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Dorothee Martin
SPD
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Frage von Falk M. •

Frage an Dorothee Martin von Falk M.

Hallo Frau Martin,

es ist ja schön das Sie sich im Bund um das Thema Bildung kümmern wollen.
Ich habe dazu ein paar Fragen:
Wissen Sie noch was das Versprechen der SPD war wie viel Kinder eine Grundschulklasse in Hamburg haben max soll? Wissen Sie ob in Ihrem Wahlkreis diese Anzahl überschritten wird?

Warum müssen in Hamburg bessere Mathe-Noten angeordnet werden?

Wieso kann meine Tochter 2. Klasse erst jetzt genau so gut lesen wie meine Nichte in Sachsen in der 1.Klasse?

Wie ist der Entwicklung der Stunden Zahlen der Inklussionkräfte/pro Schüler an den Schulen in Ihrem Wahlkreis?

Warum hat konnte meine Tochter noch in eine Kita gehen, wo der Schnitt es 2 Erzieher auf 11 Kinder gab, mein Sohn aber jetzt mit 2 Erzieher auf 14 Kinder?

Warum werden de Klassen der Grundschulen um ein Neubaugebiet von Anfang bis zum Anschlag befüllt, obwohl das Neubaugebiet noch nicht fertig ist und es zu erwarten ist, das neu weitere Kinder im Laufe des Schuljahres dazu kommen?

Ich bin gespannt auf Ihre Erklärungen.
Danke
Falk

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Fragen und Ihr Interesse an der Hamburger Bildungspolitik. Zwar zielen Ihre Fragen im Wesentlichen auf die Politik des Hamburger Senats bzw. der Bürgerschaft ab und sind somit keine Bundesthemen, doch da mir das Thema Bildung persönlich sehr wichtig ist, möchte ich Ihnen gerne direkt antworten.

1. Klassenfrequenzen

Die SPD hat bereits während der Alleinregierung von 2011 bis 2015 dafür gesorgt, dass die Grundschulklassen so klein wie nie zuvor sind und dafür eine Menge Geld investiert. Im Jahr 2009 lag die reale durchschnittliche Zahl der Schüler in einer Grundschulklasse noch bei 23,4. Im aktuellen Schuljahr liegt sie bei 20,6. Das ist die Folge politischen Handelns der SPD und ein enormer finanzieller Kraftakt. Die gesetzlich festgeschriebene maximale Zahl an Schülern in einer Grundschulklasse ist abhängig davon, wo die Schule liegt. In Regionen mit sozial stark gestellter Anwohnerschaft liegt diese Zahl höher. So gilt in Teilen von Billstedt oder Osdorf eine Maximalzahl von 19 Schülern pro Schulklasse, während es in Fuhlsbüttel oder Wellingsbüttel maximal 23 Schüler pro Schulklasse sein dürfen. Von dieser gesetzlich festgeschriebenen Höchstfrequenz darf nur in Ausnahmefällen abgewichen werden. Falls Sie noch weitere Infos zu konkreten Schulen haben möchten, lassen Sie mich das gerne wissen.

2. Anhebung der Noten einer Mathematik-Klasur

Schulsenator Ties Rabe hat nicht einfach grundsätzlich die Mathematik-Noten angehoben, sondern dies nur für eine einzige Klausur, die besonders schlecht ausgefallen ist, getan. Diese geht nur zu einem sehr geringen Teil in die Gesamtnote ein. Solche Vorgänge sind in allen Bundesländern üblich, wenn es zu unerwartet schlechten Ergebnissen aufgrund unangemessen schwerer Klausuren kommt. Hintergrund ist, dass in diesem Jahr im Abitur erstmals eine Mathematik-Klausur geschrieben wird, die sich aus einem Pool von bundesweit vereinbarten Aufgaben zusammensetzt. Um bundesweit einheitliche Standards zu schaffen und dem manchmal geäußerten Verdacht entgegenzuwirken, man könne in einigen Bundesländern „einfacher“ an sein Abitur kommen, sind diese Verabredungen sehr wichtig. Da auch Hamburg mit diesem Vorhaben Neuland betritt, wurde schon im Voraus eine schriftliche Arbeit unter diesen veränderten Abiturbedingungen geschrieben. Es gibt viele Spekulationen und Gründe dafür, warum diese Klausur so unerwartet schlecht ausgefallen ist, doch es wäre unfair gegenüber den Schülern gewesen, die alleinigen Leidtragenden zu sein. Mit der Anhebung um eine Note hat der Schulsenator dafür gesorgt, dass die Ergebnisse ungefähr denen des Vorjahrs entsprechen. Zugleich haben die Lehrer, die Schüler und auch die Behörde durch diesen Testlauf gelernt, was noch zu tun ist, um beim Abitur erfolgreicher zu sein.

3. Kompetenzunterschiede zwischen den Bundesländern

Warum Ihre Tochter genauso gut lesen kann wie ihre jüngere Nichte, vermag ich natürlich nicht zu beurteilen. Ihre Frage zielt aber sicherlich darauf ab, ob Hamburgs Schüler grundsätzlich weniger lernen als andere. Hier kann man feststellen, dass dem nicht so ist. Zunächst muss man feststellen, dass Hamburg eine ganz andere gesellschaftliche Struktur hat und mit dem hohen Anteil von Schülern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, andere Voraussetzungen für das Lernen hat. In einer Großstadt (dasselbe gilt für Stuttgart oder München) sind die Rahmenbedingungen andere als in einem dünn besiedelten Flächenland mit geringer Migrantenquote. Hamburg meistert diese Herausforderung jedoch offensichtlich hervorragend, denn in den Ländervergleichen, die insbesondere auf die Kompetenzen Lesen, Zuhören und Schreiben abzielen, schlägt sich Hamburg sehr gut. Gerade die großen und seriösen wissenschaftlichen Lernstandsuntersuchungen wie die Pisa-Nachfolgestudie der Kultusministerkonferenz belegen dies deutlich. Während die beiden anderen Stadtstaaten Berlin und Bremen zumeist abgeschlagen auf den letzten Plätzen zu finden sind (aufgrund der genannten strukturellen Unterschiede), hat Hamburg sich von 2009 bis 2015 von Platz 14 auf Platz 9 im Bereich Deutsch-Lesen verbessert. Sachsen liegt in diesem Bereich auf Rang 1. Im Englischen liegt Hamburg sogar auf den Plätzen 2 bzw. 4 für Lese- und Hörverstehen. Betrachtet man übrigens nur diejenigen Kinder, deren beide Eltern in Deutschland geboren sind, so steht Hamburg mit seinen Leistungen sogar vor Sachsen auf Platz 1 aller Bundesländer. Hamburgs Schüler sind an Hamburgs Schulen demnach bestens aufgehoben.

4. Inklusion

Hamburg investiert enorme Summen in die Inklusion. Seit der Einführung im Jahr 2010 ist die Zahl der Stellen, die nur für die Inklusion bereitgestellt werden, um weitere 450 angewachsen. Insgesamt sind an den allgemeinen Schulen (also ohne die Sonderschulen) rund 1.200 Vollzeitkräfte im Einsatz, um die Inklusion zu ermöglichen. In der Realität sind es sogar noch mehr Stellen, weil viele Schulen ihre Personalmittel nicht für Lehrer sondern für weniger kostenintensive Erzieher einsetzen. Dadurch wird die Betreuung pro Schüler erhöht. Hat eine Schule vier Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in einer Klasse, so kann sie rechnerisch 15 Unterrichtsstunden pro Woche mit zwei Lehrkräften doppelt besetzen. Durch die eben genannte Umwandlung in Erzieherstellen wird dieser Wert in vielen Fällen sogar auf bis zu 19 Unterrichtsstunden erhöht. Auch die Zahl der Schulbegleitungen hat sich seit 2010 verfünffacht. Davon profitieren die Schulen in meinem Wahlkreis genauso wie alle anderen in Hamburg. Je mehr Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine Schule hat, umso mehr Ressourcen erhält sie auch. Sie ist jedoch in ihrer Entscheidung frei, diese Ressourcen auch anderweitig zu verwenden, da wir in Hamburg die selbstverantwortete Schule haben, die eigenverantwortlich mit ihrem Budget umgeht.

5. Kita-Betreuung

Zu dem Betreuungsschlüssel einzelner Kitas kann ich mich nicht äußern. Hier können offene Stellen, Krankheiten, Schwangerschaften oder Entscheidungen der Kita-Leitung eine Rolle spielen, doch die Rahmenbedingungen in Hamburg haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, weil Hamburg neben den Schulen auch die Kitas sehr viel besser finanziert als noch vor einigen Jahren. Seit 2015 wird für den Bereich Jugendarbeit, Kita und Kinderpflege erstmals mehr Geld aufgewendet als für die Hamburger Hochschulen. Im Vergleich zu 2005 hat sich die Gesamtsumme an Zuschüssen für die Kindertagesbetreuung um rund 500 Millionen erhöht. Das ist ein Anstieg von mehr als 180%. Dies schlägt sich auch in der Betreuungsrelation nieder: Zehn Jahre lang (bis 2015) kamen im Krippenbereich 6,3 Kinder auf eine Fachkraft. Inzwischen ist er um 10 Prozent verbessert worden und liegt bei 5,6 Kindern. Das entspricht so ziemlich genau dem Wert, den Sie für Ihre Tochter angeben. Bis 2019 wird Hamburg das sehr gute Verhältnis von 4 Kindern pro Fachkraft erreichen. Die Betreuung Ihres Sohnes ist also nicht mit den politischen Rahmenbedingungen zu erklären, sondern vermutlich vor Ort in der Kita begründet.

6. Schulbauplanung

In der Tat führt das ambitionierte Wohnungsbauprogramm der SPD und des Senates dazu, dass auch viele neue Schüler zu erwarten sind. Auch deshalb hat der Senat die Investitionen in den Schulbau seit 2011 mehr als verdoppelt. Zahlreiche neue Schulgebäude werden bis 2019 im Rahmen eines mehr als zwei Milliarden Euro umfassenden Schulbauprogramms gebaut, viele Schulen saniert. Diese Schulbauoffensive ist in der jüngeren Vergangenheit ohne Beispiel. In der Schulbehörde und der Finanzbehörde planen die Fachleute dabei sehr genau und weit im Voraus, ob Erweiterungsmaßnahmen oder sogar der Bau einer neuen Schule notwendig sind. Diese Überlegungen basieren auf langjährigen Erfahrungswerten und sind hochkomplex, da sie neben der reinen Versorgung von Schülern mit Schulplätzen auch Aspekte von Stadtentwicklung, Elternwahlrecht, sozialer Zusammensetzung und Randlagen zu berücksichtigen haben. Zudem steht der Senat gegenüber dem Steuerzahler in der Pflicht, keine unnötigen Bauvorhaben zu realisieren und den bestehenden Schulraum möglichst effektiv zu nutzen. Wie viele Schüler wirklich an einem Standort neu hinzukommen weiß man oft erst sicher, wenn es soweit ist. Deshalb arbeitet der Senat manchmal auch mit mobilen Klassenräumen, die kurzfristig Bedarfe abdecken können. Somit kann dauerhaft bedarfsgerecht gebaut werden, ohne dass unnötige Kosten entstehen. In keinem Fall aber werden die Schulklassen „bis zum Anschlag befüllt“ – denn die Obergrenze von 23 Grundschulkindern pro Klasse gilt in allen Hamburger Schulen. Die Verteilung der Schüler auf die Schulen gibt der Schulbehörde hierbei Recht: seit Jahren erhalten über 95% der Eltern bzw. Schüler einen Platz an der Wunschschule.

Ich hoffe, Ihre Fragen damit umfangreich beantwortet zu haben und bedanke mich nochmals für Ihr Interesse.

Mit den besten Grüßen
Dorothee Martin

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