Frage an Dora Heyenn von Jan W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Heyenn,
auf der Internetseite der Hamburger Morgenpost ( http://www.mopo.de/hamburg/wahl-2011/-verschaukeln-sie-ihre-waehler--frau-heyenn--/-/7137908/7171918/-/index.html ) ist folgendes Zitat von Ihnen zu lesen:
"Heyenn: Ganz einfach: Weil wir uns für Sie starkmachen. Die Bachelor-Studiengänge sind viel zu verschult, sie gehören abgeschafft. Und die hohen Studiengebühren sind eine unglaubliche Belastung, das erlebe ich als Mutter. Diese Gebühren sollen weg, damit noch Geld übrig bleibt. Schließlich müssen Sie auch irgendwo wohnen."
Zum Thema Bachelor-Studiengänge möchte ich sagen, dass ich an der HAW Hamburg Informatik studiert habe und dort auch Abschlüsse als Bachelor und Master erworben habe.
Bitte erklären Sie mir, warum ich eine Partei wählen sollte, die meine akademische Ausbildung derart negativ beurteilt. Ich kann nicht behaupten, dass ich Ihre Aussage so auffasse, als würden Sie sich damit für mich stark machen. Ganz im Gegenteil.
Ein differenzierteres Herangehen an diese Frage würde, auch in Wahlkampfzeiten, der Situation viel eher gerecht werden. Ich würde sogar behaupten, dass Informatik- und Ingenieurstudiengänge sowie Studiengänge an Fachhochschulen durch den Bologna-Prozess keine besonders große Änderung erfahren haben.
Macht es aus Ihrer Sicht wirklich Sinn, funktionierende Bachelor- und Masterstudiengänge, wie es sie an der HAW Hamburg beispielsweise gibt, wieder abzuschaffen, nur weil sie in anderen Bereichen nicht funktionieren?
Und eine weitere Frage zum Schluss:
Was glauben sie, welche positiven Auswirkungen Aussagen wie Ihre auf die beruflichen Chancen von Bachelor- und Masterabsolventen haben, die sich nach dem Abschluss um den ersten Job bewerben?
Sehr geehrter Herr Weinschenker,
die HAW Hamburg hat zweifellos einen sehr guten Ruf und gilt als familienfreundliche Hochschule. Dennoch hat der Bologna-Prozess auch an der HAW Hamburg die Verschulung begünstigt. In der akademischen Welt stoßen die neu eingerichteten Bachelor-Studiengänge auf viel Kritik. Der Bachelor kommt weder bei den Studierenden noch bei den Unternehmen und Gewerkschaften gut an. In vielen Fächern ist fraglich, ob der sechssemestrige Bachelor für den Beruf überhaupt ausreicht. Was glauben Sie, welche Auswirkungen dies auf die beruflichen Perspektiven von Bachelorabsolventen hat? Neben der Wissensvermittlung soll eine Hochschule nach dem Bildungsideal von Humboldt auch zur Persönlichkeitsbildung beitragen.
Soft Skills wie zum Beispiel Teamfähigkeit, soziales Verhalten werden im Uni-Alltag kaum vermittelt und eine verkürzte Praxisphase und das geforderten Studiertempo erschweren zum Beispiel Auslandsaufenthalte und die Aneignung von möglichst viel Praxiserfahrung.
Problematisch ist auch, dass Studierende durch ein freiwilliges Praktikum mitunter ein ganzes Semester verlieren und Gefahr laufen, im Anschluss an ihr Bachelorexamen nicht mehr zum Masterstudium zugelassen zu werden.
Auch deshalb hat die TU9-Initiative den Master zum Regelabschluss für technische Studienfächer erklärt. Ein Problem für viele Bachelor-Absolventen, da es nicht genug Master-Studienplätze gibt. Aktuell wird der Bachelor-Abschluss für immer mehr Studierende zur Sackgasse.
DIE LINKE fordert daher einen offenen Studienzugang - sowohl für ein Bachelor- als auch für ein Masterstudium!
Mit freundlichen Grüßen
Dora Heyenn