Frage an Eberhard Gienger von Kai P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Gienger,
ich weiß nicht ob sie sich noch erinnern (ist auch nicht so wichtig), ich war hab Sie im Oktober 2007 bei meiner Klassenfahrt im Bundestag getroffen (vielliecht sagt Ihen der Name G. Schabinger etwas). Das aber nur nebenbei. Meine eigentlich Frage bezieht sich auf Ihre Abstimmung einmal über den Postmindestlohn (Sie stimmten dagegen) und einmal über eine Diätenerhöhung. Welcher Arbeitnehmer hat es den nötiger ein höheres Einkommen zu beantragen? Ein Postarbeiter oder ein Bundestagsabgeordneter? Postangestellte verdienen sich genauso ihr Geld durch Arbeit, bekommen aber, anders als die Abgeordneten, nich nach 2003 2008 schon wieder eine Diätenerhöhung. Es liegt natürlich in der Natur des Menschen, dass einer großteil der Bevölkerung nicht nein sagen würde, wenn ihnen die Frage gestellt würde ob sie ihr Einkommen erhöhnen wollen. Aber wäre es nicht gerade für ein Politiker, positiv auf Wahlen auswirkend, angebracht das der Wähler auch sieht, es gibt auch noch Politiker die für ein, nur gerechten, Mindestlohn der Postangestellten stimmen? Es ist ja nicht so, dass Politiker außerordentlich wenig verdienen würden. Oder haben sie schonmal einen Abgeordneten gesehen, der behauptet, doch lieber Postmitarbeiter zu sein, schließlich haben diese doch ein so tolles Einkommen, dass sie mal gut und gerne auf ein Mindestlohn verzichten können?
Sehr geehrter Herr Peschek,
wie Sie angemerkt haben, habe ich gegen den Postmindestlohn gestimmt. Gerne erläutere ich Ihnen auch meine Gründe dafür. Eines der wichtigsten Ziele der Politik sehe ich darin, Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und langfristig zu sichern. Ein staatlicher Mindestlohn ist hier das falsche Signal. Die Massenentlassungen in der Postbranche zeigen dies in aller Deutlichkeit. Statt deutsche Arbeitnehmer vor der Verdrängung durch billige Arbeitskräfte aus Osteuropa zu schützen, fördert die Ausdehnung von tariflichen Mindestlöhnen auf nicht ortsgebundene Arbeiten die Verlagerung solcher Tätigkeiten an kostengünstigere Standorte im Ausland und bewirkt in Deutschland auf lange Sicht größere Arbeitsplatzverluste.
1,3 Millionen Vollzeitbeschäftigte verdienen 6 Euro pro Stunde oder weniger. Mit einem Mindestlohn wären diese Jobs in Gefahr. Für die Betriebe bliebe als Ausweg nur noch eine Verlagerung ins kostengünstigere Ausland oder der Abbau von Arbeitsplätzen. In der Diskussion um Mindestlöhne wird oft übersehen, dass 40 Prozent der Arbeitslosen gar keine Berufsausbildung haben - und mit einem gesetzlichen Mindestlohn so gut wie keine Chance mehr auf einen Job hätten, denn die Lohnkosten in den unteren Einkommensschichten übersteigen heute schon oft die Produktivität der Arbeitskräfte. Damit würde ein Mindestlohn gerade die Schwächsten am Arbeitsmarkt dauerhaft um die Chance bringen, für ihren Lebensunterhalt so weit wie möglich selbst aufzukommen.
Außerdem gebe ich zu bedenken, dass wenn der Mindestlohn zu hoch ist, Arbeitsplätze vernichtet werden, wenn er zu niedrig ist, wirkt er nicht. Es ist reiner Zufall, dass man den Mindestlohn so definiert, wie er marktgerecht wäre. Ich möchte Ihnen als Beispiele England und Frankreich nennen. In England sind es nur 1,4 Prozent der Vollzeitarbeitskräfte, die mit Mindestlohn bezahlt werden, da verglichen mit dem allgemeinen Lohnniveau der Mindestlohn zu niedrig ist. In Frankreich gibt es seit 1950 einen staatlichen Mindestlohn für alle über 18-jährigen, die Jugendarbeitslosenquote stieg in den vergangenen drei Jahren um 2,2 Prozentpunkte - nach einer kräftigen Anhebung des Mindestlohns um ein Fünftel.
Ich sehe als auch generell als falsch an, durch gesetzliche Regelungen in die Tarifautonomie einzugreifen, zumal sich auch verschiedene Gewerkschaften gegen staatlich vorgeschriebene Mindestlöhne aussprechen. Auch sehe ich die Gefahr, dass Unternehmen wie z.B. die Deutsche Post AG die Löhne Ihrer Mitarbeiter auf den Mindestlohn absenken und so die Tarifautonomie untergraben werden könnten. Gerne stehe ich Ihnen für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Eberhard Gienger