An wen können sich Anwohner wenden, wenn Sie nach aktueller Satzung im Durchschnitt 200.000 € Straßenausbaugebühr pro Haushalt zahlen müssen und nicht aufbringen können?
Sehr geehrte Fr. Liebetruth,
viele Anwohner zahlen ihre Häuser noch ab oder sind inzwischen Rentner. Wir können die Kosten, die voraussichtlich nach aktueller Satzung auf uns zukommen, nicht bedienen. Wir würden sozusagen enteignet und auf ewig finanziell ruiniert werden. Die Inflation steigt weiter und die Kosten für die voraussichtlichen Baumaßnahmen gehen in die Höhe. Warum gibt es diese Ungerechtigkeit in Niedersachsen noch, dass es immer noch vereinzelte Anwohner gibt, die Strabs bezahlen müssen, obwohl die Straßen von allen genutzt und steuerlich bezahlt werden. Die Postboten und die Müllabfuhr benötigt jeder Anwohner genauso wie medizinische Dienste, Feuerwehr und Zulieferer.
Durch die finanz.Misslage unserer Kommune, hilft uns auch der §111 nicht sondern der §120 tritt in Kraft. Auf Fördergelder können wir nicht hoffen. Bitte lassen Sie uns nicht allein mit unseren Problemen. Kommunale Entscheidungen können nicht auf Kosten der Anwohner gehen.
Sehr geehrte Frau F.,
vielen Dank für Ihre Frage und für Ihre Geduld. 200.000 Euro ist eine riesige Summe - da kann ich Ihre Sorge gut nachvollziehen. Ihrer Nachricht kann ich leider nicht entnehmen, um welchen Ort in Niedersachsen es geht. Haben Sie sich schon an Ihren Bürgermeister oder Ihre Bürgermeisterin oder an Ihre örtlichen Ratsmitglieder gewandt?
Auf Landesebene haben wir den Kommunen die Freiheit gegeben, selbst zu entscheiden, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben wollen oder nicht. Das war auch der Wunsch der kommunalen Spitzenverbände, zu denen sich die Kommunen zusammengeschlossen haben. Die Idee dahinter: Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker vor Ort wissen am besten, welcher Weg für die jeweilige Kommune der richtig und finanzierbar ist. Deshalb haben wir die Verantwortung über die Entscheidung, ob Beiträge zum Straßenausbau von Grundstückseigentümern erhoben werden sollen oder nicht, bei der einzelnen Kommune belassen (§ 6 I Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz; NKAG).
Um aber den Kommunen gesetzliche Möglichkeiten einzuräumen, soziale Härten abzufedern, sind Regelungen erarbeitet worden und mit dem neuen § 6b in das NKAG eingearbeitet, das Sie hier http://www.nds-voris.de/jportal/?quelle=jlink&query=KAG+ND&psml=bsvorisprod.psml&max=true abrufen können:
- Bei der Erhebung von Beiträgen können die Kommunen durch Satzung bestimmen, dass bei der Bemessung der Beiträge nach Vorteilen nur ein Teil des ermittelten Aufwandes zugrunde gelegt wird (§ 6b I NKAG). Das heißt die Kommunen können zukünftig selbst festlegen, wie viel Prozent der Gesamtkosten zwischen Anlieger und Kommune verteilt werden.
- Ebenfalls in § 6b I NKAG ist geregelt, dass Zuschüsse Dritter vom ermittelten Aufwand abgezogen werden können, wenn dieser nicht etwas anderes bestimmt hat und es die Satzung vorsieht.
- Tiefenmäßige Begrenzungen sowie Eckgrundstücksvergünstigungen sind zukünftig gesetzlich zulässig (§ 6b II NKAG).
- Kommunen haben den Beitragspflichtigen spätestens 3 Monate vor Beginn der Maßnahme umfassend über die entstehenden Kosten zu informieren (§ 6b III NKAG). Zwar machen viele Kommunen schon jetzt die voraussichtlichen Kosten im Rahmen von Anliegerversammlungen frühzeitig transparent, einige aber auch nicht.
- Die Kommune kann auf Antrag, der vor Fälligkeit des Betrages zu stellen ist, zulassen, dass der Beitrag von den Beitragspflichtigen als Rente bezahlt wird, die in höchstens 20 Jahresleistungen zu entrichten ist. Den jeweiligen Restbetrag kann die Kommune jährlich mit bis zu 3 Prozent über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB verzinsen (§6 IV NKAG).
Mit freundlichen Grüßen
Dörte Liebetruth