Frage an Dirk Stettner von Klaus D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Stettner,
Ihre Antwort auf Frage 1 des Kandidaten-Checks überrascht mich etwas. Immerhin sind seit langem die Zahlen im Gespräch; im Osten 7,50 € (wahrlich nicht viel).
Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie demütigend es ist, einem "Normalarbeitsverhältnis" nachzugehen und trotzdem Aufstockung seitens des Jobcenters zu erhalten.
Wäre es nicht auch im Sinne Ihrer Partei, stärker das Leistungsprinzip - z.B. im Öffentlichen Dienst - durchzusetzen und auf diese Weise eine Lohn- und Gehaltsverteilung (oder -verschiebung) zu erreichen, die eine Zahlung des Mindestlohnes ohne Gesamterhöhung der Personalkosten möglich macht?
Mit freundliche Grüßen
Klaus Dittrich
Sehr geehrter Herr Dittrich,
Sie haben recht: Forderungen sind in den verschiedensten Höhen bekannt. Auch äußern sich viele Experten in ganz verschiedenen Richtungen. Ich habe beim Kandidatencheck "Unentschlossen" angegeben, weil
ich prinzipiell die Tarifautonomie für die richtige Lösung halte. Wenn Gremien / Politiker Löhne festsetzen und diese nicht selbst erwirtschaften müssen, bin ich prinzipiell skeptisch. Lieber ist es mir, wenn die Tarifparteien diese Löhne miteinander aushandeln. Aus diesem Grund halte ich branchenspezifische, von den Tarifparteien ausgehandelte Mindestlöhne für den richtigen Weg.
andererseits ist es unerträglich, wenn ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer von seinem Gehalt nicht vernünftig leben kann und "aufstocken" muss. Der sehr hohe Anteil von "Aufstockern" gerade auch in Berlin muss reduziert werden. Wenn die Tarifparteien das nicht hinbekommen, kann ein genereller Mindestlohn der letzte Ausweg sein. Allerdings würde ich gerne auch die Lohnnebenkosten und die sogenannte "zweite Miete" in diese Betrachtung mit einbeziehen wollen. Denn ein anderer Weg ist, die Arbeitskosten (hier Lohnnebenkosten) für den Arbeitgeber zu senken und damit die Möglichkeit zu höheren Löhnen für die Arbeitnehmer zu schaffen und die individuellen Kosten des Arbeitnehmers z.B. für Wohnen zu senken.
7,50 Euro / Stunde ist aus meiner Sicht eine berechtigte Mindestforderung für Arbeit in Deutschland - umsetzen sollen dies - wie beschrieben - die Tarifparteien, was in vielen Branchen auch bereits funktioniert hat.
Die Verbindung zum öffentlichen Dienst sehe ich / verstehe ich hier nicht. Im öffentlich Dienst muss nicht gespart, muss nicht entlassen sondern umstrukturiert, teilweise verjüngt und investiert werden. Durch die aktuelle Altersstruktur im öffentlichen Dienst in Berlin und den damit einhergehenden Verlust erfahrener Mitarbeiter in den verdienten Ruhestand haben wir die Möglichkeit, in den den besonders beanspruchten Bereichen neu einzustellen und damit auch den Altersdurchschnitt zu senken.
Viele Grüße,
Ihr
Dirk Stettner