Frage an Eberhard Gienger von Helmut B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Hallo Herr Gienger,
die überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerung will die Beteiligung Deutschlands an dem Krieg in Afghanistan nicht. Trotzdem ist Deutschland dabei.
Was ist das für eine Demokratie, in welcher der Wille der Bevölkerung so sehr mißachtet wird?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Betsch,
gerne werde ich zu Ihrer Frage Stellung beziehen.
ich bin für den Afghanistan-Einsatz, da jedem bewusst sein sollte, dass die Sicherheit und Stabilität Afghanistans sich unmittelbar auf uns auswirken. Afghanistan darf nicht wieder zu einem gescheiterten Staat werden, von dem aus Terroristen gegen uns agieren können.
Der ISAF-Einsatz ist die Reaktion auf die Anschläge des 11. September: Die Al-Qaida-Terroristen konnten diese durchführen, weil sie durch die radikalislamische Gewaltherrschaft der Taliban geschützt und gefördert wurden. Die Taliban und Al-Qaida sind in Afghanistan weiter aktiv, vor allem im Süden und in der Grenzregion zu Pakistan. Sie planen weitere Anschläge gegen den Westen. Deshalb dient der ISAF-Einsatz auch unserem Schutz. Der Prozess gegen die sogenannte "Sauerland"-Gruppe zeigt: Es gibt direkte Verbindungen zwischen Al-Qaida/Taliban und Terroristen in Deutschland und damit eine unmittelbare Gefahr für unsere Sicherheit.
Die Terroristen von Al-Qaida und Taliban sind nicht irregeleitete Idealisten, die durch Dialog von ihrem Weg abgebracht werden könnten. Sie sind entschlossene Fanatiker, die wieder ihre Gewaltherrschaft errichten wollen. Ein einseitiger Rückzug der Bundeswehr, wie die Linke ihn fordert, würde nur den Terroristen in die Hände spielen. Er würde die Gefahr für Deutschland nicht verringern, sondern im Gegenteil: Die Terroristen würden sich dadurch nur ermutigt fühlen, Anschläge gegen unser Land durchzuführen.
Ein einseitiger Rückzug würde auch den ISAF-Einsatz untergraben. Damit würden wir unsere NATO-Partner, die mit ihrem Einsatz auch zu unserer Sicherheit beitragen, im Stich lassen.
Nur wenn Afghanistan stabiler wird und die Menschen dort vom Wiederaufbau des Landes profitieren können, wird die afghanische Regierung sich gegen die Terroristen durchsetzen können. Der Bundeswehreinsatz und die Wiederaufbauhilfe dienen deshalb auch unseren Sicherheitsinteressen. Der ISAF-Einsatz kann beendet werden, wenn die afghanische Regierung die Sicherheit und Stabilität im eigenen Land garantieren kann. Dann wird von dort aus auch für uns keine Gefahr mehr ausgehen. Dies ist das Ziel des Einsatzes. Je schneller dieses Ziel mit unserer Hilfe erreicht wird, desto eher kann der militärische Einsatz beendet werden. Deshalb haben wir die Ausbildung von afghanischen Soldaten verdreifacht, den Aufbau der Polizei Afghanistans intensiviert, die internationale Wiederaufbauhilfe noch besser koordiniert.
Es geht also auch um unsere Sicherheit: Die Bedrohung durch radikal-islamische Gruppen besteht weiter. Jetzt abzuziehen, würde eine Gefahr für unsere Sicherheit bedeuten. Die ISAF-Soldaten stabilisieren die Lage: Sie schützen zivile Helfer und ermöglichen so den zivilen Wiederaufbau. Ein Wiederaufbau des zerstörten Landes wäre ohne diesen militärischen Schutz nicht möglich. Wir dürfen das Erreichte nicht verspielen: Unsere Soldaten und Entwicklungshelfer haben in den letzten Jahren Großes geleistet und viel erreicht. Das müssen wir nun sichern und ausbauen - sonst wären die Anstrengungen und die schmerzlichen Opfer umsonst gewesen. Wir haben eine Verantwortung gegenüber Afghanistan: Wir haben den Menschen in Afghanistan zugesagt, sie beim Wiederaufbau ihres Landes zu unterstützen. Alleine schaffen sie dies nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Eberhard Gienger MdB