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Dörte Liebetruth
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Frage von Wilfried N. •

Frage an Dörte Liebetruth von Wilfried N. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrte Frau Liebetruth,

die Sanierung einer Anliegerstraße hat oft erhebliche finanzielle Auswirkungen für die betroffenen Hauseigentümer. Die nachfolgende steuerliche Besonderheit / Ungleichbehandlung (1,2 u. 3 alle wohnen in der selben Anliegerstr.) bei den Straßenausbaubeiträgen kann nur auf den politischen Weg gelöst werden.

1) Für Rentner, Arbeitnehmer sowie Angestellte mit ihrer Selbstgenutzten Immobilie ist KEINE steuerrechtliche Geltendmachung der Straßenausbaubeitragssatzung vorgesehen, trotz staatlicher Empfehlung Vorsorge für das Alter zu treffen.

2) Für das gleiche Objekt kann der Kapitalanleger (Gewerbetreibende, Unternehmer, Wohnungsbaugesellschaften, usw.) die Straßenausbaubeiträge als Betriebskosten vorteilhaft umlegen und steuerlich nutzen.

3) Der Eigentümer einer gemischt genutzten Immobilie, bewohnt das Obergeschoss zu eigenen Wohnzwecken. Das Erdgeschoss hat er an einen Architekten vermietet. Der Vermieter darf bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig nutzen (BFH 22.3.94, IX R 52/90, BFH Urt. v. 02.05.1990, Az.: VIII R 198/85 )

Dieses vorausgeschickt, stelle ich nachfolgende Fragen an Sie:
"Ist das Grundrecht der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG bei öffentlichen Lasten (STRABS) des Grundstücks zwischen den privaten Hauseigentümern und den Inhabern von gewerblich genutzten Grundstücken mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar?"

Wollen Sie und Ihre Fraktion diese (STRABS) Ungerechtigkeit in Niedersachsen weiter beibehalten und über die nächste Landtagswahl 2022 fortsetzen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Nöhring,

vielen Dank für Ihre Nachfragen. Zu den Fragen, die Sie aufgeworfen haben, habe ich eine Stellungnahme des Nds. Finanzministeriums eingeholt. Das Ministerium argumentiert:

„Wird eine Immobilie selbst genutzt, also nicht vermietet, gehören grundsätzlich alle damit im Zusammenhang anfallenden Aufwendungen zu den Kosten der privaten Lebensführung, können also steuerlich nicht geltend gemacht werden. Im Gegenzug sind die aus dieser Immobilie entstehenden Vorteile (z. B. mietfreies Wohnen) dann auch nicht steuerpflichtig, d. h. es fällt weder Einkommen- noch Körperschaft- oder Gewerbesteuer an.
In einigen Fällen schafft der Gesetzgeber aber gewisse Ausnahmen von diesem Grundsatz, wie z. B. § 35a EStG (Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen). Nach dieser Vorschrift können unter bestimmten Voraussetzungen Aufwendungen für den privaten Haushalt steuerlich geltend gemacht werden. Das gilt allerdings nur für Leistungen, die im räumlichen Zusammenhang zum Haushalt ausgeführt werden, wie z. B. Kosten für den Schornsteinfeger oder die Heizungswartung. Die Erschließung oder der Ausbau einer öffentlichen Straße steht dagegen gerade nicht im räumlichen Zusammenhang zu Ihrem privaten Haushalt. Eine Begünstigung nach § 35a EStG ist damit ausgeschlossen.
Anders ist es, wenn die Immobilie zur Einkünfteerzielung genutzt wird, also vermietet oder zu gewerblichen Zwecken genutzt wird. Dann gehören alle Aufwendungen, die durch die Vermietung oder gewerbliche Nutzung veranlasst sind, zu den Werbungskosten/Betriebsausgaben, d. h. sie können steuerlich geltend gemacht werden. Der entscheidende Unterschied zu selbstgenutzten Immobilien liegt in der Erzielung von Einkünften. Die Einnahmen, die aus der Erzielung von Einkünften generiert werden, wie z. B. aus der Vermietung einer Immobilie, werden besteuert. Im Gegenzug können auch die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen steuerlich geltend gemacht werden. Das bedeutet, eine Berücksichtigung der Straßenausbaubeiträge ist nur möglich, wenn die Immobilie zur Erzielung von Einkünften genutzt wird und diese besteuert werden. Dies gilt auch für Eigentümer einer gemischt genutzten Immobilie. Ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug ist nur soweit möglich, wie die Kosten auf die Vermietung oder die gewerbliche Nutzung entfallen. Eine Berücksichtigung der Kosten, die auf den selbstgenutzten Teil der Immobilie entfallen, ist wiederum nicht möglich.“

Vor dem Hintergrund dieser Argumentation halte ich es für vertretbar, dass die Frage, ob Straßenausbeiträge erhoben werden sollen oder nicht, auch künftig vor Ort entschieden wird. Dies ist auch die Forderung, die von den kommunalen Spitzenverbänden als Zusammenschlüssen der Kommunen erhoben wird. Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker vor Ort wissen am besten, welcher Weg für ihre jeweilige Kommune der richtig und finanzierbar ist. Dieser Einschätzung folgt die rot-schwarze Landtagsmehrheit: Als Ergebnis der Diskussion um die Abschaffung der kommunalen Straßenausbaubeiträge sehen wir die Sicherung dieses Teils der Infrastruktur bei den Kommunen am besten aufgehoben. Deshalb haben wir die Verantwortung über die Entscheidung, ob Beiträge zum Straßenausbau von Grundstückseigentümern erhoben werden sollen oder nicht, bei der einzelnen Kommune belassen (§ 6 I Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz; NKAG).
Um aber den Kommunen gesetzliche Möglichkeiten einzuräumen, soziale Härten abzufedern, sind Regelungen erarbeitet worden und mit dem neuen § 6b in das NKAG eingearbeitet, das Sie hier http://www.nds-voris.de/jportal/?quelle=jlink&query=KAG+ND&psml=bsvorisprod.psml&max=true abrufen können:

- Bei der Erhebung von Beiträgen können die Kommunen durch Satzung bestimmen, dass bei der Bemessung der Beiträge nach Vorteilen nur ein Teil des ermittelten Aufwandes zugrunde gelegt wird (§ 6b I NKAG). Das heißt die Kommunen können zukünftig selbst festlegen, wie viel Prozent der Gesamtkosten zwischen Anlieger und Kommune verteilt werden.

- Ebenfalls in § 6b I NKAG ist geregelt, dass Zuschüsse Dritter vom ermittelten Aufwand abgezogen werden können, wenn dieser nicht etwas anderes bestimmt hat und es die Satzung vorsieht.

- Tiefenmäßige Begrenzungen sowie Eckgrundstücksvergünstigungen sind zukünftig gesetzlich zulässig (§ 6b II NKAG).

- Kommunen haben den Beitragspflichtigen spätestens 3 Monate vor Beginn der Maßnahme umfassend über die entstehenden Kosten zu informieren (§ 6b III NKAG). Zwar machen viele Kommunen schon jetzt die voraussichtlichen Kosten im Rahmen von Anliegerversammlungen frühzeitig transparent, einige aber auch nicht.

- Die Kommune kann auf Antrag, der vor Fälligkeit des Betrages zu stellen ist, zulassen, dass der Beitrag von den Beitragspflichtigen als Rente bezahlt wird, die in höchstens 20 Jahresleistungen zu entrichten ist. Den jeweiligen Restbetrag kann die Kommune jährlich mit bis zu 3 Prozent über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB verzinsen (§6 IV NKAG).

Mit freundlichen Grüßen

Dörte Liebetruth

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