Frage an Eberhard Gienger von Martin K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Hallo Herr Gienger
Nächste Woche dürfen die Iren, über den Vertrag von Lissabon (eine Art Verfassung für die EU abstimmen). Warum sind wir Deutschen in der EU nur Bürger zweiter Klasse? Also Bürger die nicht über die vormals genannte EU-Verfassung abstimmen dürfen.
mfg
Martin Kiemle
Sehr geehrter Herr Kiemle,
vielen Dank für Anfrage.
Es ist nicht so, dass Deutschland eine Sonderrolle einnimmt bei der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon. Die meisten EU-Mitgliedstaaten führen die Ratifizierung im Wege von Parlamentsbeschlüssen durch. Dies ist in den nationalen Verfassungen für die In-Kraft-Setzung von multilateralen Verträgen geregelt. Lediglich die Republik Irland muss zur Ratifizierung ein Referendum bzw. eine Volksbefragung durchführen.
Sie sehen, dass sich Ihre Frage, ob die Deutschen in der EU Bürger zweiter Klasse sind, bereits beantwortet hat.
Die Erfahrungen mit dem Verfassungsvertrag zeigen im Übrigen, dass die an der Volksbefragung teilnehmenden EU-Bürger häufig nicht die gestellten Fragen beantworten, sondern politische Rechnungen begleichen, die mit dem Gegenstand des Referendums im Grunde nichts zu tun haben. Im Rückblick auf Irland hat sich auch herausgestellt, dass viele Bürger gar nicht genau wussten, welche Themen sie eigentlich im Vertrag ablehnen.
Es ist natürlich theoretisch möglich, dass eines Tages auch in der Bundesrepublik Deutschland ein Volksentscheid für wichtige politische Fragen eingeführt wird. Gegenwärtig gibt es für die dazu notwendige Änderung des Grundgesetzes im Deutschen Bundestag jedoch keine parlamentarische Mehrheit.
Mit freundlichen Grüßen
Eberhard Gienger MdB