Frage an Eberhard Gienger von Steffen D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Zunehmende Arbeitslosigkeit:
Mit den Arbeitslosenzahlen wird regelmäßig Wahlkampf betrieben. Es gibt gegenseitige Anschuldigungen, die Arbeitslosigkeit weiter vorangetrieben zu haben.
Nun frage ich mich, wie will irgendeine Partei in Deutschland nachhaltig die Arbeitslosigkeit abbauen.
Arbeitsplätze gibt es vorwiegend in der Industrie und der freien Wirtschaft.
Diese baut aber zunehmend Arbeitsplätze in Deutschland ab und verlagert personalkostenintensive Abläufe in das billige Ausland.
Das lässt sich auch nicht verhindern, wenn Deutschland die Lohnnebenkosten senkt, da es aussichtslos ist in Deutschland einen konkurrenzfähigen Lohnkostensatz zu erreichen.
Wenn man Lohnkostensätze zum Beispiel in Polen mit denen in Deutschland vergleicht und dabei beim deutschen Lohnkostensatz die Nebenkosten abzieht ist dieser um ein vielfaches höher.
Das liegt natürlich zum Teil darin begründet, dass in den unterschiedlichen Ländern die Lebenshaltungskosten unterschiedlich hoch sind. Somit kann ein polnischer Arbeiter mit dem geringeren Lohn in Polen ein zufriedenes Leben führen.
Nur die Produktionslinien mit einem hohen Automatisierungsgrad bleiben ein Deutschland, für diese benötige ich aber bei weitem nicht mehr die Anzahl an Mitarbeitern wie noch vor ca. 15 Jahren.
Das Problem liegt doch vielmehr in der voranschreitenden Globalisierung.
Die weltweit agierenden Aktienunternehmen stehen kontinuierlich unter dem Druck der Aktionäre eine entsprechend hohe Dividende zu erwirtschaften.
Um dieser Erwartung nachzukommen gibt es in den wenigsten Fällen eine langjährige wirtschaftliche Planung, auch soziale Aspekte haben hier kein Platz mehr.
Es muss in immer kürzeren Zeitabschnitten ein möglichst hoher Gewinn erzielt werden.
Das erreicht man natürlich nur durch sparen. Und am schnellsten erreicht man das mit Einsparungen an Lohnkosten. Somit geht man dort hin, wo diese billig sind. - Das macht ja mittlerweile der normale Verbraucher auch, nur ihm wird wieder vorgeworfen er würde die deutsche Wirtschaft nicht unterstützen, wenn er einen Mazda oder Kia kauft. – Bei Wirtschaftunternehmen ist das normaler Alltag.
Was die Wirtschaftsunternehmen außer Acht lassen bei der Wahl ihrer Produktionsstandorte ist, dass Lohnkosten und Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Regionen von einander abhängen. Und nur wenn man die Lebenshaltungskosten senkt, kann man von den Arbeitnehmern erwarten für weniger Geld mehr Leistung zu bringen.
In Deutschland sieht es aber gerade anders herum aus: die Lebenshaltungskosten steigen stetig an und den Arbeitnehmern wird bei Tarifauseinandersetzungen nahe gelegt, mit wenig zufrieden zu sein.
Dieses Verhalten der Wirtschaft wird aber über kurz oder lang in einem sozialen und wirtschaftlichen Desaster enden, welches ein Nährboden für Kriminalität sein wird.
Demnach ist es doch Augenwischerei, als politisches Ziel zu verkünden wir verringern die Arbeitslosigkeit.
Noch widersprüchlicher wird es, wenn man dann noch mitbekommt, dass Bund, Länder und Gemeinden als Arbeitgeber Stellen abbauen müssen und damit noch mehr Arbeitslosigkeit produzieren.
Welches politische Konzept sieht ihre Partei vor, dieser Entwicklung entgegen zutreten?
Bitte argumentieren Sie nicht mit der Senkung der Lohnnebenkosten, das funktioniert nicht!
Sehr geehrter Herr Daniel,
vielen Dank für Ihre e-mail zum Thema Arbeit.
Angesichts von fast 5 Millionen Arbeitslosen hat die Union ihr Regierungsprogramm auf ein wesentliches Ziel ausgerichtet: Vorfahrt für Arbeit. Hierbei ist uns bewusst, dass wir mit den bisherigen Lösungen allein nicht auskommen. Andere Länder machen uns vor, wie mehr Beschäftigung entstehen und die Arbeitslosigkeit signifikant sinken kann. Deutschland hat diese Chancen auch, und CDU/CSU wollen diese Chancen nutzen.
Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Unternehmen mehr Arbeitplätze schaffen können.
„Vorrang der Politik gegenüber der Wirtschaft“ oder Wiederherstellung des „Primats der Politik“ sind dabei aber ein falscher und illusionärer Weg. Gerade uns Deutschen hat die Erfahrung mit der DDR klar vor Augen geführt, dass jeder Ansatz von Planwirtschaft die Lage für die Menschen nur verschlimmert. Der Wirtschaft müssen natürlich klare Regeln gesetzt werden, die insbesondere dazu dienen, Wettbewerb zuzulassen, damit die Verbraucher von konkurrierenden Produkten und niedrigen Preisen profitieren können. Wettbewerb und Solidarität mit denen, die sich nicht selbst ausreichend helfen können, sind das Wesen der Sozialen Marktwirtschaft, die Ludwig Erhard gegen viel Widerstand durchgesetzt hat. Kein Arbeitsplatz ist aber auf Dauer sicher, ohne dass er wettbewerbsfähig ist.
Ich muss Ihnen widersprechen, wenn Sie sagen, dass ich nicht mit der Senkung von Lohnnebenkosten argumentieren soll.Denn Die Senkung der Lohnnebenkosten ist ein Faktor von vielen, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren.
Der Weg, den die Union daher folgerichtig einschlagen will, besteht darin, die Wettbewerbsfähigkeit der Arbeitsplätze in Deutschland zu erhöhen. Dies wird in einem ersten großen Schritt durch die Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 2 Prozentpunkte auf dann 4,5 Prozent geschehen. Ein weiterer Schritt wird die Einführung der solidarischen Gesundheitsprämie sein, die die Kosten der Gesundheitsvorsorge vom Arbeitsverhältnis abkoppelt.
Zusammen mit einer Reihe von sozial ausgewogenen Maßnahmen zur Flexibilisierung des Arbeitsrechts werden diese Erleichterungen für Einstellungen zu mehr Arbeitsplätzen in Deutschland führen. Hiervon profitieren Arbeitnehmer wie auch Arbeitslose. Es entstehen nicht nur wieder mehr Arbeitsplätze, sondern das Nettoeinkommen der Beschäftigten steigt durch die Abkopplung eines Teils der Sozialversicherungskosten vom Arbeitsverhältnis. Somit profitieren beide Seiten von dieser Politik: Arbeit und Kapital. Nur dies ist eine erfolgreiche soziale Balance.
Eine Erhöhung der Binnennachfrage durch steigende Löhne, aber ohne strukturelle Änderungen, würde dagegen nicht zum Erfolg führen. Das zeigt ein Blick auf das Jahr 2002, in dem die Arbeitseinkommen der Beschäftigten im Schnitt um 1,8 Prozent – je Arbeitsstunde sogar um 2,4 Prozent – und damit deutlich stärker als die gesamtwirtschaftliche Produktivität gestiegen sind. Der Konsum im Jahr 2002 ist aber preisbereinigt erstmals seit 1991 gesunken (um 0,5 Prozent) und die Zahl der Arbeitsplätze lag um fast 250.000 oder 0,6 Prozent unter dem Vorjahresstand.
Zu einigen weiteren Punkten:
• Kündigungsschutz
Kündigungsschutz wird in Deutschland nicht nur durch die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes gewährleistet. Es gibt gesetzliche und tarifliche Unkündbarkeit, es gibt gesetzliche Fristen, es gibt das Verbot sittenwidriger Kündigungen und es gibt Sonderrechte, z.B. für Behinderte, Schwangere und auch Betriebsräte. Die Union will außerdem den Kündigungsschutz für bestehende Arbeitsverhältnisse unangetastet lassen. Unser Ziel ist es, Einstellungen zu erleichtern. Dafür soll beispielsweise die Schwelle, ab der das Kündigungsschutzgesetz greift, auf 20 Arbeitnehmer hochgesetzt werden. Da gerade in kleinen Betrieben in der Regel ein persönliches Verhältnis zwischen Chef und Arbeitnehmern und damit eine besondere Verbindung besteht, ist hier die Schutzbedürftigkeit der Beschäftigten geringer als in anonymen Großbetrieben. Wir brauchen aber vor allem neue Chancen für die Menschen, die Arbeit suchen. Solche Arbeitsplätze entstehen vor allem in kleinen und mittleren Betrieben. Die Vorschläge der Union sind daher vernünftig und sozial ausgewogen.
• Arbeitszeit
Bei den Arbeitszeiten werden CDU und CSU dafür sorgen, dass die von der europäischen Arbeitszeitrichtlinie eingeräumten Spielräume in den Betrieben genutzt werden können. Fixe Arbeitszeiten für Unternehmen und Arbeitnehmer sind falsch. Weder eine allgemeine 35- noch eine pauschale 42-Stunden-Woche für alle sind Ziel von CDU und CSU. Unsere hoch entwickelte Industrie und Arbeitswelt erfordern Flexibilität, die sich etwa in der Orientierung an einer Wochen- statt einer täglichen Höchstarbeitszeit, in der Ermöglichung von Jahresarbeitszeitkonten und anderen Instrumentarien niederschlagen könnte. Wenn man flexiblen Arbeitszeitge-staltungen zum Erfolg verhelfen will, dann müssen diese Arbeitszeitkonten insolvenzgeschützt sein. Hier sind wir mit Ihnen einer Meinung.
• Arbeitsschutz
Der überwiegend aus Brüssel vorgegebene Arbeitsschutz ist sehr umfassend und führt zu dem erfreulichen Ergebnis, dass immer weniger folgenschwere Unfälle am Arbeitsplatz passieren. Um mit den anderen EU-Staaten erfolgreich konkurrieren zu können, sollte hier aber nicht auf das aus Europa vorgegebene Recht noch „draufgesattelt“ werden.
• Antidiskriminierung
Für uns gilt: Die EU-Vorgaben müssen umgesetzt werden, aber es genügt eine Umsetzung 1:1. Alles andere kostet Arbeitsplätze.
• Tarifautonomie/betriebliche Bündnisse für Arbeit Die Union steht zum Flächentarifvertrag. Wir hoffen, dass die Tarifvertragsparteien selbst den Weg zu flexiblen tarifvertraglichen Lösungen einschlagen bzw. weitergehen, um Betrieben und Arbeitnehmern im Rahmen des Tarifvertrages möglichst viel Spielraum für betriebliche Lösungen zu lassen.
Die von CDU und CSU beabsichtigten gesetzlichen Änderungen zur rechtlichen Absicherung betrieblicher Bündnisse für Arbeit sind gleichwohl notwendig und richtig. Es muss eindeutig klargestellt werden, dass die Beschäftigungssicherung und der Beschäftigungsaufbau ein legitimes Ziel sind, das Abweichungen vom Tarifvertrag rechtfertigt. Die vorgeschlagenen gesetzlichen Änderungen werden verfassungskonform ausgestaltet und tasten den grundsätzlichen Vorrang des Tarifvertrages vor einer Betriebsvereinbarung, wie er sich aus § 77 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz ergibt, nicht an.
• Arbeitnehmerentsendegesetz/Mindestlohn
Die Union lehnt eine pauschale Ausdehnung des Arbeitnehmerentsendegesetzes auf alle Branchen und damit die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns durch die Hintertür ab. Eine Ausdehnung des Arbeitnehmerentsendegesetzes kann in einzelnen Branchen richtig sein, aber keinesfalls in der gesamten Wirtschaft. Wichtig ist dabei vor allem, dass beide Tarifparteien, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, die Anwendung des Arbeitnehmerentsendegesetzes wünschen, und dies nicht zur mehr Schwarzarbeit oder mehr Arbeitslosigkeit führt.
• Mitbestimmung
Die Union bekennt sich zur Unternehmens- wie auch zur betrieblichen Mitbestimmung. Diese Instrumente haben sich in Deutschland bewährt und dazu beigetragen, den sozialen Frieden zu sichern.
.. Bürokratieabbau Wir fordern einen Stopp der Gängelung der Wirtschaft durch Rechtsvorgaben des Bundes und Entlastung der Wirtschaft von Bürokratiekosten und die Unsetzung von EU-Vorgaben in nationales Recht 1:1 und nicht darüber hinaus.
Ihr Argument, dass Bund, Länder und Gemeinden Arbeitsplätze abschaffen und damit die Arbeitslosenquote erhöhen, stimmt so micht ganz. Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst werden vom Staat und somit vom Steuerzahler gezahlt. In Anbetracht der immens hohen Verschuldung Deutschlands sind dieses Maßnahmen sinnvoll,wenn sie durch andere/billigere Ressourcen/Varianten ersetzt werden können. Ein Verstoß gegen die Maastricht Kriterien können wir uns nicht ein weiteres Mal leisten.
Sehr geehrter Herr Daniel, tatsächlich ist die Beseitigung der hohen Arbeitslosigkeit ein schwieriges unterfangen. Aber mit den von uns vorgeschlagenen Voraussetzungen, wird es uns gelingen mehr Menschen in Arbeit zu bringen.