Frage an Dorothee Martin von Peter W. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Martin,
es geht um ein Detail des Hartz4-Systems.
Die SPD war ja mit Urheber, und distanziert sich auch jetzt noch nicht von Hartz4 und der Idee, Langzeitarbeitslose mit Armut und Sanktionen unter Druck zu setzen.
Armut als Arbeitsanreiz ist eine Säule davon und die Begründung, daß der Regelsatz nur zum ÜBER-Leben reicht.
Dennoch ist die Idee, Menschen durch Armut dazu zu motivieren, eine Arbeit aufzunehmen bzw. entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um in Arbeit zu kommen nachvollziehbar (ohne es damit auch gutzuheißen).
Nun ist aber die Frage, wozu Kinder, die in einer Familie leben, die von ALG2 leben muss, einen Arbeitsanreiz brauchen. Denn sie bekommen sogar noch weniger als Erwachsene, obwohl sie (je nach Alter) keineswegs dem Arbeismarkt zur Verfügung stehen sollen. Sie sollen sich um ihre Schulbildung und um Ihr Kindsein kümmern. Mit Hartz IV bekommen Kinder aber sogar weniger als die arbeitslosen Erwachsenen, abhängig von ihrem Alter.
Damit ist eine vernünftige Teilhabe nicht möglich. Auch die kompliziert zu beantragenden Extrazuschüsse für Kinder können das nicht ändern.
Wieso also widerspricht sich hier die Hartz-iV-Logik schon selbst und hält Kinder, die keine Arbeitslosen sind, in Armut?
Was ist mit den Grundsicherungsemfpängerinnen? Diese bekommen einen Regelsatz, der dem ALG 2 entspricht. Brauchen sie einen Arbeitsanreiz? Sie sind doch vom Arbeitsleben ausgesteuert, sonst wären sie weiterhin im ALG-2-Bezug.
Es geht hier um alte und / oder chronisch kranke Menschen, die nicht oder kaum arbeiten können.
Was ist von der SPD zu erwarten, um zumindest für Kinder, alte und chronisch kranke Menschen (dazu gehört der überwiegende Teil der KlienInnen, der Stiftung, der Sie vorstehen!) die Armut zu beenden, falls sie die kommende Bundestagswahl gewinnen?
Ich danke Ihnen im Voraus und verbleibe mit freundlichen Grüßen
P. W.
Sehr geehrter Herr Windel,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Ich möchte zunächst auf Ihre Ausführungen zum Arbeitslosengeld II eingehen und Ihnen dazu unsere Standpunkte aus dem Zukunftsprogramm der SPD näherbringen.
Unsere Gesellschaft braucht für ihren Zusammenhalt einen verlässlichen Sozialstaat. Dieser fußt auf sozialen Rechten aber auch Pflichten. Die Bürger:innen treten ihm nicht als Bittsteller:innen entgegen. Deshalb soll der Zugang zum Arbeitslosengeld erleichtern werden.
Eine Beschäftigung und, falls erforderlich, eine Qualifizierung und Weiterbildung zu ermöglichen, muss unser gemeinsames Ziel sein. Dazu schaffen wir das Recht auf Förderung, beim Nachholen eines Berufsabschlusses und führen einen Weiterbildungs-Bonus ein, der die finanziellen Spielräume spürbar erweitert.
Mitbürger:innen, die trotz guter Unterstützung, keine Perspektive auf dem ersten Arbeitsmarkt haben, wollen wir in den sozialen Arbeitsmarkt einführen. Dieser soll für alle die seit mehreren Jahren von Arbeitslosigkeit betroffen sind, den „Weg in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse“ ebnen. Sinnvolle und vor allem sozial abgesicherte Tätigkeiten zu schaffen, hat sich ganz klar bewährt. Wir werden den sozialen Arbeitsmarkt weiterführen und weiterentwickeln. Dazu werden weiterhin Arbeitgeber:innen mit Lohnkostenzuschüssen unterstützt, die Langzeitarbeitslosen eine Chance geben und sozialversicherungspflichtig einstellen.
Die derzeitige Grundsicherung werden wird überarbeiten und zu einem Bürgergeld entwickeln. Dieses Bürgergeld steht für ein neues Verständnis eines haltgebenden und bürgernahen Sozialstaats. Über eine verständliche Sprache bei Bescheiden und Schriftwechseln plus die Möglichkeiten der Digitalisierung, soll ein einfacher Zugang zum Bürgergeld gewährleistet werden. Das neue Bürgergeld muss zu einem Leben in Würde ausreichen und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen.
Ein weiterer Punkt, den Sie in Ihrer Frage ansprechen, beschäftigt sich mit unserer Zukunft, mit den Kindern.
Wir werden dafür sorgen, dass alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft die gleichen Chancen haben, das Bestmögliche aus ihrem Leben zu machen. Jedes Kind soll gut und geborgen aufwachsen und alle jungen Menschen sollen gut ins Erwachsenenleben starten.
Es gibt bereits eine breit aufgestellte Form der Unterstützung von Kindern und Familien in Deutschland. Dennoch ist es oft so, dass sie nicht jeder/jedem zuteil wird. Daher ist hier das Konzept der Kindergrundsicherung entwickelt worden, welches aus zwei zentralen Bereichen besteht. Zum einen aus einer Infrastruktur, die gerechte Bildung und Teilhabe für alle Kinder ermöglicht. Sie beinhaltet gute und beitragsfreie Kitas, ein Ganztagsangebot für Schulkinder, eine soziale Infrastruktur für Jugendliche und freie Fahrt für Kinder und Jugendliche mit Bus und Bahn im Nahverkehr. Die Kindergrundsicherung besteht zum anderen aus einem neuen existenzsichernden, automatisch ausgezahlten Kindergeld, das nach Einkommen der Familie gestaffelt ist – je höher der Unterstützungsbedarf, desto höher das Kindergeld. Damit machen wir das Leben der Familien leichter, die es besonders schwer haben. Der monatliche Basisbetrag dieses neuen Kindergeldes wird bei zirka 250 Euro liegen. Der Höchstbetrag wird sich an den Ausgaben von Familien mit mittleren Einkommen für Bildung und Teilhabe orientieren und mindestens doppelt so hoch sein wie der Basisbetrag. Im Höchstbetrag sind das sachliche Existenzminimum inklusive Wohnkostenpauschale sowie Bildungs- und Teilhabekosten enthalten.
Sie sehen also, die von Ihnen angesprochenen Punkte sind in unserer Agenda enthalten. Ich füge Ihnen hier gerne nochmal den Link zu kompletten Zukunftsprogramm der SPD bei: Für Dich - Das Zukunftsprogramm der SPD (zukunftfuerdich.de)
Sollten Sie darüber hinaus weitere Fragen haben, kommen Sie gerne wieder auf mich zu.
Mit freundlichen Grüßen
Dorothee Martin