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Eberhard Gienger
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Frage von Ulrich P. •

Frage an Eberhard Gienger von Ulrich P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Gienger,

als Leistungssportler, Mitglied des Sportausschusses und ehemaliges persönliches Mitglied des NOK sind Sie der richtige Mann um Fragen im Zusammenhang mit der Olympiade in Peking zu beantworten. Der Sport wie auch die Religionen sind die Instanzen für hohe sittliche Werte. Ohne diese Werte ist Ordnung in dieser Welt undenkbar. Jetzt ist eine Diskussion über die Vergabe der Olympischen Sommerspiele in diesem Jahr an Peking öffentlich. Ist es richtig, dass die olympische Charta vom Veranstalter einer Olympiade die Einhaltung von Menschenrechten, Glaubens- und Gewaltfreiheit verlangt? Können Sie die Behauptung verstehen, dass wirtschaftliche Interessen höher gewertet werden als der Anspruch der Charta? Ist dies auch Ihre Meinung? Würden Sie es begrüßen, wenn in Zukunft keine Olympische Spiele mehr an ethisch zweifelhafte Staaten vergeben wird? Jetzt wird kontrovers über ein Boykott der Spiele diskutiert. Halten Sie dies für einen gangbaren Weg? Wenn nein, was würden Sie für einen Weg empfehlen, um auf China einzuwirken, damit die Charta durchgesetzt wird? Das NOK darf sich ja nicht unglaubwürdig machen. Sport macht bessere Menschen. Es wäre jammerschade, wenn sich die sportliche Instanzen selbst kastrieren und nicht mehr vollgenommen werden können. Bei unserer schnelllebigen Zeit ist Tibet wahr- scheinlich schnell vergessen. Ist dann Folter und Todesstrafe auf der Tagesordnung? Halten Sie das NOK durch die Vergabe an Peking schwer beschädigt?

Mit landsmännischem Gruß
Ulrich Parth

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Parth,

Sie haben Recht, wenn sie ausführen, dass der Sport, wie auch die Religionen Instanzen für sittliche Werte sind.

Die Olympischen Spiele wurden vor sieben Jahren an China vergeben mit der Vorgabe Einhaltung der Menschenrechte und der weiteren Unumkehrbaren Öffnung des Landes. In vielen Bereichen ist dies in China geschehen, wenn auch im Ganzen gesehen nicht ausreichend. Die Politik ist in der Pflicht, und hier erwarte ich, dass der Druck auf China verstärkt wird um UN-Beobachtern aber auch Journalisten wieder freien Zugang in alle Gebiete des Landes zu ermöglichen. Nur so kann China gewährleisten, dass das bisher erreichte Vertrauen gegenüber der Weltgemeinschaft nicht wieder in wenigen Monaten zerstört wird.

Von der vielfach gestellten Forderung nach einem Boykott der Olympischen Spiele halte ich weder als Bundestagsabgeordneter noch als Vizepräsident des DOSB etwas. Selbst der Dalai Lama aber auch Amnesty International sprechen sich bei aller berechtigten Kritik an China gegen einen solchen Boykott aus. Die Politik hat bereits in der Vergangenheit gelernt, dass ein Boykott gegen Olympische Spiele stets von Misserfolg gekrönt war. Die Rolle des Sports ist es, Brücken zu bauen und nicht Mauern aufzurichten. Die Olympischen Spiele sind die größte Begegnung junger Menschen in der Welt, das hat natürlich auch eine politische Dimension. Was der DOSB tun kann, ist an die chinesische Regierung zu appellieren, das Blutvergießen und die Verfolgung von Regierungskritikern in Tibet zu beenden. Die öffentliche Aufmerksamkeit, mit der China derzeit konfrontiert ist, kann viel mehr zum Fortschritt beitragen, als der Versuch einer Isolation. Der Sport hat kein Mandat, um eine Lösung in Bezug auf Tibet zu erreichen. Wir können und dürfen nicht erwarten, dass die Sportorganisationen Probleme lösen, die Generationen von einflussreichen Staatsmännern nicht lösen konnten.

Gespräche zwischen China und dem Dalai Lama sind zwingend notwendig, um auf einer Ebene der Diplomatie zu einer nachhaltigen Lösung der Tibetfrage zu kommen. Diese Meinung teilen auch die Bundesregierung und führende Vertreter der Bundestagsfraktionen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützt seit jeher den Anspruch der Tibeter auf religiöse und kulturelle Autonomie, zugleich verfolgen wir eine "Ein-China-Politik" und wenden uns dabei gegen alle separatistischen Bestrebungen.
Durch die Olympischen Spiele wurden zahlreiche Erleichterungen für Journalisten, Wirtschaft und die Öffentlichkeit erreicht. China sollte dieses Errungenschaften nun nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Wer heute einen Boykott der Olympischen Spiele fordert, müsste konsequenterweise auch einen Wirtschaftsboykott fordern. Dies würde Geld und Arbeitsplätze kosten und Wirtschaftsunternehmen anderer Länder würden die entstehende Lücke rasch wieder schließen. Boykotte sind unter diesem Gesichtspunkt also weder im Sport noch in der Wirtschaft zielführend. Daran ist ersichtlich, dass nur der Dialog Grenzen und Mauern überwinden kann.

Eberhard Gienger MdB