Frage an Eberhard Gienger von Claude A. bezüglich Wirtschaft
Guten Tag Herr Gienger,
kurz vor der Wahl bleiben doch noch einige Fragen offen:
Wie stellen Sie sich die Energieversorgung in den kommenden 30 Jahren vor?
Wie stehen Sie zu Kriegseinsätzen der Bundeswehr?
Wie wollen Sie die angekündigten Steuersenkungen gegenfinanzieren?
Wie wollen Sie die Staatsverschuldung drosseln?
Wie wollen Sie der Klimaerwärung drosseln?
Wie wollen Sie das Land und die Region fördern - die ja in starkem Maße an der Autoindustrie hängen?
Dannke
MfG
Claude Aufrecht
Sehr geehrter Herr Aufrécht,
haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an meiner politischen Arbeit. Gerne erläutere ich im Folgenden meine Postionen bezüglich den von Ihnen angesprochenen Themen, die ich für absolut zentral erachte.
Um die Energieversorgung sicherzustellen und den klimatischen Wandel - ein Aspekt der hiermit untrennbar verwoben ist - auf verantwortbare zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter einzudämmen, müssen grundlegende Anstrengungen unternommen werden. In diesem Bewusstsein hat die CDU-geführte Bundesregierung in den letzten Jahren, wie ich finde, Meilensteine gesetzt und ist unbestritten zum internationalen Vorreiter in Sachen Klimaschutz geworden. Da momentan alternative Energieträger noch nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, müssen wir zur Absicherung der Versorgungssicherheit auf einen klimafreundlichen und kostengünstigen Energiemix setzen. Dies beinhaltet momentan auch noch den Einsatz der Kernkraft, weswegen ich dafür plädiere, eine Laufzeitverlängerung der sichersten deutschen Kernkraftwerke zu prüfen. Gleichsam haben meine Partei und ich uns jedoch das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv voranzutreiben. Bis zum Jahre 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bereits 30 Prozent betragen. Außerdem wollen wir bis zu diesem Jahr über den effizientesten Kraftwerkpark der Welt verfügen und eine Verdoppelung der Energieffizienz (im Vergleich zu 1990) aufweisen. Da der Klimawandel bekanntlich keine Grenzen kennt und auch die Energiesicherheit maßgeblich von der internationalen Verständigung unseres Landes abhängt, werden wir außerdem intensiv den Dialog mit der Weltgemeinschaft suchen, um so die bestehenden Herausforderungen gemeinsam zu lösen. Um nur ein Bespiel zu nennen, streben wir aktuell ein globales Klimaschutzabkommen mit verbindlichen CO2-Reduktionszielen an (Kyoto-Plus-Abkommen). Auf nationaler politischer Ebene werden wir außerdem eine einheitliche Energiepolitik durchsetzen, die momentan noch teils dadurch verhindert wird, dass energiepolitische Entscheidungskompetenzen auf unterschiedliche Politikfelder und Politikebenen verteilt sind. Für größere Planungs- und Finanzierungssicherheit müssen wir diese Kompetenzen verstärkt beim Bund bündeln.
Eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung und Nutzung umweltfreundlicher Kraftwerkstechnologien und anderen Bereichen der grünen Technologie wie etwa der Entwicklung alternativer Treibstoffe und Motorentechnologien zu übernehmen, birgt darüber hinaus ein enormes Wachstumspotenzial für die deutsche Wirtschaft und stellt ein Ziel dar, das ich intensiv unterstützen werde. In der Krise, so meine ich, müssen Wirtschaft und Umwelt zusammen gedacht werden. Die Ziele aus den beiden Bereichen müssen verbunden werden und zur Ausrichtung unserer Politik dienen. Wir wollen einen Forschungs- und Technologieschub herbeiführen, der Deutschland langfristig nicht nur bei klimaschonenden Energieträgern und Klimaschutztechnologien (saubere Gas- und Kohlekraftwerke, Erneuerbare Energien, der Kerntechnik, der Biomasse und der Geothermie) als Weltmarktführer positioniert. Auch die Autoindustrie muss wieder innovativer werden, nicht zuletzt um die hohe Zahl der Arbeitsplätze zu sichern, die hiermit verbunden sind. Es gilt also, auch für die im Land angesiedelten Unternehmen, die Herausforderungen des Klimawandels und der Rohstoffverknappung anzunehmen und diese als Zukunftschancen zu betrachten. Von einer CDU-geführten Bundesregierung werden sie dabei maßgebliche Unterstützung erhalten. Darüber hinaus will ich mich für den Ausbau einer modernen Infrastruktur einsetzen, die essenziell ist für den Standort Deutschland - in den Städten und mindestens ebenso im ländlichen Raum. Eine solche Politik braucht Kontinuität und Verlässlichkeit in der Planung und Mittelzuweisung, deswegen muss der Bund seiner Infrastrukturverantwortung nachkommen und dafür eintreten, dass die investiven Mittel auf hohem Niveau fortgeführt werden und keine Investitionslücken entstehen. So wollen wir etwa mit der bereits initiierten Breitbandinitiative eine flächendeckende Versorgung mit DSL-Netzen herbeiführen und die auch bislang noch nicht versorgten ländlichen Gebiete anbinden. Global gesehen besteht für mich jedoch die mit Abstand beste Investition in Wachstum und Wohlstand jedoch in Bildung und Forschung. Nur wenn wir es schaffen, unsere Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen wieder in der Breite an internationales Spitzenniveau heranzuführen, werden wir langfristig über innovatives Know-How verfügen - das letztendlich Wohlstand schafft und aufrechterhält.
Auslandseinsätze der Bundeswehr sind meiner Meinung nach stets mit großer Vorsicht und Aufmerksamkeit zu betrachten. Wir sollten niemals leichtfertig das Leben von Zivilisten und das unserer Soldaten aufs Spiel setzen. Jedoch müssen wir uns auch der gewachsenen Verantwortung Deutschlands innerhalb der internationalen Gemeinschaft bewusst sein und diese entsprechend wahrnehmen. Der Einsatz militärischer Mittel darf jedoch prinzipiell nur als ultima Ratio in Erwägung gezogen werden. Jedoch können auch Faktoren zusammenkommen, die einen Einsatz der Bundeswehr im Ausland sinnvoll oder sogar unabdingbar werden lassen. Ob nun deutsche Soldaten dafür sorgen, dass sich im Kosovo staatliche und institutionelle Strukturen aufbauen lassen, die wiederum einen enormen Einfluss auf die Stabilität der Balkanregion und somit auch der EU haben, oder ob deutsche Soldaten einen konstruktiven Beitrag dazu leisten, dass die Taliban nicht wieder die Macht in Afghanistan übernehmen und somit verhindern helfen - um nur eine mögliche Auswirkung dieses Szenarios zu nennen -, dass die Atommacht Pakistan entscheidend destabilisiert wird. In beiden Fällen sehe ich gute Beispiele für einen gerechtfertigten Einsatz - denn unsere Sicherheit, da dürfen wir uns keinen Irrtum erlauben, hängt längst nicht mehr nur von den Prozessen ab, die innerhalb unserer Grenzen ablaufen. Darüber hinaus leistet die Bundeswehr vor Ort einen entscheidenden Beitrag zum wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau des Landes. Die positiven Entwicklungen seit dem Ende des Taliban-Regimes - etwa die Infrastruktur, die Schulen, Krankenhäuser und Straßen, die entstanden sind und Tausenden von Menschen würdigere Lebensverhältnisse ermöglichen - wären ohne diese Form der Unterstützung nicht denkbar gewesen.
Des Weiteren sprechen Sie Steuerentlastungen an, deren Umsetzung in der Tat für die nächste Legislaturperiode vorgesehen ist. Immer wieder wird dieser Schritt als absolut paradox dargestellt - besonders in der aktuellen wirtschaftlichen Krisensituation. Ich denke jedoch, dass diese Betrachtung zu kurz greift. Steuerentlastungen sind nur auf den ersten Blick als reine Mindereinnahmen des Staates zu begreifen. Im Gegenteil: Steuerentlastungen stellen ein zentrales Instrument zur Ankurbelung der Wirtschaft dar. So können sie sich entscheidend positiv auf die Binnennachfrage sowie die gesamtwirtschaftliche Aktivität auswirken und sich in einem höheren Wachstum des Sozialproduktes widerspiegeln. Im Umkehrschluss bedeutet dies wiederum Mehreinnahmen für den Staat. Dieser Ansatz hat schon oft in der Geschichte - auch der Bundesrepublik - seine Wirkung bewiesen. Gleiches gilt konsequenterweise auch für die Staatsverschuldung: Bessere Konjunkturwerte schlagen sich, wie dargestellt, in höheren Steuereinnahmen nieder, die wiederum für den Abbau der Staatsschuld Verwendung finden müssen. Alles andere stellt für mich eine Unverantwortlichkeit höchstem Maße dar, besonders für die kommenden Generationen. Zur Eindämmung der Staatsverschuldung haben wir im Übrigen mit der sogenannten Schuldenbremse bereits ein solides Fundament gelegt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Einstellungen und Ziele zu diesen wichtigen Sachverhalten gebührend vermitteln und stehe für eventuelle Rückfragen jedoch gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Eberhard Gienger MdB