Frage an Dirk Vöpel von Valentine Luise B. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Vöpel,
zur Zeit ist die drohende Eskalation des Konflikts zwischen den USA und Nordkorea in allen Medien.
Immer wieder wird dabei auch erwähnt, dass dabei Atomwaffen zum Einsatz kommen könnten und auch von einem internationalen Verbotsvertrag ist dabei die Rede. Vor einigen Tagen forderte dann Kanzlerkandidat Schulz den Abzug von US-Atomwaffen aus Deutschland - von deren Existenz ich bis vor Kurzem selbst noch nichts wusste.
Ich hielt Atomwaffen lange Zeit für eine "strategische Waffe" und schenkte ihnen keine weitere Beachtung, doch angesichts dieser Entwicklungen beschäftigen mich diese Fragen im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl:
- Sollten die Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden?
- Was halten Sie von dem Atomwaffen-Verbotsvertrag der Vereinten Nationen? Sollte Deutschland diesen unterzeichnen?
Ich würde mich freuen, Ihre Meinung zu diesem Thema zu erfahren.
Mit freundlichen Grüßen,
Valentine B.
Sehr geehrte Frau B.,
Die aktuelle Kriegsrhetorik des US-amerikanischen Präsidenten und die Reaktionen aus Nordkorea erfüllen uns mit großer Sorge. Mit seiner Wutrede vor den Vereinten Nationen hat Donald Trump die Welt so nah an einen Atomkonflikt gebracht, wie seit der Kubakrise nicht mehr. Um einer solche Entwicklung von Anfang an einen Riegel vorzuschieben, setzt sich die SPD seit vielen Jahren für die weltweite Abrüstung von Atomwaffen, chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen, aber auch konventioneller Rüstung ein. Deshalb hat sich Martin Schulz zum Ziel gesetzt, eine Rüstungsbegrenzungsinitiative zu starten. Damit wollen wir der durch den US-Präsident begonnen Aufrüstungsspirale eine entschiedene Friedenspolitik entgegensetzen. Aktuell kommt es vor allem darauf an, den drohenden Zerfall der bestehenden Abkommen über Abrüstung und Rüstungskontrolle zu verhindern. Dazu gehört auch das Atomabkommen mit dem Iran. Unser langfristiges Ziel bleibt eine Welt ohne Atom- und Massenvernichtungswaffen. Mit aller Entschiedenheit wenden wir uns deshalb gegen verantwortungslose Gedankenspiele über die Schaffung einer europäischen Atomwaffenmacht oder gar eine atomare Bewaffnung Deutschlands. Solche Überlegungen dienen nicht dem Frieden, sondern sie untergraben Grundelemente deutscher und europäischer Sicherheit! Deshalb spricht sich Martin Schulz für den Abzug US-amerikanischer Atomwaffen aus Deutschland aus.
Deutschland hat sich im Zwei-plus-Vier-Vertrag und im Nichtverbreitungsvertrag (NVV) völkerrechtlich zum ausdrücklichen Verzicht auf Massenvernichtungswaffen verpflichtet. Am 7. Juli 2017 haben 122 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in New York einen Vertrag zum Verbot von Kernwaffen beschlossen. Mit der Forderung nach einem sofortigen Verbot von Atomwaffen droht jedoch auch nach Einschätzungen von Abrüstungsexperten – entgegen der guten Intention seiner Befürworter – der NVV geschwächt zu werden. Denn alle kernwaffenbesitzenden Staaten sind den Verhandlungen ferngeblieben. Ohne ein aktives Mitwirken der Kernwaffenstaaten kann es aber keine Fortschritte in der nuklearen Abrüstung geben. Hier liegt ein Problem mit Blick auf den Atomwaffen-Verbotsvertrag.
Darüber hinaus enthält der Vertrag Bestimmungen, die zu einem gefährlichen Spannungsverhältnis mit dem NVV führen: Der Vertrag verbietet unter anderem Erwerb, Besitz, Herstellung, aber eben auch die Stationierung von Atomwaffen anderer Staaten auf eigenem Territorium. Damit bleibt das Unterzeichnen des Vertrages allen Staaten verwehrt, die derzeit Atomwaffen ihrer Verbündeten auf eigenem Territorium stationiert haben, also auch Deutschland. Ein erster Schritt zum Beitritt zum Vertrag muss also im Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland bestehen. Auch wenn ein sofortiger Beitritt Deutschlands nicht möglich ist, wäre es abrüstungspolitisch kontraproduktiv, das Abkommen zu ignorieren. Trotz einiger Defizite ergeben sich aus ihm auch Chancen. So kann der Vertrag zusätzlichen politischen Druck für mehr nukleare Abrüstung erzeugen.
Eins steht fest: Wir werden in unserem Engagement für vertragsgestützte
Abrüstung, sowohl im konventionellen als auch im nuklearen Bereich,
nicht nachlassen. Das Ziel bleibt die weltweite Abrüstung von atomaren,
chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen und konventioneller
Rüstung.
In der Hoffnung, Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben,
verbleibe ich
mit besten Grüßen,
Dirk Vöpel MdB