Frage an Dirk Niebel von Wilhelm W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Niebel,
zunächst einmal ein Kompliment an Sie, dass Sie die gestellten Fragen in abgeordnetenwatch so ernst nehmen und (sogar zeitnah) beantworten!
Meine Frage:
in dem viel zitierten Konjunturpaket 2 sind viele Maßnahmen enthalten, die auf den Ausbau von Straßen abzielen oder direkt der Automobilindustrie zugute kommen. Obwohl mir klar ist, dass es sich bei der Automobilindustrie um eine Schlüsselbranche handelt, kann ich leider gar nicht nachvollziehen, warum der öffentliche Nahverkehr - insbesondere der Ausbau/ Modernisierung des Schienennetzes z.B. im ländlichen Raum überhaupt nicht im Blickfeld war.
Gerade unter den Gesichtspunkten Ökologie und demographischer Wandel wäre dies eine Investition in die Zukunft (gewesen).
Nachdem Sie hier nicht in der Regierung dieses Paket mitverantworten, würde ich gerne wissen, wie hierzu Ihre Meinung ist, bzw. ob Sie in einer Regierungsverantwortung auch Akzente in diese Richtung setzen würden?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
W. Wick
Sehr geehrter Herr Wick,
das Schienennetz ist chronisch unterfinanziert. Der Zuschuss von 2,5 Milliarden Euro für das Bestandsnetz reicht nicht aus, notwendig sind mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr. Die Ausgaben der Bahn sind mit jährlich einer Milliarde Euro für laufende Instandhaltung viel zu gering veranschlagt. Damit ist der weitere Verfall des Netzes vorprogrammiert. Der Staat soll einen Ordnungsrahmen für den notwendigen Wettbewerb zwischen den Verkehrsanbietern schaffen. Bei der Bahn setzen wir auf eine Wettbewerbsbranche Schienenverkehr. Die jetzt eingeleitete Privatisierung der DB-Transportsparten wollen wir mit der Zielrichtung einer Vollprivatisierung fortsetzen. Das Schienennetz dagegen soll von den Verkehrsbereichen getrennt und als Aktiengesellschaft im Eigentum des Bundes gelassen werden. Ziel ist, dass jeder Züge fahren lassen kann und zu gleichen Bedingungen Zugang zum Netz erhält. Der dadurch entstehende Wettbewerb würde die Attraktivität des öffentlichen Personenverkehrs und damit die ökologischen Wirkungen deutlich erhöhen.
Die Liberalen haben das Konjunkturpaket II, das am Freitag von CDU/CSU und SPD im Bundestag beschlossen wurde, abgelehnt. Beschlossen wurde ein Sammelsurium von Maßnahmen und da und dort die Verteilung von Steuergeldern mit der Gießkanne. Es wird wenig bewirken und die Schulden werden unvorhersagbar lange bleiben.
Von den Steuersenkungen der Koalition geht kein konjunktureller Impuls aus, weder für die Nachfrage noch für Investitionen. Wir haben unter anderem die Senkung des Eingangssteuersatzes, höhere Freibeträge für Familien und den Wegfall der unsinnigen Besteuerung von Kreditzinsen, also Steuern auf Schulden, gefordert. Das würde entscheidende Konjunkturimpulse setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Niebel