnhaut- bzw. Hirnentzündung) erlitten, 25 eine Lungenentzündung.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es in Deutschland 2016 zwei erfasste Masern-Todesfälle, und 2015 drei. Hinzu kommen einige Todesfälle durch eine Spätfolge, die Masern-Gehirnentzündung SSPE. Davon gab es 2016 nach Daten der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (bge-bund) vier Todesfälle und 2015 einen Todesfall.
Obwohl die Freiwilligkeit der Impfentscheidung selbst unberührt bleibt, folgt aus der Vorgabe, dass bestimmte Personen einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern aufweisen müssen, ein mittelbarer Eingriff in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG). Der Eingriff ist durch die damit verfolgten öffentlichen Ziele des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt
Für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen gem. des Gesetzentwurfs beruflich tätig werden möchten, bedeutet die Regelung eine subjektive Berufszulassungsbeschränkung und somit einen Eingriff in das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl (Artikel 12 Absatz 1 Satz 1 GG). Der Eingriff ist durch die damit verfolgten Zwecke des Schutzes der öffentlichen Gesundheit als wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt
Die Personen in den genannten Einrichtungen sind zudem teilweise als vulnerabel einzustufen und können sich teilweise nicht selbst vor Maserninfektionen schützen. Das Risiko von Schutzimpfungen gegen Masern ist für gesunde Menschen als gering einzustufen, das gilt auch für Kombinationsimpfstoffe, die möglicherweise ausschließlich zur Verfügung stehen
Auch wird durch den mit einer Impfpflicht einhergehenden Eingriff in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit der Wesensgehalt des Grundrechts nicht angetastet, da die Zielsetzung eines solchen Eingriffes gerade die Erhaltung der Unversehrtheit ist (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Juli 1959, Rn. 18, juris).
2.) Der Lebendimpfstoff gegen Masern wird seit über 40 Jahren weltweit verabreicht. Die seitdem erhobenen Daten haben gezeigt, dass er sehr wirksam und sicher ist. Generell: Die heutigen Impfstoffe sind sicherer als je zuvor.
Die Pharmahersteller haben auf eine heftige Debatte reagiert, wonach durch in Impfstoffen enthaltenes Quecksilber für Autismus verantwortlich sei. Die Weltgesundheitsorganisation WHO, das US-amerikanische "Institute of Medicine" sowie die europäische Arzneimittelbehörde EMA sind inzwischen allerdings unabhängig voneinander zu dem Schluss gelangt, dass die verfügbaren Studien gegen einen solchen Zusammenhang sprechen. Obwohl durch Nahrung und die Umwelt Quecksilber in deutlich höheren Mengen aufgenommen wird, hat die Industrie reagiert. Für alle generell empfohlenen Schutzimpfungen sind inzwischen quecksilberfreie Impfstoffe verfügbar.
Einen 100%igen Schutz vor einer Infektion kann keine Impfung gewährleisten: Die Schutzwirkung nach einer einmaligen Masern-Mumps-Röteln-Impfung liegt bei 94-95%. Nach einer zweimaligen Masernimpfung erreicht man einen Impfschutz von bis zu 99%.
Nach geltendem Arzneimittelrecht erhält ein Impfstoff nur dann eine Zulassung, wenn nachgewiesen ist, dass er auch wirksam und verträglich ist. Den Nachweis muss der Hersteller in vorklinischen Untersuchungen und klinischen Prüfungen erbringen. Geprüft werden die wissenschaftlichen Belege auf EU-Ebene unter der Regie der Europäischen Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency). Hierzulande liegt die Verantwortung beim Paul-Ehrlich-Institut als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel.
Schwerwiegende Nebenwirkungen sind selten. Da der MMR-Impfstoff abgeschwächte Lebendviren enthält, werden bei zirka 5% der Impflinge Lokalreaktionen innerhalb von einem bis drei Tagen nach Impfung und bei zirka 2% der Impflinge systemische Reaktionen fünf bis 14 Tage nach Impfung im Sinne einer leichten Immunreaktion auf den Impfstoff beobachtet.
Lokalreaktionen wie Rötung, Erwärmung, Schwellung oder Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle (zumeist von kurzer Dauer). Nur in Einzelfällen verminderte sich vorübergehend die Zahl der Blutplättchen, die für die Gerinnung zuständig sind.
Selten kann es zu einer „Impfkrankheit“ durch einen masernähnlichen Hautausschlag kommen: Da der Masernimpfstoff ein abgeschwächtes, aber noch vermehrungsfähiges Masernvirus enthält, kommt es bei rund fünf Prozent der Geimpften nach etwa einer Woche zu einem masernartigen Hautausschlag und Fieber. Diese Symptome gehen in der Regel mit der Ausbildung einer guten Immunität gegen Masern einher. Eine voll ausgeprägte Masernerkrankung oder bekannte Komplikationen wie Mittelohr- oder Lungenentzündungen treten nicht auf.
3.)
Bisher konnten wissenschaftliche Studien nicht belegen, dass sich nicht geimpfte Kinder geistig oder körperlich besser entwickeln als geimpfte. Dies wäre auch nicht plausibel. Die verfügbaren Schutzimpfungen richten sich gegen rund ein Dutzend besonders häufig auftretender oder gefährlicher Erreger – mit hunderten weiteren Erregern muss sich das Immunsystem täglich auseinandersetzen.
Auch die Impfung selbst stellt für das Abwehrsystem einen Stimulus dar und trainiert das Immunsystem. Dementsprechend wäre es ausgesprochen überraschend, wenn geimpfte Kinder generell eine schwächere Konstitution besäßen oder über dauerhaft weniger Abwehrkräfte verfügten. Hinzu kommt: Es steht außer Frage, dass Kinder in der Regel durch Infektionen in ihrer Entwicklung zurückgeworfen werden und gesundheitliche Komplikationen bis hin zu Todesfällen die Folge sein können. Genau diese lassen sich mit der Hilfe von Impfungen vermeiden.
Fakt ist, dass die Kinder heutzutage gegen mehr Krankheiten geimpft werden als früher. Die Zahl der dabei übertragenen Antigene im Impfstoff hat sich aber dennoch deutlich verringert. Der Grund dafür liegt darin, dass die modernen Impfstoffe hoch gereinigt sind und zumeist nur einzelne Bestandteile der Erreger enthalten. Tatsächlich setzt sich das kindliche Immunsystem, das für diese Aufgabe gut gerüstet ist, tagtäglich mit einer vielfach größeren Menge von Antigenen auseinander, als dies bei Impfungen der Fall ist.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhardt Rehberg