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Doris Wagner
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Frage von Hartmut Frank M. •

Frage an Doris Wagner von Hartmut Frank M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Wagner,

warum setzt man nun offensichtlich die Kinder von Hartz IV-Empfängern unter Druck?

Siehe diesen Link:

http://www.spiegel.de/schulspiegel/kritik-an-jobcentern-kinder-von-hartz-iv-empfaengern-unter-druck-a-933418.html

Wenn es einen Mindestlohn gibt, werden Milliarden an Aufstockerleistungen frei.
Sollte man diese nicht dafür benutzen, um Menschen in Arbeit zu bringen, die seit Jahren ohne Arbeit sind und auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben?

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Frank Mueller

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Mueller,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage. Ich muss gestehen, dass ich dank Ihres Hinweises zum ersten Mal davon gelesen habe, dass offenbar nicht nur einzelne Arbeitsämter die Kinder von Hartz IV-Empfängern durch regelmäßige Briefe und „Beratungsangebote“ unter Druck setzen. Und natürlich haben Sie Recht: Die personellen und finanziellen Ressourcen der Arbeitsagentur könnten wahrlich sinnvoller eingesetzt werden als durch die völlig unnötige Kontrolle erfolgreicher Schüler.

Ihre Frage berührt zwei Aspekte der aktuellen Diskussion um die Bildungspolitik.

Zum einen dürfen wir nicht hinnehmen, dass der Bildungserfolg in Deutschland von der sozialen Herkunft eines Kindes abhängt: Wer hierzulande in eine „bildungsferne“ Familie hineingeboren wird, hat statistisch gesehen schlechte Chancen, einen guten Bildungsabschluss zu erreichen und damit den Teufelskreis zwischen Bildungsarmut und sozioökonomischen Problemen zu durchbrechen.
Für uns Grüne ist der freie Zugang zu Bildung deshalb eine zentrale Gerechtigkeitsfrage. Ein möglichst hoher Bildungsabschluss darf nicht an den Lebensumständen oder am Geldbeutel der Eltern scheitern. Kinder von Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern sollten nicht von Behörden dazu gedrängt werden, ihre Schullaufbahn vorzeitig zu unterbrechen, um erwerbstätig und nicht mehr abhängig von Hartz-IV-Leistungen zu werden. Vielmehr sollten gerade jene Schülerinnen und Schüler speziell gefördert werden, die sich trotz einer Herkunft aus sozial schwächeren Familien zu einer weiteren Schullaufbahn und für ein Studium entschließen.

Der zweite Aspekt, den Sie in Ihrer Frage ansprechen, betrifft die Frage nach den Folgen eines Mindestlohns.

Tatsächlich würde die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns mehrere Milliarden Euro jährlich freisetzen. Dieses Geld würden wir Grüne einerseits dazu nutzen, den Hartz- IV-Regelsatz für Erwachsene zunächst auf 420 Euro zu erhöhen und jährlich zu prüfen, ob diese Höhe noch angemessen ist. Wir wollen zudem als ersten Schritt zu einer Kindergrundsicherung die Regelsätze für Kinder erhöhen und mehr Geld in die Bildungs- und Teilhabe-Infrastruktur investieren.
Einen Teil der frei werdenden Finanzmittel würden wir schließlich auch dafür einsetzen, die bestehenden unterstützenden Maßnahmen für Arbeitssuchende zu erweitern und vertiefen.

Briefe an erfolgreiche Schüler zu verschicken, nur weil ihre Eltern Arbeitslosengeld II beziehen, ist hingegen rausgeworfenes Geld und hat mit einer gerechten, Chancengleichheit gewährenden Gesellschaft nichts zu tun.

In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich,

Ihre

Doris Wagner