Frage an Dirk Niebel von Werner J. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Niebel,
seit langem fordert die FDP eine Kommunalisierung des SGB II (Hartz IV). Ich bin Mitarbeiter einer ARGE und aus eigener beruflicher Erfahrung kann ich diesem Ansinnen nachdrücklich beipflichten. Es ist an dieser Stelle nicht erforderlich, die Reihe von Mißständen aufzulisten, die den Alltag abeitssuchender Menschen wie auch den der Mitarbeiter in den ARGE-Jobcentern prägen. Ich darf jedoch anmerken, daß die ARGE-Jobcenter von Anfang an nichts anderes waren als ein gesetzlich angeordnetes Kunstprodukt - eine Zwangsehe der Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit. Diese Zwangsehe hat nie funktioniert und sie wird auch zukünftig den berechtigten Anliegen arbeitssuchender und Steuern zahlender Menschen niemals gerecht werden. Das BVerfG hat eine Neuordnung verlangt. Man sollte also erwarten, daß die Fehler korrigiert werden. Ziel hierbei sollte es sein, zu einer verfassungsgemäßen, menschenorientierten und damit dezentralen Organisationsform zu kommen. Was aber machen die Sozialminister der Länder? Sie wollen keine Fehler beheben sondern die Fehler im Grundgesetz festschreiben.
Daher meine Fragen:
1. Aktuell verfügen Union und SPD im Bundesrat über keine 2/3-Mehrheit mehr. Eine Änderung des Grundgesetzes wäre also nur (noch) möglich, wenn Landesregierungen zustimmen, an denen die FDP beteiligt ist (z.B. NRW und Bayern). Wie werden sich diese Landesregierungen verhalten, wenn die entscheidende Abstimmung im Bundesrat ansteht?
2. Wenn die ARGE-Jobcenter schon nicht abzuschaffen sind, dann sollte wenigstens das seit Jahren anhaltende Kompetenzgerangel beendet werden durch eine gesetzlich angeordnete, eindeutig gestärkte "federführende" Gesamtverantwortung der Kommunen. Halten Sie eine solche Lösung für mehrheitsfähig? Welche Schritte unternimmt die FDP im Bund und in den Ländern, um auf eine solche Lösung hinzuwirken?
Vielen Dank für Ihren Mut, die Entbehrlichkeit der Bundesagentur für Arbeit konkret auszusprechen.
Mit freundlichem Gruß
Werner Joos
Sehr geehrter Herr Joos,
vielen Dank für Ihre Unterstützung für unsere Position gegen die Mischverwaltung von Bundesagentur und Kommunen. Wir fordern die Betreuung aller Arbeitsuchenden in kommunalen Jobcentern und haben dazu den Antrag 16/9339 "Kommunale Betreuung bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende stärken" eingebracht. Er ist im Internet abrufbar unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/093/1609339.pdf . Grundsätzlich sollen die Kommunen die Aufgaben des SGB II wahrnehmen und die Finanzbeziehungen grundgesetzlich abgesichert werden. Sollte eine vollständige Kommunalisierung vorerst nicht möglich sein, soll zumindest die Befristung der Optionsregelung aufgehoben und eine Öffnungsklausel für zusätzliche Optionsmöglichkeiten erreicht werden, so dass die Zahl der Optionskommunen nicht länger auf 69 beschränkt wird. Dafür wirbt die Bundestagsfraktion auch um Unterstützung bei den jetzt vier Ländern mit FDP-Regierungsbeteiligung. Wenn in den Ländern über eine Position keine Einigkeit zwischen den Koalitionspartnern hergestellt werden kann, wird im Bundesrat mit Enthaltung gestimmt.
Die Landtagswahl in Bayern hat gezeigt: Es ist Zeit für einen Politikwechsel. Wir wollen nach der Bundestagswahl die Politik in Deutschland wieder mitgestalten.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Niebel