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Frage von Michael K. •

Frage an Dirk Niebel von Michael K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Niebel,

zu Ihren hier dargestellten Positionen über Mindestlöhne hätte ich drei Fragen:

1) Mit welchen Beispielen untermauern Sie Ihre Behauptung, Mindestlöhne würden dazu führen, dass Geringqualifizierte nicht eingestellt werden?

Sie unterstellen damit nämlich, Wirtschaftsunternehmen stellen Leute sozusagen aus ´Wohltätigkeit´ ein, und die Gesellschaft hat die Aufgabe, das dann nicht zu teuer zu machen.
Das ist, gelinde ausgedrückt, nicht unbedingt der Regelfall...!

Vor allem wäre ich wenigstens an ganz konkreten, detaillierten Einzelfällen interessiert, bei denen diese These ´Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze´ stimmt.

Können Sie solche ganz konkreten Beispiele angeben?

Das mit Deutschland gut vergleichbare Frankreich zeigt, dass ein Mindestlohn ganz offenbar nicht zum Untergang einer Volkswirtschaft führt.

Zum Mindestlohn generell:
Wie Sie ja richtig bemerken, gibt es in Deutschland weitgehende Tarifbindungen und die Regelungen der Sittenwidrigkeit.

Um das wirksam zu machen, braucht es aber Hunderte von Gewerkschaften, andauernde Tarifverhandlungen und nicht zuletzt Streiks um Centbeträge pro Stunde.
Und dann eben doch staatliche Regelungen, die Rahmen setzen.

Flächendeckender Mindestlohn wäre somit eine Entbürokratisierung!

Daher spielt er in neoliberalen Modellen eine so bedeutende Rolle.

Werden solche Überlegungen zum entbürokratisierenden Mindestlohn bei der FDP überhaupt angestellt?

Ich möchte Sie bitten, diese Fragen möglichst nicht mit dem Verweis auf ´Bürgergeld´ zu beantworten, sondern konkret auf meine genauen Fragen, die streng logisch gesehen nichts mit steuerfinanzierter Grundsicherung zu tun haben, einzugehen.
Zur Grundsicherung stelle ich vielleicht noch eine andere Frage.

Viele Grüße, ich bin als jemand, der sogar schon FDP gewählt hat, gespannt auf die Antworten!

Michael Kanellos

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Kanellos,

knapp 40 Prozent der Arbeitslosen sind seit mehr als einem Jahr arbeitslos. Der Großteil sind Geringqualifizierte, z.B. ohne berufsqualifizierenden Abschluss. Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns würde deren Chancen weiter verringern und deren Situation weiter verschärfen. Ein Lohn soll der Leistung des Arbeitnehmers, also seiner Produktivität, und der Lage des Unternehmens entsprechen. Ein leistungsgerechter Lohn und ein betriebswirtschaftlicher Gewinn für das Unternehmen sind nicht allgemeingültig abzubilden.

Seit Einführung der Lohnuntergrenze von 8 bis 9,80 Euro in der Postbranche, um die Post vor inländischer Konkurrenz zu schützen, mussten knapp 60 private Unternehmen aufgeben. Ende Juni wurde berichtet, dass in den vergangenen Monaten 6.000 Stellen abgebaut wurden. Weitere Arbeitsplatzverluste sind abzusehen. Dieser Trend lässt sich erst ändern, wenn der Post-Mindestlohn aufgehoben wird. Das Berliner Verwaltungsgericht hat den Mindestlohn für rechtswidrig erklärt, weil er für die Konkurrenz existenzgefährdend ist. Das Urteil der nächsten Instanz steht noch aus.

Arbeitslosigkeit bedeutet nicht nur ein geringeres Einkommen, sondern auch den Ausschluss vom sozialen Leben. Deshalb müssen andere Anreize gesetzt werden, damit Geringqualifizierte wieder eine Beschäftigung aufnehmen können. Im Übrigen, was nützt den Menschen mehr brutto, wenn netto nicht mehr übrig bleibt? Wesentlich sinnvoller wäre es, Steuern und Abgaben zu senken. Wer mehr Beschäftigung will, muss die Binnennachfrage ankurbeln.

Die FDP setzt sich seit Jahren für den Bürokratieabbau ein. Das können Sie im Internet nachlesen unter www.wirmachenseinfacher.de. Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gehört nicht dazu. Wir halten an der Tarifautonomie fest. Lohnverhandlungen sind Sache der Tarifparteien, und ein Wettbewerb auch unter den Gewerkschaften macht die Verhandlungen interessanter, wie man bei Zeitarbeitsunternehmen sehen kann. Die Pläne von Arbeitsminister Olaf Scholz, einer staatlichen Lohnfestsetzung Vorrang vor Tarifverträgen einzuräumen und damit ganze Tarifstrukturen zu bestimmen, lehnen wir ab.

Für den Arbeitsmarkt wird die schwarz-rote Koalition nichts mehr zustande bringen. Deutschland braucht den Politikwechsel und zwar möglichst schnell.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Niebel